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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Geschmack testen. Er behauptete, einige der Werke gelesen zu haben. In Wahrheit dachte er bei sich, dass er sich nie die Mühe machen würde, auch nur einen dieser Wälzer überhaupt aufzuschlagen.
    »Ich glaube, wir haben einfach zu viele Bücher«, sagte meine Witwe beflissen. »Welchen Sinn macht es für den Einzelnen, seine Wohnung mit Büchern voll zu stopfen, wenn sie in der Bibliothek kostenlos allen zur Verfügung
    stehen.«
    Diesen Worten entnahm ich, dass bald an der Stelle meines Bücherregals eine Glasvitrine voll dämlichen Porzellanhunden und -katzen stehen würde. Meine Bücher würden vermutlich ins Antiquariat wandern, was ihre Rettung wäre, denn dort würden sie vielleicht Interessenten finden. Andernfalls würden sie hier im staubigen Regal verschimmeln, all die wunderbaren Bände.
    Bald war der Flirt in vollem Gange. Der Mann zog seine großen Schuhe aus, und meine Witwe brachte ihm meine Pantoffeln – unerhört! Die Unterhaltung wurde kühner, und ich konstatierte, dass der Mann erregt dachte: »Die Sache läuft gut.«
    Und das stimmte tatsächlich, denn bald hatte er sein Ziel erreicht. Schon eine halbe Stunde nach dem Öffnen der Weinflasche wälzten sich die beiden mit glühenden Wangen im Schlafzimmer auf dem Bett. Frustriert erinnerte ich mich, wie es gewesen war, als ich dieselbe Frau einst zum ersten Mal verführt hatte: Ich hatte den ganzen Nachmittag, den Abend und fast noch die ganze Nacht gebraucht, ehe es so weit war.
    Und nun beobachtete ich finster von der Schlafzim­ mertür her, wie der Mann zur Sache ging. Ich schämte mich und war wütend. Eigentlich wollte ich gar nicht Zeuge sein, aber ich brachte es auch nicht fertig zu verschwinden. Also versuchte ich, nicht hinzusehen, was aber nicht viel half, denn die Stöhnlaute waren nicht zu überhören. Meine Witwe gurrte eigenartig, das hatte sie bei mir nie getan. Widerwillig musste ich zugeben, dass dieser Kerl, der ins Trauerhaus eingebro­ chen war, sich besser auf Frauen verstand, als ich es getan hatte.
    Voller Zorn verließ ich mein Heim und beschloss, nie wieder zurückzukehren. Zwischen meiner Witwe und mir war es jetzt endgültig aus, peng! Draußen war ich immer noch so aufgeregt, dass ich gegen eine Wand rannte.
    Um mich zu beruhigen, besuchte ich den Friedhof von Malmi. Ich trat an mein Grab und betrachtete es nieder­ geschlagen. Jetzt wusste ich, dass es nicht mit sehr liebevollen Händen gepflegt würde. Vermutlich würde nicht mal ein Gedenkstein aufgestellt.
    Die Vorgänge in meiner Wohnung hatten mich tief de­ primiert. Ich betrachtete sie als Strafe dafür, dass ich zu Lebzeiten so uneffektiv gewesen war und auch meine Beziehungen zu Frauen viel zu oberflächlich gestaltet hatte. So hatte ich eben die Ehefrau bekommen, die ich verdiente. Wenn ich plötzlich wieder ins Leben zurück­ kehren könnte, dachte ich, dann würde ich mich als Erstes von meiner Frau scheiden lassen und sehr genau hinschauen, ehe ich erneut heiratete. Die neue Partne­ rin dürfte so hässlich sein, wie sie wollte, Hauptsache, sie hätte wenigstens einen Funken Verstand und wäre treu. Aber unnütze Männer heiraten unnütze Frauen, das musste ich jetzt erkennen.
    Was ich eben erlebt hatte, schmerzte mich so sehr, dass ich gegen die Nelken auf meinem Grabhügel trat. Natürlich vibrierten sie nicht einmal, und auf dem Hügel waren auch keine Fußspuren zu sehen, obwohl ich in meiner Wut darauf herumsprang. Ich verspürte lediglich ein Kribbeln in der Bauchgegend als Zeichen dafür, dass ich an dieser Stelle wahrscheinlich schon Brei war, igitt.
    Auf dem Friedhof hielten sich ein paar Lebende auf, die nicht den geringsten Anstoß an meinem Treiben nahmen. Dafür warfen mir die Toten, die zufällig in der Nähe waren, missbilligende Blicke zu. Wahrscheinlich hielten sie mich für einen Geisteskranken, der nach seinem Tod aus irgendeinem Grund hier auf dem Fried­ hof herumtobte.
    Beschämt hörte ich auf zu randalieren und verließ den Ort. Traurig dachte ich, dass von mir nichts Besse­ res zurückblieb als ein schlecht gepflegter Grabhügel. So wenig hatte ich in meinem Leben zustande gebracht. Und als Belohnung konnte ich mir nun ausmalen, wie in meiner Wohnung weiter mein Andenken entweiht wurde.
    13
    Nach dem Tod hat der Mensch die Gelegenheit, all das Versteckte zu sehen, von dessen Vorhandensein er wusste, es aber zu Lebzeiten nicht überprüfen konnte. Viele frisch Verstorbene haben einen starken Hang zum Voyeurismus, den sie

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