Im Jahre Ragnarök
festhalten! Und wenn man uns in ferner Zukunft zu mythischen Gestalten, zu Göttern verklären wird, dann wird man Sie in diesem Pantheon als den Kulturbringer, den Gott der arischen Dichtung verehren.«
»Sie spinnen doch«, platzte Tubber heraus.
Himmler schaute den Engländer durchdringend an. »Darf ich das als Ihre Entscheidung verstehen?«
Ohne dem stechenden Blick auszuweichen, erwiderte Tubber: »Mit diesem Gewäsch beeindrucken Sie mich nicht. Ich werde einen Dreck dazu beitragen, dass Sie Ihren wahnsinnigen Plan in die Tat umsetzen können. Lieber sterbe ich.«
»Das lässt sich arrangieren«, meinte Himmler kalt. »Und wie steht es mit Ihnen, Kommissar?«
»Ich folge Ihnen, Reichsführer!«, verkündete Dünnbrot mit leuchtenden Augen.
Tubber starrte den Polizisten entsetzt an.
Sichtlich erfreut ergriff Himmler Dünnbrots Hand und beteuerte, er habe keine andere Antwort erwartet. »Sie werden Großes vollbringen«, prophezeite er dem Kommissar.
Der Professor kam hinzu, über dem Arm eine lederne Fliegerjacke. »Es wird Zeit für mich, Reichsführer. Der Storch sollte inzwischen bereit sein.«
»Das denke ich auch«, bestätigte Himmler. »Ich begleite Sie noch zum Ausgang.
Sturmbannführer Sperber, Sie warten hier mit Sturmbannführer Dünnbrot und dem Gefangenen auf mich.«
Der SS-Führer und Köhler verließen die Bibliothek.
Tubber suchte nach den passenden Begriffen, um seiner Empörung über Dünnbrots Verhalten Ausdruck zu verleihen, während Sperber aus der Tasche seiner Uniformjacke ein Buch hervorholte und es dem Kommissar übergab. Es war Lest Darkness Fall , das Chantal ihm geschenkt hatte.
»Das hat man Ihnen bei der Festnahme abgenommen. Ich dachte mir, Sie hätten es vielleicht gerne zurück. Da, wo wir hingehen, werden Bücher lange Zeit Mangelware sein.«
»Ich danke Ihnen«, versicherte Dünnbrot und setzte pathetisch hinzu: »Sie dürfen versichert sein, dass Ihnen der gebührende Platz in meinen Epen zuteilwird.«
»Und was haben Sie jetzt mit mir vor, Sperber?«, wollte Tubber wissen. »Erschießen Sie mich persönlich, oder überlassen Sie das irgendwelchen von Ihren Handlangern?«
Der SS-Major schüttelte den Kopf. »Weder noch, Leutnant. Sie kommen zurück in die Zelle und bleiben dort. Eine halbe Stunde nachdem wir von hier abgerückt sind, also Punkt 19:00 Uhr, fliegen Sie dann mit der gesamten Festung in die Luft.
Wir wollen ja nicht, dass nach unserem Abzug vielleicht jemand unsere Hinterlassenschaften vorfindet und dadurch in letzter Minute unsere gesamte Operation gefährdet wird.«
»Die Explosion wird die Amerikaner erst recht aufmerksam machen. Ihr irrsinniger Plan ist zum Scheitern verteilt.«
»Die Amerikaner werden glauben, dass alte Munitionslager im Milzbrand-Sperrgebiet detoniert wären und sich nicht von der Stelle rühren. Sehen Sie es doch ein, Mr. Tubber – nichts und niemand ist nun noch in der Lage uns aufzuhalten. Ihr Freund hat das ja auch akzeptiert und die einzig richtigen Schlüsse gezogen.«
»Das gottverdammte Arschloch da ist nicht mein Freund!«, brüllte Tubber und stürzte sich wutschnaubend auf Dünnbrot.
Sperber konnte gerade noch dazwischengehen, bevor es Tubber gelang, zum Schlag auszuholen.
»Nehmen Sie sich zusammen, oder ich erschieße Sie doch einfach auf der Stelle«, drohte der Sturmbannführer.
Tubber wich zwei Schritte zurück und rang um Selbstbeherrschung. Er wollte dem widerwärtigen Dünnbrot nicht auch noch die Befriedigung verschaffen, seinetwegen eine Kugel durch den Kopf gejagt zu bekommen. Die Tür öffnete sich; Himmler trat in die Bibliothek und wandte sich sogleich an Sperber: »Nun, hat Mr. Tubber inzwischen seine Meinung geändert?«
»Ich fürchte, nein, Reichsführer«, antwortete der Major.
»Bedauerlich, sehr bedauerlich. Sie wären für uns von großem Wert gewesen, Leutnant. Aber es freut mich, dass ich Sie für uns gewinnen konnte, Sturmbannführer Dünnbrot.«
»Es ist mir eine Ehre, Reichsführer«, entgegnete Dünnbrot stolz.
»Wir haben noch ein wenig Zeit. Bis man meine Rotkreuz-Uniform bringt, wollen wir uns noch über ihr künftiges Schaffen als Erster Skalde unterhalten.«
Er bedeutete Dünnbrot, ihn zu begleiten. Im Hinausgehen drehte Himmler sich noch einmal herum und wies Sperber an, sich um den englischen Agenten zu kümmern.
Das Letzte, was Tubber von Dünnbrot sah, bevor sich die Tür schloss, war ein merkwürdig nichtssagendes Grinsen, so flach und falsch, dass es nicht einmal mehr dazu taugte, seine Wut
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