Im Interesse der Nation
sich jetzt in den Händen der CIA. Gennadij Alexandrowitsch selbst habe sich von einem Flottengeschwader in Alexandria abgesetzt und aus bisher unbekannten Gründen in der schwedischen Botschaft in Kairo Zuflucht gesucht. Die schwedische Regierung habe ihm politisches Asyl gewährt und bereite gegenwärtig wohl seinen Transport nach Schweden vor.
Es sei von außerordentlicher Bedeutung, das Todesurteil zu vollstrekken, bevor Gennadij Alexandrowitsch Schweden oder die USA erreiche.
Die GRU-Stationen im Nahen Osten hätten besondere Direktiven erhalten.
Das Achte Direktorat des GRU - zuständig für Länder außerhalb der NATO - habe mitgeteilt, daß man in Kairo mit ägyptischen Kontaktleuten über eine lokale Lösung des Problems verhandelt habe, doch stelle die ägyptische Seite ultimative Forderungen, die mit Rücksicht auf laufende diplomatische Initiativen - eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der Sowjetunion und Ägypten - nach Möglichkeit respektiert werden sollten.
Die Ägypter hätten verlangt, daß keinerlei Aktion gegen Gennadij Alexandrowitsch stattfinden dürfe, solange er sich in der schwedischen Botschaft in Kairo befinde, da Ägypten für die Sicherheit der Botschaft garantiere. Andererseits hätten sich die Ägypter insofern als entgegenkommend erwiesen, als sie die Schweden dazu gebracht hätten, Gennadij Alexandrowitsch bei der geplanten Reise nach Schweden keinen umfassenden Schutz zu gewähren. Die Ägypter hätten verlangt, nur ein einziger Schwede dürfe den Verräter beim Transport als Schutzwache begleiten, und die Schweden seien zum allgemeinen Erstaunen darauf eingegangen. Den Namen des fraglichen Begleiters kenne man inzwischen: Carl Gostaf Gamilton. Die Zentrale verlange Angaben über Gamilton, den man früher als schwedischen Reserveoffizier geführt habe.
Dann folgten einige praktische Anweisungen, die in erster Linie die Station in Kairo und in gewissem Umfang auch die in Damaskus betrafen. Auf deren Schultern ruhte jetzt die unmittelbare operative Verantwortung.
Von der Stockholmer Station des GRU wurden in aller Eile zwei Dinge verlangt: Erstens sämtliche zugänglichen Angaben über besagten Gamilton, zweitens Planungsvorschläge für den Fall, daß es Gennadij Alexandrowitsch gelang, nach Schweden zu kommen. Die Angelegenheit, so wurde betont, habe höchste Priorität. Alle anderen Aktivitäten, die einer Lösung des Problems im Weg stehen könnten, müßten sofort abgebrochen werden. Die Zentrale erwarte umgehend Antwort.
Jurij Tschiwartschew ertappte sich dabei, daß ihm der Schweiß auf der Stirn ausbrach. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was für Widrigkeiten seinem Land blühten, wenn ein so hochgestellter Kollege innerhalb der Organisation zur CIA überlief.
Er klappte langsam den Aktenordner zu. Im Gedächtnis hatte er schon nach Carl Gustaf Gilbert Hamilton gekramt, und überdies hatte er in seinem Panzerschrank eine Akte, die diesen Mann betraf. Tschiwartschew erhob sich schwerfällig, ging zu seinem Panzerschrank hinüber und fummelte eine Weile an der Kombination herum, bis er endlich das Schloß aufbekam. Er ließ die Tür des Panzerschranks offenstehen, während er wieder an seinen Schreibtisch ging und sich hinsetzte, um zu lesen. Auf dem Umschlag der Mappe stand »Hauptmann Carl Gustaf Gilbert Hamilton alias Coq Rouge«. Jemand, vielleicht Tschiwartschew selbst, hatte das Wort »Hauptmann« mit Bleistift durchgestrichen und es durch die russische Entsprechung des Worts »Korvettenkapitän« ersetzt.
Oberst Tschiwartschew las mit zunehmender Melancholie. Irgendwie hatte ihm dieser junge Mann gefallen, den er noch nie gesehen oder getroffen hatte. Er war ein richtiger Mann, in diesem Punkt gab es keinerlei Zweifel. Er hatte vor ein paar Jahren eigenhändig vier israelische agents provocateurs erledigt. Und er hatte offenbar gemeinsam mit den Westdeutschen die Operation durchgeführt, die als eine Art Endlösung der Terroristenfrage galt, dreizehn Tote in Hamburg mit Hilfe des jungen Hamilton, dazu zwei Tote in Syrien, die Hamilton vermutlich selbst erledigt hatte. Ein talentierter Junge, sehr gute Einsätze, angenehm, solange er gegen gemeinsame Feinde operierte, doch schade, daß wir jetzt auf verschiedenen Seiten landen müssen, dachte Oberst Tschiwartschew.
Er konnte die Schweden allerdings verstehen. Wenn es ihnen nur möglich war, einen einzigen Begleiter zu schicken, war es ihnen nicht zu verdenken, daß sie ihren besten Mann schickten, selbst
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