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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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leise.
    »Wir müssen solange wie möglich suchen, dann können wir uns neu entscheiden.«
    Damit gingen sie zu lautloser Kommunikation über, und das nicht nur aus Taucher-Routine.
    Das Schlauchboot ließ sich diesmal schnell und leicht an Bord ziehen, und sobald Carl Kopfhörer und Kehlkopfmikrofon bekommen hatte, erkannte er, daß er auf dem einen Ohr völlig taub war. Ihm war kaum bewußt, was er zu dem Hubschrauberpiloten sagte, wurde aber plötzlich hellwach, als er die Antwort hörte.
    »Und der Kollege da unten im Wasser, sollen wir den auch raufholen?«
    »Antwort ja!« schrie Carl. Er riß sich Kopfhörer und Kehlkopfmikrofon ab, als der Hubschrauber sich in die Kurve legte.
    »Stålhandske schwimmt an der Oberfläche. Er hat die Zapfen rausgezogen. Mach dich bereit, runterzugehen und ihm das Rettungsgeschirr anzulegen!« schrie er Lundwall zu. Dieser brauchte nur zu nicken.
    Sie schwiegen unendliche Sekunden lang, während der Hubschrauber in zehn Meter Höhe auf den Taucher zuhielt, der seine Schwimmweste aktiviert hatte und an die Oberfläche gestiegen war. Beide Männer dachten das gleiche: Wer bei Bewußtsein ist, wenn er die Notbremse zieht, sollte auch überleben können. Als der Hubschrauber direkt über Stålhandske hielt, sahen sie zu ihrer Erleichterung, daß er winkte.
    Das Rettungsgeschirr konnte er selbst, wenn auch mit einiger Mühe, um Tauchaggregate und Körper befestigen. Dann winkte er zum Zeichen, daß er fertig sei, wurde hochgezogen und in den Hubschrauber gehievt. Er war offenbar verletzt, doch sie sahen keine Löcher im Taucheranzug und kein Blut. Sie halfen ihm beim Ablegen des Geräts, öffneten den Reißverschluß auf dem Rücken und betasteten von je einer Seite systematisch Arme und Beine Stålhandskes, während dieser selbst vornübergebeugt und stumm dasaß, anscheinend kurz davor, das Bewußtsein zu verlieren.
    Doch plötzlich blickte er mit einem herzlichen und sehr breitem weißen Lächeln hoch.
    »Diesem Satan von Mini-U-Boot hab ich’s aber gegeben. Ich war so nah dran, daß ich den Knall spürte!« rief er lachend.
    »Was ist passiert? Erzähl!« rief Carl zurück.
    Stålhandske lachte und wischte sich Rotz vom Mund, bevor er seinen etwas unkonventionellen Bericht erstattete.
    »Wißt ihr was«, begann er in seinem singenden Finnland-Schwedisch, »ich bin direkt auf diese Scheißkerle runtergegangen und bekam irgendein Geländer zu fassen, als das Ding gerade startete. Das Gerät ging gerade vom Kabelzum Propellerbetrieb über. Und da hing ich dann plötzlich wie irgend so ein dämlicher Wimpel direkt in der Strömung. Ich glaube, die liefen volle Pulle voraus. Es war ziemlich teuflisch, sich mit dem einen Arm festzuhalten und diese Scheißbombe mit der anderen Hand anzubringen. Aber damit waren die Probleme noch lange nicht zu Ende. Ich stellte den Timer auf dreißig Sekunden, wagte aber ums Verrecken nicht loszulassen, denn sie hatten ja den Propeller da hinten dran, und ich hatte keine Lust, als Filet Stroganoff an die Oberfläche zu kommen. Und dann schaltete ich den Timer ein und zog an der Schwimmweste, nein, erst befreite ich mich von dem Bleigürtel, und es schepperte ganz schön, als das Ding vom Propeller erfaßt wurde. In dem Moment war ich ein fast aufrechtstehender Wimpel. Dann zog ich an dem Auslöser der Schwimmweste, hielt fest, so gut es ging, und dann sauste ich wie so ein blöder Korken nach oben, was vielleicht nicht so gut ist, aber ich habe es getan. Auf dem Weg nach oben hab ich den Knall ganz deutlich gehört. Ja. Dann schaltete ich noch den Notsender ein, und hier bin ich.«
    »Wäre das U-Boot aufgestiegen? Was glaubst du?« schrie Carl.
    »Die wollten bestimmt aufsteigen. In vernünftiger Tiefe können diese armen Teufel natürlich besser navigieren. Für diese Hilfe muß ich mich bedanken, sonst wäre es mir bei dem Aufstiegstempo wohl nicht so gut ergangen.«
    Stålhandske zeigte keine sichtbaren Symptome, sondern nur einige begreifliche Anzeichen der Erschöpfung. Der eine Arm mußte überdies erhebliche Prellungen abbekommen haben. Sie hatten aber schon festgestellt, daß nichts gebrochen war.
    Plötzlich bemerkten sie, daß der Hubschrauber fast stillstand. Und als sie eine der dicht schließenden Gardinen an den Fenstern zu Seite schoben, sahen sie, daß sie im Landeanflug waren und direkt unter ihnen ein primitives Signal leuchtete.
    Einige Sekunden später setzte der Hubschrauber auf. Sie schleppten ihre Ausrüstung schnell ins Freie.

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