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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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eine Rolle spielten. Er hielt das Lenkrad fest umklammert. Von Zeit zu Zeit blinkte am Armaturenbrett ein Warnsignal auf, vermutlich meist in moralisierender Absicht, und besonders auf den Geraden, auf denen er den Wagen zur Höchstleistung trieb. Die nicht sehr eindrucksvoll war. Sein alter kalifornischer Wagen, der Pontiac, hatte erheblich mehr geleistet.
    Bei Santa Maria fuhr er auf den Highway, wo er sich bald wieder dem normalen amerikanischen Verkehrsrhythmus anpassen mußte. Ohnedies hatte er nur noch einige Meilen bis Santa Barbara.
    Kurze Zeit später glitt der Wagen auf der langen Uferstraße von Santa Barbara dahin, an der die hohen, schmalen Palmen, deren Namen Carl vergessen hatte, sich sacht im Wind wiegten. In der Mitte des verlassenen Uferstreifens ragte eine lange Pier ins Meer, an der in großen Abständen Sportboote vertäut lagen, und die Badestrände waren leer. Carl fuhr fast bis an den Stadtrand, zu dem niedrigen Sheraton-Hotel in mexikanischem Stil. Dort parkte er, betrat den Souvenirladen und kaufte einen Stadtplan von Santa Barbara, den er ins Straßencafé auf der anderen Seite mitnahm.
    Er fand schnell ihre Adresse, und während er Rühreier mit Schinken und in Sirup gebratene Toastscheiben aß und eine Diät-Cola trank, prägte er sich den Plan ein.
    Dann faltete er ihn zusammen, steckte ihn in die Innentasche der Wildlederjacke, zahlte und ging zum Wagen zurück. Zur Probe fuhr er eine kurze Strecke aus der Stadt in Richtung Los Angeles. Mit dem Wagen würde er schnell außer Sichtweite geraten und in einer langen Allee mit geneigten Palmen verschwinden, die unmittelbar vor den Auffahrten zum Highway-System vor einem kurzen Tunnel zu Ende war. Carl wendete und fuhr direkt zu ihrem Haus, ohne die Karte auseinanderfalten zu müssen.
    Es war ein großes Haus aus Kalkstein und weißem Klinker. Die Dachziegel waren hellrot, und auf der Krone der weißen Mauer, die das Grundstück umgab, entdeckte Carl ein dünnes, fast unsichtbares Alarmkabel. Das Haus sah nach mehr Geld aus, als er erwartet hatte. Das ummauerte Grundstück war das größte des Viertels, das im übrigen nur aus den Villen wohlhabender Familien bestand.
    Sie hatte also reich geheiratet.
    Über dem Einfahrtstor war eine Fernsehkamera angebracht, aber das Tor war geöffnet, und Carl entdeckte einen weitläufigen, leeren Rasen, einen Swimmingpool und einen Parkplatz, auf dem ein einziger Wagen stand, ein rotes Mercedes-Cabriolet mit hochgeklapptem Verdeck. Carl wertete das als wichtigen Hinweis und parkte den Wagen einen Straßenblock weiter vor einer geschlossenen Eisdiele und ging zu Fuß zum Eingang zurück.
    Als er ruhig, scheinbar ruhig, zum Haus hinaufschlenderte, sah er keinerlei Lebenszeichen. Als er den Klingelknopf drückte, merkte er, daß er feuchte Hände hatte. Er fuhr heftig zusammen, als die unerwartet laute Big-Ben-Glocke im Haus widerhallte.
    Er wartete eine Weile, ohne im Haus einen Laut zu hören, und drückte dann erneut auf den Knopf. Unmittelbar darauf hörte er schnelle Schritte auf Steinfliesen. Jemand rief: »Ich mache auf.«
    Es war ihre Stimme.
    Einen Augenblick später öffnete sie die Tür.
    Verblüfft, beinahe erschrocken, starrten sie sich an. Sie sah aus, als wäre sie unschlüssig, wie sie reagieren sollte. Doch dann entschied sie sich für ein großes amerikanisches Lächeln.
    »Du lieber Himmel! Carl! Was machst du hier?«
    Er versuchte einen Schritt vorzugehen, um sie zu umarmen, doch als sie zurückwich, hielt er in der Bewegung inne.
    »Bin zufällig vorbeigekommen«, log er mit flackerndem Blick.
    »Great! Bist du wieder da? Ich meine auf Dauer oder nur vorübergehend?«
    »Nur vorübergehend.«
    »Was hast du denn da mit der Wange gemacht?«
    »Von einem Gewehrkolben eingeschlagen.«
    »Ach, du blöder Kerl. Derselbe alte Carl, der sich nie an die Wahrheit halten kann.«
    Ihr Lächeln erstarrte, da sie plötzlich etwas gesagt hatte, was beide an einer empfindlichen Stelle traf.
    »Doch, es stimmt. Es war ein Gewehrkolben in Syrien. Darf ich reinkommen, oder… Ich steh ja nicht hier, um dir einen Staubsauger aufzuschwatzen.«
    »Das ist eine Replik von Bogart. So was liegt dir nicht, Carl.«
    »Wieso Bogart?«
    »Ja, in ›Dschungel der Großstadt‹. Als seine Frau zögerte, ob sie ihn reinlassen soll…«
    Sie sahen sich einen sehr langen Moment an.
    »Komm rein«, sagte sie schließlich. »Möchtest du einen Drink, bevor du weiterfährst? Das gleiche wie immer, nehme ich an?«
    Er

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