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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Röntgenschirm. Doch zwischen Plexiglas und Kameras war ein ansehnliches Arsenal todbringender Instrumente versteckt; so schwer war die Tasche noch nie beladen gewesen. Es gab viele hypothetische Situationen, auf die Carl sich vorbereiten mußte.
    Hätten die Flughafenkontrolleure Geigerzähler gehabt, um die Radioaktivität zu messen, hätte diese Tasche die Nadel kräftig ausschlagen lassen. Sie enthielt nämlich ein kleines Plastikgestell mit sechs Urankerngeschossen. Die Urankerne machten sie im Verhältnis zu ihrer Größe extrem schwer. Der Urankern war von einem Kupfermantel umschlossen, der wiederum mit Teflon überzogen war. Die besonders starke Pulverladung der Patronen konnte ein solches Geschoß nicht nur durch alle bekannten schußsicheren Westen der Welt treiben, sondern auch mühelos fünf Zentimeter starkes Panzerblech durchschlagen lassen, was Carl bei einem Probeschießen im Wehrbeschaffungsamt selbst erlebt hatte. Nicht einmal die Panzer der schwedischen Armee waren mit so dickem Stahlblech ausgerüstet.
    Doch Carl hatte sich auch mit dem anderen Extrem ausgestattet: Neun-Millimeter-Munition mit einer platten und weichen Bleispitze, die von einer besonders schwachen Pulverladung getrieben wurde. Dies für den Fall, daß er gezwungen sein würde, in einem Flugzeug zu schießen. Die Hohlspitzgeschosse mit normaler Pulverladung, die er ebenfalls erhalten hatte, waren für menschliche Ziele unter normalen Bedingungen gedacht. Die Urankerngeschosse waren für den Revolver vorgesehen - eine Pistole verträgt eine so starke Pulverladung nicht - und die übrige Munition für die Pistole.
    Hinzu kamen ein paar Messer für verschiedene Zwecke, einige Instrumente, die wie Taschenrechner aussahen, mit Hilfe eines bestimmten Zahlencodes jedoch zu Handgranaten wurden, sowie einige Plastikampullen mit Chemikalien. Vermutlich hatte sich noch kein Flugzeugentführer je mit einem auch nur annähernd großen Arsenal in eine Maschine begeben.
    Das schwedische Außenministerium hatte dem Generalstab in dieser Hinsicht klare Anweisungen gegeben. Der Reisende dürfe keinerlei Waffen bei sich haben. Die Anweisungen hatten Carl nie erreicht; er hatte nur eine verbindliche Instruktion erhalten: mit allen zu Gebote stehenden Mitteln den sowjetischen Vizeadmiral nach Schweden zu bringen. Doch seine Vorgesetzten hatten die Ansichten der Politiker über Carls Ausrüstung mit einer Handbewegung abgetan. Dafür war er allein verantwortlich. Er war ja der einzige des gesamten Unternehmens, dem keine deniability zugestanden wurde.
    Was Carl jedoch ausgezeichnet ins Konzept paßte. Er war vollkommen davon überzeugt, daß seine Mission erfolgreich sein würde. Zumindest war er sicher, daß es niemandem gelingen würde, ihn zu stoppen.
    Im Grunde gab es in der bevorstehenden Operation nur ein wirklich kritisches Moment, nämlich den Transport von der Botschaft zum Kairoer Flughafen. Carl ging davon aus, daß die Russen zu diesem Zeitpunkt wußten, wo sich ihr Überläufer aufhielt. Folglich ging es hauptsächlich um zwei Probleme. Erstens: die Möglichkeit, daß die Russen während des Transports zum Flughafen zuschlugen. Zweitens: die Möglichkeit, den Vizeadmiral auf dem Flughafen zu erschießen oder zu vergiften. Doch Carl glaubte für alle denkbaren Eventualitäten gerüstet zu sein.
    Zum erstenmal seit sehr langer Zeit fühlte er sich harmonisch und ausgeglichen, ja sogar glücklich. Er war unterwegs zu dem Punkt, auf den seine gesamte Ausbildung und alle Umwege der letzten zehn Jahre seines Lebens zugesteuert hatten.
    Carl besaß nämlich eine recht genaue Vorstellung davon, welches Wissen der sowjetische Vizeadmiral mitbrachte. Samuel Ulfsson hatte Carl darüber zwei Stunden lang einen Vortrag gehalten und dabei angedeutet, daß die schwedische Regierung die Tragweite des geplanten Unternehmens vermutlich nicht erkenne. Die Minister schienen nicht zu begreifen, daß es sich um einen der größten Triumphe eines westlichen Nachrichtendienstes handelte, sie schienen zu glauben, es gehe fast um etwas wie eine triviale Militärangelegenheit, die höchstens einige unangenehme politische Komplikationen mit sich bringen könne, da Schweden für Koskow auf seinem Weg in die USA nur so etwas wie eine Zwischenstation sein solle.
    Während der Taxifahrt in die Kairoer Innenstadt summte Carl leise vor sich hin, während er die Sicherheitsvorkehrungen musterte. Die Straße zum Flughafen war von verschiedenen militärischen Einrichtungen

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