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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Taucher.«
    »Können Sie sich irgendwie ausweisen, Sir?«
    Carl seufzte und wühlte in der Brieftasche, bis er eine kleine weiße Plastikkarte mit einem seltsam nichtssagenden Text fand. Sie war von der US Navy ausgestellt, und der Text erklärte kurz, offizielle Anfragen wegen Mr. Hamilton seien an das US Naval Weapon Center zu richten, Ridgecrest, California, unter der angegebenen Telefonnummer.
    »US Naval Weapon Center… nie davon gehört. Was ist das?« wollte der verwirrte Vermieter wissen.
    »Ein geheimes Testgebiet in der Mojave-Wüste, und es ist wohl nicht beabsichtigt, daß jeder davon weiß. Es gehört aber zur US Navy.«
    »Die US Navy in der Wüste?«
    »Hm.«
    »Na gut, Sir, ich nehme an, daß ich dann wohl keine weiteren Fragen stellen darf?«
    »Stimmt, das dürfen Sie nicht. Aber wie steht’s: Haben wir jetzt einen Deal?«
    »Yepp. Abgemacht.«
    Carl warf die Ausrüstung in den Kofferraum und fuhr zum Carmel Beach hinunter, der wie erwartet völlig verlassen dalag. Er blieb eine Weile auf dem Fahrersitz und studierte die Taucherkarte, die er von dem Vermieter erhalten hatte, und memorierte schnell und systematisch, was er sah. Dann legte er die Karte auf den Beifahrersitz, stieg aus und zog sich den Taucheranzug aus Gummi an.
    Er schleppte die beiden Preßluftflaschen zum Wasser hinunter, nahm die eine in die Hand und zwang sich, möglichst schnell das erste Unbehagen bei der Berührung des winterlich kalten Wassers zu überwinden. Dann streifte er sich mit gewohnt schnellen Griffen die Ausrüstung über.
    Als er das Tauchermesser an der Wade befestigen wollte, durchfuhr ein Unbehagen seinen Körper. Er zog die Klinge heraus und starrte auf das blanke weiße Metall. Es war ein gewöhnliches Tauchermesser mit einem dicken schwarzen Kunststoffgriff und stumpfer Klinge, eher ein Gartenwerkzeug als eine Waffe. Er sah sein verzerrtes Gesicht mit der in die Stirn geschobenen Taucherbrille. In seinem Unterbewußtsein regte sich etwas Fremdes, und er bemerkte plötzlich, daß er das unförmige Messer so fest in der Hand hielt, daß er fast einen Krampf bekam. Die blanke Messerklinge übte einen seltsamen Sog aus, der ihn festhielt, so daß er sich mit einer Art innerer Gewalt losreißen mußte.
    Lächerlich. Ein normales Tauchermesser, etwa wie ein Schraubenzieher, was ist eigentlich mit dir los? dachte er.
    Dann schob er das Messer entschlossen in die Scheide an der Wade und tauchte.
    Die Sicht war gut, nicht so wie damals im Roten Meer, als… Er verscheuchte die Erinnerung.
    Das Wasser war klar und durchsichtig, nicht wie damals im Roten Meer, aber doch besser, als er es aus den Küstengewässern San Diegos in Erinnerung hatte.
    Der Karte zufolge würde es fast dreißig Meter weit uninteressanten Sandboden geben, bevor er die Seegras und Tangregion erreichte. Es stimmte. Er näherte sich einem Wald aus wogendem Birntang, einer dunkelgrünen Pflanze, die sich in fast dreißig Meter langen Lianen zur Oberfläche emporschlängeln kann. Er warf einen Blick auf den Tiefenmesser am Handgelenk. Zwanzig Fuß. Hier wollte er sich nach einer charakteristischen Formation aus Steinblöcken umsehen, um einen Anhaltspunkt zu haben und nicht die Orientierung zu verlieren.
    Er schwamm fast direkt auf die Steinblöcke zu, und jetzt endlich wurde die Unterwasserwelt allmählich lebendig. Das erste, was er sah, waren einige Kelp Greenlings, dann begegnete er einem ganzen Schwarm von Hechtdorschen, einem Verwandten des atlantischen Dorschs im Stillen Ozean.
    Carl tauchte tiefer in die Dämmerung. Dann fielen ihm ein paar kalifornische Froschfische auf und ein ein Meter langer kalifornischer Heilbutt. Er ertappte sich dabei, daß er auf englisch zu denken begann und für das, was er sah, keine schwedischen Wörter mehr besaß, zumindest kannte er sie nicht. Ein Starfish war auf jeden Fall ein Seestern, und Brittle Star bedeutete vermutlich Schlangenstern. Und Barnacles waren Rankenfußkrebse. Alles andere jedoch war ihm in seiner eigenen Sprache so fremd, als befände er sich auf einem anderen Planeten.
    Dennoch war er zu Hause. Alles war ihm bekannt. Er sah auf die Uhr und den Luftmesser und machte eine schnelle Berechnung. Sein Luftverbrauch war normal, folglich war er ruhig und gefaßt und in ausgezeichneter Form. Alles unter Kontrolle.
    Sechzig Fuß Tiefe. Der Meeresgrund fiel steil ab, und es wurde dunkel. Als sightseeing wäre es sinnlos, noch tiefer zu tauchen, aber Carl begab sich trotzdem in die Tiefe, um sich

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