Im Interesse der Nation
Geschichte vom Parfümgeschäft, und wie er schon geahnt hatte, brachte er die beiden damit zum Lachen. Das sei ein berüchtigter Bauernfängertrick in Kairo, auf den zunächst jeder hereinfalle. Außerdem seien diese Gauner gute Beobachter und verstünden sich fabelhaft darauf, die Nationalität ihrer Opfer zu erraten.
Eva Ekström, die ein Morgenmuffel zu sein schien, erhielt den Auftrag, einen Schneider zu suchen, der die Änderungen an Göran Larssons Anzug im Lauf des Tages schaffen konnte. Göran Larsson übergab Carl eine Liste mit den Abflugzeiten verschiedener Fluggesellschaften. Ohne daß es Carl im mindesten erstaunte, kam von Larsson der Einwand, es sei unnötig, für »Nils Emil Svensson«, wie der Vizeadmiral heißen sollte, sowie Carl so viele Flugtickets zu kaufen, da sie ja nur zwei Tickets benutzen könnten.
Carl versuchte zu erklären, das nicht benutzte Tickets später eingelöst werden könnten, daß der Witz darin bestehe, den Gegner zu verwirren, falls er die Buchungen des Botschaftspersonals kontrolliere. Es sei doch wohl besser, ihn im Ungewissen zu lassen.
Die Büros der meisten Fluggesellschaften öffneten gegen 10 Uhr morgens. Carl fragte Göran Larsson, ob er irgendwann am Nachmittag mit den Tickets wieder da sein könne.
Der Botschaftssekretär maulte erneut. Bei den Fluggesellschaften könne es lästiges Schlangestehen geben, denn in Ägypten wisse man nie, wie lange etwas dauerte. Wäre es nicht besser, bis Montag zu warten?
Carl wühlte eine Weile mit der Schuhspitze im Rasen, bevor er antwortete. Göran Larsson war ein Mann, der den in ihn gesetzten Erwartungen vollauf gerecht wurde. Er hätte wohl auch die Landung der Alliierten in der Normandie verschoben, wenn die Arbeitszeitbestimmungen der schwedischen Gewerkschaften damals gültig gewesen wären.
»Ich möchte es wie folgt ausdrücken«, erklärte Carl so beherrscht und nichtaggressiv er vermochte. »Jede Stunde, die unser Gast noch in der Botschaft verbringt, steigert die Gefahr, daß das GRU seinen Aufenthaltsort erfährt. Wenn das GRU weiß, wo er sich aufhält, werden die Russen versuchen, ihn hier auf dem Botschaftsgelände zu töten, möglicherweise sogar mit zusätzlichen, aus russischer Sicht jedoch zu vernachlässigenden Verlusten auf schwedischer Seite. Oder aber sie gewinnen mehr Zeit, um ein Attentat vorzubereiten, wenn er die Botschaft verläßt. Es wäre also schon um deinetwillen gut, wenn du diese kleinen Einkäufe so schnell wie möglich erledigen würdest.«
Carl wandte sich ab und erwartete neue Einwände. Doch statt dessen griff der Botschafter ein.
»Wir verstehen vollkommen die Bedeutung eines schnellen Handelns, nicht wahr, Göran? Also - wann kann ich den Paß bekommen, um das Visum zu besorgen? Ich werde mich selbst darum kümmern, damit wir etwas Zeit gewinnen.«
»Sobald ich das Bild habe kopieren lassen, das besorge ich. Wo kann ich Fotohändler und Fotoateliers finden?«
»Unten in der Gegend von Midan Tahrir. Versuch es in den Straßen ringsum, da gibt es ziemlich viele solche Geschäfte, aber auch das Hilton hat einen Fotoladen. Es liegt übrigens auch ganz in der Nähe von Midan Tahrir. Vielleicht haben auch einige der Sheraton-Hotels hier auf Gezira solche Geschäfte.«
Es war Eva Ekström, die auf Carls Frage geantwortet hatte. Sie hatte eine steile Sorgenfalte auf der Stirn und sah aus, als hätte sie sich jetzt entschlossen, die Angelegenheit bedeutend ernster zu nehmen als ihre männlichen Vorgesetzten.
Carl ging auch auf, daß er wohl eher ein Fotoatelier brauchte, und zog einen Stadtplan von Kairo aus der Tasche. Eva Ekström beschrieb ihm den Weg.
»Also«, faßte er zusammen. »Wir drei machen uns sofort auf den Weg. Wenn ich wieder da bin, machen wir den Paß für unseren Nils Emil Svensson fertig, und dann kannst du, Rickfors, das Visum besorgen. Ist es möglich, französische Visa zu besorgen, obwohl heute Samstag ist?«
»Ist das wichtig?«
»Ja, natürlich. Geht es?«
»Vermutlich. Es dürfte unüblich sein, daß ein Botschafter wegen einer solchen Sache vorstellig wird, aber es wird schon gehen. Bedeutet das aber nicht, daß die Franzosen irgendwann erfahren, was wir vorhaben?«
»Ja, das werden sie. Früher oder später würden sie das jedoch ohnehin, denn das, was wir planen, wird irgendwann jede Botschaft in Kairo wissen. Ob das Unternehmen nun gelingt oder nicht«, erwiderte Carl mit einem Lächeln, daß den drei anderen stark übertrieben erscheinen mußte.
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