Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
Topf Kartoffeln gekocht und Piroggen gebacken, ja, sie hatte sogar Kerzen, ein neues Tischtuch und eine Flasche Wodka gekauft. Dann hatten sie und ihr Sohn sich das prachtvolle Abendessen schmecken lassen.
    »Wir haben den ganzen Abend gefeiert! Mein Sohn hat getanzt, und ich habe gesungen, zwischendurch haben wir gegessen und getrunken. Immer wieder habe ich gesagt, ätsch, Stalin, du Halunke, du bist doch eher gestorben als ich! Aijaij, war das ein Fest!«
    Bald hatte die Alte wieder nach Petrosawodsk ziehen können, wo sie ein, zwei Jahre zufrieden gelebt hatte. Und als sie schließlich gestorben war, war sie auch damit zufrieden gewesen:
    »Wenigstens musste ich nicht in Workuta ins Gras beißen. Ich war richtig froh, dass ich meinen letzten Seufzer im Krankenhaus von Petrosawodsk tun durfte. Ich hab fast vor Freude geweint beim Sterben!«
    Als das fröhliche Mütterchen merkte, dass ich trotz ihrer munteren Worte finster und traurig war, fragte sie, was mir denn auf der Seele liege. Ich erzählte ihr, dass ich mit einem reizenden Mädchen den Mond besucht und dass sie mich soeben verlassen habe. Darüber sei ich sehr traurig, denn ich liebe das Mädchen sehr. Die alte Frau sah mich mitleidig an und tröstete mich dann:
    »Oh, mein Jungchen, trauere nur, so viel du kannst, aber nicht zu viel. Du wirst das Mädelchen bestimmt noch finden. Sieh mal, sie hat doch noch gar keine Zeit gehabt, sich an dich und an den Tod zu gewöhnen, sie ist ja gerade erst gestorben. Wenn du erst wieder auf der Erde bist, siehst du sie bald wieder, und sie verzeiht dir und mag dich, und alles ist wieder gut.«
    Die Alte sah mich aufmerksam an, ehe sie fortfuhr: »Du bist ein anständiger Junge, du bringst mich zur
    Erde zurück, ja? Ich fühle mich so einsam hier, wenn ich bloß immer auf dem Wagen sitze, ich möchte mich lieber mit den Leuten unterhalten. Sei so gut und hilf mir von diesem verfluchten Mond runter.«
    Wir machten uns auf den Weg. Das Mütterchen war aufgeregt und flüsterte:
    »Huch, ich mache die Augen zu. So einem alten Men­ schen wie mir wird ganz schwindelig vom Herumsausen. Lass mich bloß nicht allein zwischen all den Sternen.«
    Ich beruhigte sie, und bald drangen wir in die Erdat­ mosphäre ein. Weil in Europa schon Nacht war, be­ schloss ich, das Mütterchen auf die Sonnenseite der Erde, nach Südamerika, zu bringen. Sie fand den Ge­ danken gut:
    »Was ihr mit uns Alten macht! Erst zum Mond, dann nach Amerika! Aber so spielt nun mal das Leben.«
    18
    Die Erde drehte uns in der Morgensonne ihre glühende südamerikanische Flanke zu. Wir sahen die dunkelgrü­ nen Regenwälder, die kahlen Berge, die sich darüber erhoben, und in einer weiten Hochebene blinkte ein großer See, der nichts anderes als der berühmte Titica­ casee sein konnte. Wir landeten also in Bolivien. Als wir unten waren, seufzte das Mütterchen:
    »So viel Wasser, fast wie der Ladoga bei uns zu Hause! Aber das Ufer ist ganz voll Schilf. Ach, war das schön, wenn ich in jungen Jahren an den Ladoga kam! Es war wie am Meer. Boote mit Segeln konnten auf den weißen Schaumwellen fahren, wurden einfach so vom Wind angetrieben! Sag mir doch, in welcher Gegend wir jetzt sind.«
    Ich erzählte ihr, dass wir offenbar an den Titicacasee gekommen waren und uns demzufolge in Bolivien, dem Gebiet der Indianer, befanden.
    Das Mütterchen meinte darauf:
    »Ich denke mir, dass diese Indianer ursprünglich aus Sibirien stammen und dass alle alten Amerikaner ei­ gentlich Sibirier sind. Von Sibirien nach Alaska ist es nicht weit, sie sind einfach rübergerudert, und in den Tausenden von Jahren haben sie dann vergessen, woher sie gekommen sind, haben sich einfach eingebildet, dass sie immer hier in Amerika gelebt haben. Also kann man die Sibirier im Grunde auch Indianer nennen, und sie sehen ja auch so aus, findest du nicht? Es würde mich nicht wundern, wenn sie dann von Amerika aus viel­ leicht auch noch nach Polynesien weitergezogen sind. Die Sibirier kriegen das fertig. So habe ich mir das alles erklärt, und du brauchst gar nicht zu lachen, Söhnchen, ich habe zu Hause eine Landkarte, auf der kann man alles sehen, man muss sich bloß den richtigen Reim drauf machen.«
    Ich konnte mir die Bemerkung nicht verkneifen: »Wenn es nun aber umgekehrt gewesen ist und die
    Indianer von diesem Kontinent aus über die Beringstra­ ße nach Sibirien gerudert sind, sodass die Sibirier von den Indianern abstammen?«
    »Red kein Blech, Söhnchen. Wie hätten die

Weitere Kostenlose Bücher