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Im Jahre Ragnarök

Titel: Im Jahre Ragnarök Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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schnaubte Smith und sprang vom Boden auf, kaum dass der letzte Knoten geöffnet war. So schnell seine durchnässte Kleidung es zuließ, rannte er aus dem Raum.
Der britische Soldat blickte ihm finster nach. »Arschloch!«, grummelte er und wischte sich dann die schmutzigen Finger an der Gardine ab.

Als Tubber mit den beiden Frauen ins Freie trat, stand der Chrysler bereits mit laufendem Motor vor dem Portal. Dünnbrot hatte das Auto vor den Ford gestellt und vorsichtshalber auch schon die Türen geöffnet, ohne damit beim Wachposten oder dem Fahrer des CIG-Wagens Argwohn zu erwecken.
Geschafft! , dachte Tubber erleichtert. Doch gerade hatten sie das Auto erreicht, da schallte Smith' tobendes Brüllen aus dem Inneren des Gebäudes.
»Goddam!«, fluchte Tubber und setzte unnötigerweise hinzu: »Wir müssen hier weg!«
Chantal und Greta sprangen durch die hintere Tür auf die Rückbank, Tubber warf sich auf den Beifahrersitz. Dünnbrot gab unverzüglich Gas, sodass der Chrysler mit schrill quietschenden Reifen davonschnellte.
Im gleichen Moment kam Smith aus dem Gebäude gestürzt. »Hinterher!«, brüllte er seinem Fahrer zu.
Der Anblick seines bis auf die Haut durchnässten und vor Wut schäumenden Vorgesetzten überforderte den Fahrer derartig, dass er für einige Sekunden zu keiner Reaktion fähig war. Dann aber riss er die Tür des Fords auf, und noch ehe er ganz hinter dem Lenkrad saß, hatte er schon den Zündschlüssel herumgedreht.
Smith schlug die Beifahrertür hinter sich zu, und unter dem Aufdröhnen des Motors schoss der Ford los, den Flüchtenden hinterher.

Die beiden Autos jagten in mörderischem Tempo durch die ruinengesäumten Straßen.
Angespannt beobachtete Tubber im vibrierenden Rückspiegel den grauen Ford. Immer wenn sich der Abstand verringerte, presste er krampfartig die Zähne aufeinander und bereitete sich auf die nächste Konfrontation mit Agent Smith vor. Doch es gelang Dünnbrot jedes Mal, die Distanz zu den Verfolgern wieder herzustellen.
Der Polizist trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und lenkte den schweren Chrysler mit Höchstgeschwindigkeit um beängstigend enge Kurven und durch tiefe Schlaglöcher, die den gesamten Wagen mit ohrenbetäubendem Krachen bis in die letzte Schraube durchschüttelten.
»Unglaublich!«, brüllte Tubber über den Lärm hinweg, »Wer hat Ihnen beigebracht, so zu fahren?«
»Meine Scheißangst!«, entgegnete Dünnbrot.
Erst jetzt sah Tubber, dass dem Polizisten der Angstschweiß über das aschfahle hagere Gesicht rann, das nun mehr denn je wie ein knochenbleicher Schädel wirkte.
Der Anblick erschreckte Tubber bis ins Mark, sodass er sich schnell abwandte und wie Chantal und Greta durch das Heckfenster auf den CIG-Wagen blickte. Es war Smith immer noch nicht gelungen, zu ihnen aufzuschließen. Aber wie lange würden sie dieses irrsinnige Rennen fortführen können?

»Geben Sie Gas und rammen Sie ihn!«, schrie Smith mit aufgebracht überschlagender Stimme.
»Rammen, Sir?«, erwiderte der Fahrer fassungslos. »Aber – aber die haben einen neununddreißiger Chrysler, wir nur einen Ford. Die zerfetzen uns zu Lametta!«
Smith schlug mit der Faust gegen die Türverkleidung. » Fuck! Dann her mit Ihrer Waffe!«

Der Knall des ersten Schusses ließ alle erschrocken zusammenfahren, nur Tubber nicht. Er hatte fest damit gerechnet, dass Smith versuchen würde, die Verfolgungsjagd mit der Waffe zu entscheiden. Das war ihm recht, denn er konnte sich ja mit gleichen Mitteln zur Wehr setzen. Tubber holte aus der Innentasche den schweren Colt hervor, den er Smith abgenommen hatte, entsicherte ihn rasch, aber ohne die sinnlose Hektik, die unweigerlich zu Fehlern führt, wenn man sie am wenigsten brauchen kann.
Ein weiterer Schuss zerriss die Luft. »Ruhe bewahren«, beschwichtigte Tubber seine nervösen Mitfahrer. »Auf diesen Straßen ist das Gerüttel so stark, dass er kaum zielen kann. Ein Treffer wäre reiner Zufall.«
»Können Sie's besser?«, warf Greta ein. »Wird sich gleich zeigen. Nehmen Sie lieber die Köpfe runter, für den Fall, dass doch eine seiner Kugeln die Heckscheibe durchschlägt.«
Die zwei Frauen duckten sich sofort tief hinter die Lehne der Rückbank, und auch Dünnbrot zog den Kopf so weit ein, wie er konnte. Tubber kurbelte das Fenster herunter, lehnte sich hinaus und zielte auf den Wagen seiner Verfolger. Die Stöße, die das Auto in rascher Folge durchfuhren, waren tatsächlich äußerst lästig. Doch Tubber hatte schon auf weitaus

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