Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
erkundigte
    ich mich, warum man ihn vorhin auf so schlimme Art drangsaliert habe und ob denn der Mensch auch nach seinem Tod für seine Missetaten büßen müsse.
    »Ich war ein furchtbar böser Mann, und deshalb quä­ len sie mich«, erklärte Kosola.
    »Aber müssen Sie sich das gefallen lassen? Sie könn­ ten doch im Handumdrehen ins Weltall verschwinden, Sie haben keinen Grund, sich Ihren Quälgeistern auszu­ liefern«, gab ich zu bedenken.
    Kosola sah mich traurig lächelnd an und schüttelte den Kopf. Dann sagte er, dass ihn die Flucht ins Weltall nicht reize, im Gegenteil, er habe Angst, sich dorthin abzusetzen. Außerdem könne er sich glücklich schätzen, dass man ihn nicht noch grausamer bestrafe. Es hätten sehr viel schlimmere Qualen auf ihn zukommen können, denn er habe zu Lebzeiten wirklich böse Dinge getan. Außerdem sei er gläubig gewesen und wolle nun im Jenseits für seine Sünden büßen.
    »Die Hölle oder den Himmel habe ich hier nicht ge­ funden, und auch von Gott habe ich nichts gehört, aber ich habe gemerkt, dass böse Menschen gequält werden, und damit ist alles klar. Hitler zum Beispiel wird angeb­
    lich dermaßen gejagt, dass er keinen Moment Ruhe hat, ständig ist jemand hinter ihm her.«
    Ich wurde nachdenklich. Also erwartete den Men­ schen nach seinem Tod doch eine Art Jüngstes Gericht, eine Zeit der Sühne? Falls es so war, wer lenkte dann dies alles? Funktionierte das ganze System von allein, irgendwie automatisch? Wer bestimmte, was falsch und was richtig war? Konnte es passieren, dass auch hier im Jenseits die Willkür um sich griff, dass Menschen un­ terdrückt wurden, genauso wie im Leben? Ich fragte Kosola, wer die Leute gewesen waren, die ihn vorhin schikaniert hatten.
    »Sie sagen, dass sie die Sache der Verfolgten vertre­ ten. Leute, die die schmutzige Arbeit machen, finden sich ja immer, wenn nur jemand befiehlt. Wenn das Ganze aber ausufert, ist Schluss. Hier werden keine Übertreibungen geduldet so wie früher im Leben. Es sind stets Augenzeugen in der Nähe, und weil niemand um sein Leben fürchten muss, kann Unrecht schnell gestoppt werden. Anders war es zu meiner Zeit in Ostbottnien, wir haben gemacht, was wir wollten.«
    Nachdem er eine Weile über sein Schicksal nachge­ dacht hatte, konstatierte er:
    »Und wie ich vorhin schon sagte, geschieht es mir ganz recht. Außerdem passiert es ja nicht täglich, nur einmal im Jahr. Anfangs war es hart, da schwoll mir dann doch der Kamm, aber das hat sich inzwischen gegeben. Jetzt macht es mir nicht mehr so viel aus…
    und sie haben versprochen, dass sie bald damit aufhö­ ren. Mal sehen.«
    Ich fragte ihn noch, ob es nicht vernünftiger wäre, sich zumindest an diesen jährlichen Straftagen irgendwo anders zu verstecken und sich nicht gerade hier in Mäntsälä aufzuhalten. Er könnte sich doch nach Aust­ ralien oder in eine andere entlegene Gegend zurückzie­ hen, wo er nicht so leicht zu finden wäre.
    »Sie finden dich immer, ich habe es anfangs versucht. Hier bewegen sich alle mit der Kraft des Gedankens, davor kann man nicht flüchten. Klar, man kann in irgendein Gebüsch oder eine Höhle kriechen, aber da wird die Zeit lang. Übrigens, als Stalin starb, das war in den Fünfzigerjahren, da soll er gleich vom Sterbebett mit fliegenden Fahnen in den Himmel gesaust sein, um den Marschällen und Generälen zu entkommen, die er in den Dreißigerjahren hatte erschießen lassen. Aber sie haben ihn eingeholt. Es soll ein richtiges Spektakel gewesen sein, Tausende von Offizieren hingen an Stalins Stiefeln, und jeder der Kerle hatte wiederum seine eige­ nen Verfolger an den Hacken… aber vielleicht ist das auch nur ein Gerücht, ich selbst habe Stalin hier noch nicht gesehen.«
    Hinter dem Gebäude des Busbahnhofs kam ein schmächtiger Kerl mit stechenden Augen hervor; ich glaubte in ihm die Züge von Pastor Eljas Simojoki zu erkennen, obwohl er den Kopf abwandte. Er begrüßte Kosola kurz, und wortlos verließen beide gemeinsam den Ort.
    11
    Etwa einen Monat nach meinem Tod verspürte ich über­ all im Körper ein seltsames Kribbeln, so als wäre er von oben bis unten leicht entzündet. Richtig krank fühlte ich mich nicht, nur unruhig, und mir war heiß. Ich fragte einen älteren Toten, was die Ursache sein mochte. Er erklärte, dass es sich dabei um ganz normale Anzeichen von Verwesung handle.
    »Sie haben jetzt so lange in Ihrem Grab gelegen, dass Ihr Leichnam zu verfaulen und zu verfallen beginnt. Das

Weitere Kostenlose Bücher