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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Holzbalken klafften Lücken, denn niemand hatte sie je abgedichtet. Der große, aus Steinen gebaute Kuhstall war verwittert wie eine alte Burg, und der wackelige, verrostete Wetterhahn auf dem Dach hatte seinen Schwanz eingebüßt und war damit nicht mehr einsatzfähig. Im Geräteschuppen stand ein schmutziger Traktor ohne Reifen, einer der vorderen Scheinwerfer war zersplittert. Am Feldrand verrotteten eine Mähmaschine und zwei Eggen, wenn sie auch, von dünnem Herbstschnee bedeckt, einen beinahe schönen Anblick boten. Im hinteren Teil des Hofes gab es eine aus Balken errichtete, vollkommen windschiefe Sauna mit eingeschlagenen Fenstern. Offenbar hatte jemand versucht, die schwarzen Löcher mit Säcken abzudichten, doch der eisige Wind hatte die Fetzen heruntergerissen und auf den eingestürzten Ofen jede Menge Schnee geweht.
    Propst Hinnermäki beschrieb mit der Hand einen wei-ten Bogen über die ausgedehnten Felder und die dunk-len Wälder dahinter.
    »All das gehörte einst der Familie Arttela, aber der Sohn hat das meiste inzwischen vertrunken. Geblieben sind ihm etwa zweihundert oder dreihundert Hektar, was immer noch mehr ist als in dieser Gegend üblich. Es ist also nicht der Hunger, der ihn umbringt, sondern es ist der Schnaps, und das wäre nicht nötig gewesen.«
    Wir kehrten in die Stube zurück, um nachzusehen, wie weit Arttela mit seiner Sauferei gekommen war.
    Er saß immer noch im Schaukelstuhl und hielt die Katze auf dem Schoß. Das Tier hockte wütend in den Händen des Säufers, wagte aber nicht, herunterzusprin­ gen. Arttela nahm einen Schluck aus dem ramponierten Emaillebecher, seufzte schwer und schloss seine gelb­ lich angelaufenen Augen; sein ganzer elender Körper bebte, sodass man beinahe Mitleid mit ihm haben muss-te. Dann wurde ihm von dem langen, kalten Schluck übel. Er sprang auf und schleuderte die erschrockene Katze an die Wand, wo sie sich an einen dort angebrach­ ten Elchkopf klammerte. Arttela rannte polternd nach draußen, ließ sich am Fuße der Treppe auf alle viere nieder und erbrach sich so heftig, dass sein rotes Ge­ sicht schwarzblau anlief. Aus der Gurgel des Säufers plätscherte gelbe Magenflüssigkeit, durchsetzt mit un­ verdauten Wurststücken, auf den schneebedeckten Hof. Es war ein hässlicher Anblick, wie Arttela dort seinen Tag begann, der sich für die anderen Menschen bereits dem Ende zuneigte. Uns Toten ging es ans Herz, wie sich der Mann da vor uns qualvoll in Krämpfen wand und seinen Schleim in den weißen Schnee spuckte.
    Nachdem Arttela sich seines Mageninhalts entledigt hatte und wieder ins Haus gewankt war, hockte sich Propst Hinnermäki nieder, um die Pfütze mit dem Er­ brochenen zu untersuchen, die in dem frisch gefallenen Schnee dampfte und mit ihm verschmolz.
    »Wie ich schon vermutete, der Abgang ist nah. Da, zwischen den Wurststücken sind, zusätzlich zur gelben Pankreasflüssigkeit, ziemliche Mengen Blut, sieh nur! Ich würde fast wetten, dass dem Mann nur noch ein paar Tage bleiben. Aber gehen wir rein, jetzt kommt er in Schwung, nachdem er sich übergeben hat.«
    Drinnen in der Stube widmete sich der elende Mensch bereits wieder seiner nächsten Schnapsration. Mit zitternden Händen schraubte er die Flasche auf und ließ den Inhalt in den Becher rinnen; ein Teil der Flüssigkeit landete auf der Wachstuchtischdecke. Als er den Becher gefüllt hatte, setzte er ihn an die Lippen und nahm einen langen Schluck, dann schloss er seine gequälten Augen und wartete ab. Er machte sich darauf gefasst, wieder nach draußen rennen zu müssen, sollte sein Magen erneut gegen den Schnaps revoltieren. Die Katze saß auf dem Elchgeweih, leckte ihr Fell und schielte ab und zu wütend zu dem Bauern, der sich wartend den Bauch hielt.
    Diesmal behielt sein Magen jedoch alles bei sich, was er trinkend hineinbeförderte. Bald begann sich der Säufer von seinem schrecklichen Kater zu erholen. Sein Körper hörte auf zu zittern, auf seinen Wangen breitete sich blasses Rot aus, seine Handgriffe wurden präziser und sein Schritt fester. Schließlich schaukelte er mür­ risch in seinem Stuhl, und aus seiner Kehle drangen einzelne Wörter und kleine Sätze:
    »Verflucht… noch ist nicht Schluss… durchaus nicht…«
    Nach ein paar weiteren Bechern wurde er hektisch betriebsam. Er wanderte im Zimmer umher, stieß mit den Füßen gegen die Möbel, spuckte in die Ecken, brüll­ te herum und kommandierte in dem einsamen Haus. Ab und zu rief er nach der Katze, die

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