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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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darauf hinwies, daß es in diesem Fall keinen Ermittlungszirkus geben sollte wie im Mordfall Palme. Können Sie sich erinnern, Herr Kriminalinspektor?«
    »Ja, das kann der Kriminalinspektor sehr wohl, aber was sollen wir denn gegen die Presse unternehmen, Herr Oberstaatsanwalt?«
    Rune Jansson hatte sich im Bett aufgerichtet und fühlte sich plötzlich hellwach. Bevor der Staatsanwalt weiterbrüllen konnte, schaffte Jansson es noch, wenigstens einen Vorschlag zu äußern:
    »Ich schlage folgendes vor: Wir schnappen uns noch einmal diesen Fuchs zum Verhör, und zwar sofort, bevor das Ganze bei Konferenzen zerredet wird.«
    »Fuchs, welchen Fuchs?«
    »Nun, diesen jungen Polizeibeamten, der bei Tore Hammars Alibi die wichtigste Rolle spielt.«
    »Aber was heißt denn Fuchs, frage ich?«
    »Fuchs ganz einfach. Es heißt so. Wir nennen junge Polizisten Füchse. Wie dem auch sei… Wir nehmen ihn uns in einer halben Stunde vor, dann sehen wir uns oben im vierten Stock, und wenn wir Glück haben, haben wir diesen Mist vom Hals, bevor allzu viele die Zeitung gelesen haben. Das wäre jedenfalls mein Vorschlag…«
    Am anderen Ende blieb es eine Weile still.
    »Guter Vorschlag. Ich veranlasse alles Nötige, da ich einen kleinen Vorsprung habe, wie es scheint, dann sehen wir uns später da oben. Hej.«
    Der Oberstaatsanwalt warf den Hörer auf die Gabel. Zweiundzwanzig Minuten später eilte Rune Jansson durch die Türen des Polizeihauses, ließ Fahrstuhl Fahrstuhl sein und lief die Treppen zum vierten Stock hinauf, wo er sich zu spät an seine unausgeheilte Wadenmuskelzerrung erinnerte. Er humpelte keuchend ins Vernehmungszimmer.
    Die anderen saßen schon da. Ein verkaterter Stockholmer Kollege, ein Mann aus dem eigenen Vernehmungsteam und der Oberstaatsanwalt. Den Fuchs hatte man vor zehn Minuten geholt, und inzwischen mußte ihm der Ernst der Stunde aufgegangen sein. Es kommt nicht alle Tage vor, daß Polizeibeamte von Kollegen geweckt werden, die mit der Faust gegen die Tür schlagen und sagen, mitkommen, woher sollen wir denn wissen, was los ist, wir tun nur unseren Job, verdammt noch mal.
    Man war sich schnell einig geworden, daß der Stockholmer Kollege mit der Vernehmung beginnen würde, während sich die anderen nach und nach einschalten sollten, falls es nötig wurde.
    Wie sich zeigte, würde es nicht nötig sein.
    Der Fuchs hieß mit Vornamen Tony, hatte kurzgeschorenes Haar und trug eine Fliegerbrille. Er sah ängstlich aus, was man unter den gegebenen Umständen verstehen konnte. Rune Jansson und der Oberstaatsanwalt standen, die beiden anderen saßen. Tonbandgerät und Mikrofone waren aufnahmebereit.
    Der Stockholmer Kollege nuschelte verschlafen, möglicherweise nur gespielt verschlafen, die Formalitäten herunter, Name, Anlaß des Verhörs, bevor er eine Pause machte und sich eine Zigarette anzündete. Er sah seinen sehr jungen Kollegen eine Weile an, bevor er zu fragen begann.
    »Ich vermute, daß dir klar ist, worum es geht«, begann er.
    »Um die Wahrheit zu sagen, nein.«
    »Du hast angegeben, du selbst seist mit Polizeiassistent Tore Hammar in diesem Aufreißerschuppen gewesen… mal sehen, wie heißt er noch…«
    »Café de la Paix.«
    »Genau. Daß ihr euch beide am Donnerstagabend von dreiundzwanzig Uhr an im Café de la Paix befunden hättet, etwa bis das Lokal geschlossen wurde. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Es stimmt also?«
    »Ja.«
    »Und da bist du absolut sicher?«
    »Ja.«
    »Darf ich fragen… ist es nicht schon früher vorgekommen, daß du Tore Hammar gedeckt hast?«
    »Ich verstehe die Frage nicht.«
    »Dummes Gewäsch. Hast du nicht bei mindestens zwei Gelegenheiten bezeugt, daß zu deiner Verblüffung und der der Kollegen manche Verdächtige es geschafft haben, sich in den Händen von Herrn Hammar selbst zu mißhandeln?«
    »Daran erinnere ich mich nicht, aber es ist möglich. Aber diese blöden Anzeigen gibt’s doch dauernd. Dauernd muß man sich mit so was beschäftigen…«
    Der junge Mann war sichtlich nervös. Doch das konnte viele Gründe haben und ließ keine bestimmten Schlußfolgerungen zu. Rune Jansson war der Meinung, es würde ein langes und sinnloses Verhör werden. In Wahrheit dauerte es nur noch weniger als zwei Minuten.
    Der Stockholmer beugte sich mit einer demonstrativ langsamen Bewegung vor und stellte das Tonbandgerät ab. Dann nahm er einen tiefen Zug aus seiner Zigarette und drückte sie aus, bevor er zum entscheidenden Schlag ausholte.
    »So, mein junger Kollege, jetzt

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