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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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lassen Sie uns zur Sache kommen. Er braucht einen schwedischen Paß. Ich habe ihn bei mir. Sie haben aber berichtet, er brauche ein ägyptisches Visum, stimmt das?«
    »Ja«, erwiderte der Botschafter. »Mein Kontaktmann hat ausdrücklich verlangt, daß wir ihm den Paß für die Erteilung des Visums übergeben, sonst würde der Russe die Maschine nicht besteigen können oder so. Ich nehme an, daß sie das auch so ermöglichen könnten, aber sie stellen einfach diese Forderung.«
    »Und darauf haben Sie sich eingelassen?«
    »Ja.«
    »Okay, dann müssen wir uns damit beeilen. Und ein regulärer Linienflug ist auch Bedingung?«
    »Ja.«
    »Haben die Ägypter etwas über Reiseroute, Fluggesellschaft oder Zeitpunkt gesagt?«
    »Nein.«
    »Gut. Darüber müssen wir noch ausführlicher sprechen. Vorläufig wünsche ich dann nur folgendes: Ich möchte unseren Gast unter vier Augen sprechen. Anschließend bekommen Sie ein Bild von ihm, also ein Paßfoto, dann besorgen Sie das Visum. Das wäre vorläufig alles.«
    »Nun ja«, sagte der Botschafter betreten, »es ist vielleicht nicht Ihre Sache zu beurteilen, was vorläufig alles sei, junger Mann. Ich muß gestehen, daß mich Ihre Dreistigkeit ein wenig erstaunt. Als Missionschef habe ich…«
    »Als Missionschef haben Sie sich erstens blamiert. Zweitens, Herr Botschafter, gehöre ich keiner diplomatischen Mission an, sondern handle direkt auf Befehl des Oberbefehlshabers, also der Regierung.«
    »Schon möglich, aber hier in der Botschaft…«
    »Hier in der Botschaft sind Sie nicht imstande, diese Angelegenheit zu regeln. Sie müssen ganz einfach meinen Instruktionen folgen.«
    Der Botschafter machte ein Gesicht, als würde er gleich umfallen. Sein Stellvertreter Göran Larsson wußte offensichtlich nicht, wie er sich verhalten sollte; er hatte sehr eigentümliche und höchst schlechte Erfahrungen mit Carl gemacht.
    Während die beiden anderen Männer zögerten, hob Carl entschlossen seinen Koffer hoch und warf ihn auf den Konferenztisch. Er klappte ihn auf und kramte eine schußsichere Weste und ein Schulterholster hervor. Er zog sich die Jacke aus, nahm die Brille ab und schnürte sich vor den sprachlosen Landsleuten schnell und mit geübten Griffen das Schulterholster um. Dann öffnete er sein Handgepäck und zog seine Beretta sowie zwei Magazine hervor, die er mit einer gewissen Sorgfalt auswählte. Eins schob er in den Kolben der Pistole, die er anschließend ins Schulterholster schob, das zweite steckte er in die Brusttasche. Dann zog er sich die Jacke an und rückte die rauchfarbene Brille zurecht, bereute es aber gleich wieder und steckte sie in die Jackentasche.
    Die beiden anderen hatten ihn betrachtet, ohne etwas zu sagen und ohne sich zu rühren.
    »Wie ich schon andeutete«, sagte Carl, als er fertig war und sich die schußsichere Weste zusammengerollt unter den Arm gesteckt hatte, »gilt Ihre gewohnte Routine nicht mehr. Im Augenblick verläuft nichts nach Routine. Ich will unseren Gast also in etwa einer Stunde treffen, und anschließend würde ich Sie beide gern draußen im Garten sehen. Läßt sich das einrichten?«
    Der Botschafter streckte die Arme aus. Er mußte sich geschlagen geben. Als der Generalstab mitgeteilt hatte, man werde einen Militärattaché schicken, hatte er eine völlig andere Person mit einem vollkommen anderen Auftreten erwartet. Das hier war wahrlich kein richtiger Militärattaché, das war ein Monster, das Erland Rickfors in seinem friedfertigen Land nicht vermutet hatte.
    »Ja«, sagte er. »Natürlich. Göran, willst du unseren Gast begleiten? Ich meine, geh doch erst zum Vizeadmiral hinüber und melde ihm die Ankunft des Herrn Korvettenkapitäns. Dann kannst du Hamilton begleiten?«
    Göran Larsson schien an der Schwelle zu einer Befehlsverweigerung zu stehen.
    Zehn Minuten später stand Carl mit pochendem Herzen vor einer schwedischen Birkenholztür im zweiten Stock der Privatwohnung von Botschafter Rickfors, rund fünfundzwanzig Meter vom eigentlichen Botschaftsgebäude entfernt. Auf der anderen Seite der Tür befanden sich die Antworten auf alle Fragen, die für die schwedische Küstenverteidigung Bedeutung hatten. So nahe und doch so fern.
    Carl zog sich das Jackett zurecht, holte tief Luft und klopfte hörbar an die Tür. Er erhielt eine kräftige Antwort, betrat das Zimmer, schloß schnell die Tür hinter sich und nahm Haltung an, während er gleichzeitig so etwas wie ein Schwindelgefühl spürte.
    Vor ihm stand ein frisch

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