Im Interesse der Nation
gesäumt. Hervorragend, um so mehr Sicherheit und um so schwieriger, ein Attentat zu planen. Der Flughafen hingegen hatte auf Carl einen überfüllten und unübersichtlichen Eindruck gemacht. Das war gut und schlecht zugleich. Es erschwerte Attentate mit Feuerwaffen, erleichterte jedoch bestimmte andere Methoden. Jeder konnte im Gedränge, gleichsam aus Versehen, mit einem anderen Menschen zusammenstoßen und dabei beispielsweise eine Giftampulle leeren, wie es bei dem berühmten Regenschirm-Mord des GRU in London geschehen war; das war inzwischen ein Standardfall in der Fachliteratur, und der Mord war tatsächlich sehr geschickt ausgeführt worden.
Wie die Botschaft aussah, wußte Carl schon. Sie schloß jeden Angriff von der Frontseite her aus. Dafür war die Rückseite des Hauses um so verwundbarer.
Carl bezahlte den Taxifahrer und läutete. Ein Ägypter erschien und nahm ihm das Gepäck ab. Er ging hinein, ohne daß die ägyptischen Sicherheitswachen in ihrem Schilderhäuschen an der Straßenecke eine Miene verzogen. Carl hielt es für mehr als zweifelhaft, ob der ägyptische Sicherheitsdienst irgendwelchen Schutz bot.
Eine grauhaarige, aber noch junge Sekretärin führte Carl in das helle Amtszimmer des Botschafters im Obergeschoß.
Botschafter Erland Rickfors war nicht allein, und Carl erkannte den zweiten Mann nur zu gut wieder. Er beschloß sofort, ihn als erhebliches Sicherheitsrisiko einzustufen.
Der Botschafter konnte sein Erstaunen nicht verhehlen, als er Carl die Hand gab. Sein Handschlag war schlaff und schwammig.
»Aha, willkommen, Herr Hamilton… Darf ich bekannt machen: Dies ist mein zweiter Mann Göran Larsson.«
»Danke, wir kennen uns schon«, erwiderte Carl, als er und Göran Larsson sich feindselig begrüßten.
Das darf doch nicht wahr sein, dachte Carl. Der Idiot aus Beirut, der mir in Damaskus beinahe alles vermasselt hätte, und jetzt sitzt er hier.
»Ja, es ist richtig, Hamilton hat sich schon früher zu einigen absonderlichen Expeditionen im Nahen Osten aufgehalten«, sagte Göran Larsson und verzog abschätzig den Mund.
Die drei Männer setzten sich. Ein verlegenes Schweigen senkte sich über den Raum. Es war Sache des Botschafters, sich als erster zu äußern.
»Jaha…«, begann er. »Wir befinden uns ja in einer vertrackten Situation. Doch zunächst…«
»Verzeihung, daß ich Sie unterbreche«, sagte Carl, »aber Sie haben doch sicher einen abhörsicheren Raum in diesem Haus?«
»Na ja, so was haben sie in Moskau und an manchen anderen Orten, aber hier in Kairo ist der Bedarf nicht sehr groß«, erklärte der Botschafter zögernd.
»Ich kann es nicht verantworten, in diesem Raum etwas Wichtiges zu besprechen«, erklärte Carl scharf.
Der Botschafter hob die Augenbrauen und zeigte einen vollkommen echten und höchst greifbaren Ausdruck des Erstaunens.
»Es dürfte wohl Sache des Missionschefs sein, die Formen des Umgangs mit einem Korvettenkapitän zu bestimmen«, sagte Göran Larsson feindselig.
»Nein«, entgegnete Carl. »Sie kennen meinen Auftrag, und Sie müssen wissen, daß ich außergewöhnliche Befugnisse habe. Ich bin für die praktische Durchführung dieser Operation verantwortlich und nicht Sie.«
»Operation?« fragte der Botschafter verwundert.
»Ja, beim Militär drückt man sich so aus«, höhnte Göran Larsson.
»Hören Sie, so können wir nicht weitermachen«, sagte Carl. »Eines gedenke ich in diesem Raum jedoch nicht zu erzählen, nämlich wann und wie der Transport stattfinden wird. Lassen Sie uns über einiges andere sprechen, wir müssen ja davon ausgehen, daß der Feind die Lage kennt.«
»Welcher Feind?« fragte Göran Larsson ironisch. »Soviel ich weiß, haben wir keine Feinde.«
Carl biß kurz die Zähne zusammen, bevor er antworten konnte.
»Doch«, sagte er bemüht langsam. »Rein faktisch verhält es sich so, daß unter diesen Umständen die Russen unsere Feinde sind. Unser Gast hat nämlich einen solchen Rang, daß sie ihn keinesfalls lebendig in Schweden oder sonstwo ankommen lassen werden. Die Sache ist von solcher Bedeutung, daß für die Russen keine Diplomatie der Welt schwerer wiegen kann. Sie haben den Ernst der Lage offensichtlich nicht verstanden. Es ist so: Unser Gast riskiert, getötet zu werden, und wir übrigens auch. Vielleicht bringt Sie das dazu, ein wenig mehr Engagement zu zeigen.«
»Doch nicht hier in der Botschaft?« fragte der Botschafter und zog wieder die Augenbrauen hoch.
»Wahrscheinlich nicht. Doch
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