Im Jahre Ragnarök
würde. Und dass die beiden Männer zu ihren alten deutschen Stahlhelmen die gleichen amerikanischen Militärmäntel trugen wie er selber, erleichterte sein Vorhaben ganz erheblich.
Er wartete ab, bis der Posten auf seinem Weg das Tor nach rechts passiert hatte, bis der Posten auf seinem Weg das Tor nach rechts passiert hatte und verließ dann sein Versteck. Behände und doch vorsichtig, um sich nicht durch Geräusche zu verraten, eilte er in gebeugter Haltung von einem Baum zum nächsten, jede Deckung ausnutzend, die sich ihm bot. Obwohl der Weg nicht weit war, musste er ihn in drei Etappen zurücklegen. Zwischendurch verbarg er sich hinter Bäumen und wartete regungslos, bis die zurückgekehrte Wache sich wieder entfernt hatte. Dann endlich erreichte er sein Ziel: der Baum, vor dem der Posten bei jeder Runde kehrtmachte.
Rasch holte Tubber einen Schnürsenkel, den Greta ihm überlassen hatte, aus der Tasche. Sein Plan war einfach. Sobald der Posten wiederkam und ihm den Rücken zukehrte, würde er hinter dem Baum hervorkommen, ihm blitzschnell den Schnürsenkel wie eine Schlinge über den Kopf werfen und mit einem Ruck um den Hals zusammenziehen. Es war die Methode, mit der über hundert Jahre zuvor die Anhänger der indischen Thug-Sekte ihre Ritualmorde begangen hatten, lautlos und schnell.
Angespannt, die Schnur mit beiden Enden um die Hände geschlungen, wartete Tubber hinter dem Baum und horchte in die Stille. Nichts tat sich.
Gottverdammt, wann kreuzt der Idiot endlich auf? , fragte er sich. Tubber wurde unruhig. War er bemerkt worden? Hatte er sich durch eine unbedachte Bewegung oder einen Laut verraten und war nun selbst die Zielscheibe?
Mit jedem Atemzug wuchs Tubbers Nervosität; sein Herz schlug immer hektischer.
Im Sekundentakt rauschte das Blut in seinen Ohren, während zugleich die ständig schwelenden Kopfschmerzen anschwollen und sein Hirn durchpflügten.
Mit einem Mal aber trat das alles schlagartig in den Hintergrund. Tubber vernahm die stapfenden Schritte des Wachpostens auf dem weichen Waldboden. Er näherte sich ohne Eile.
Nun hing alles davon ab, den richtigen Augenblick nicht zu verpassen. Tubber hielt den Atem an und konzentrierte sich auf die herannahenden Schritte, versuchte abzuschätzen, wann der Posten den Wendepunkt erreichte.
Dann war es soweit. Tubber hörte deutlich, wie die Wache auf der anderen Seite des Baumes, keinen Yard entfernt, kurz stehen blieb und umkehrte.
Er sprang aus der Deckung hervor, warf dem nichts ahnenden Posten von hinten die Schlinge über und zerrte sie über Kreuz zu.
Doch es lief nicht so, wie Tubber gedacht hatte. Die hinterrücks überraschte Wache konnte zwar keinen Schrei von sich geben, nicht einmal röcheln. Aber Tubber hatte die Schlinge nicht heftig genug zugezogen, und nun wand sich der Wachposten unter seinen Händen in einem langsamen Todeskampf.
Das schleichende Sterben entsetzte Tubber. Sein Magen krampfte sich zusammen; unsichtbare Hände drückten ihm die Kehle zu, während das Leben mit abartiger Langsamkeit aus dem Körper des Wachpostens entwich. Tubber musste sich zwingen, die Schlinge nicht loszulassen.
Die Zuckungen des Mannes wurden immer kraftloser und erstarben dann ganz.
Der tote Körper sackte schlaff zu Boden, und Tubber musste sich an der Mauer abstützen, um nicht neben der Leiche in sich zusammenzusinken.
Er verabscheute seinen Beruf und er verabscheute sich selber. Doch bei allem Ekel, der ihn in diesem Moment überkam, durfte er nicht vergessen, unter welchem Zeitdruck er stand. Er fing sich wieder, so gut es ihm möglich war, nahm dem Toten ohne weiteres Zögern Helm und Gewehr ab und legte beides selber an. Den Mantel benötigte er nicht, sein eigener genügte. In der rechten Hand verbarg er sein aufgeklapptes Taschenmesser. Dann ging er in Richtung Tor. Es würde nicht bei einem Toten bleiben.
Kritisch betrachtete Tubber sein Werk. Vor ihm lagen auf dem mit braunen Kiefernnadeln bedeckten Waldboden die Leichen der beiden Wachposten. Einer umklammerte mit den Händen den Hals des anderen, der seinerseits mit der Rechten den Griff eines Messers umkrampfte, das tief im Leib seines augenscheinlichen Opfers steckte. Rings um die Stelle, an der die Klinge in den Körper eingedrungen war, hatte sich der Stoff des Mantels mit Blut vollgesogen. In die linke Hand hatte Tubber dem Erdrosselten die Armbanduhr des Erstochenen gedrückt. Alles war so arrangiert, dass es aussah, als wären die beiden Wachen wegen der Uhr in Streit geraten
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