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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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hellen Licht des Mondes tobten die Feiernden mehrere Stunden herum, der Gastgeber selbst am heftigsten. Auch ein Wagen der Polizei von Lohja erschien auf dem Hof, die beiden Wachtmeister blieben außerhalb des Lichtkrei­ ses, sahen sich den Trubel von weitem an und fragten sich:
    »Wie viele Hektar vertrinkt Arttela wohl diesmal?« Die Polizisten griffen nicht ein, weder um für Ordnung
    zu sorgen, noch um mitzueifern; sie stiegen schließlich in ihr Auto und fuhren davon. Auf Arttelas Gut wüteten mal wieder zu viele Betrunkene – um hier aufzuräumen, hätten die Polizeikräfte einer Stadt nicht ausgereicht.
    Propst Hinnermäki wirkte zufrieden: Es ging hoch her, sodass er sich garantiert nicht umsonst herbemüht hatte. Bald würde er Arttelas Geist empfangen dürfen.
    Kurz vor Mitternacht zog sich der Bauer ins Haus zu­ rück. Er tastete sich an den Wänden entlang, presste die Hand aufs Herz, taumelte in die hinterste Kammer und sank mit seinem ungeschlachten Körper auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch seiner Vorväter. Dort blieb er in unbequemer Haltung sitzen, Schaum und Geifer quollen ihm aus dem Mund, die Brust zuckte unter schwerem Schluckauf. Mit müden Augen sah er durchs Fenster auf die vom Mond beschienenen verschneiten Felder und lächelte seltsam. Er stank, als wäre er schon tot, und seine Stimme klang rau und belegt, als er zu sich selbst sagte:
    »Freude muss sein, vor allem Freude…« Hinnermäki flüsterte:
    »Nie hätte ich gedacht, dass aus meinem ehemaligen Konfirmanden mal ein solches Wrack wird.«
    Ich fand, dass der bedauernswerte Arttela jetzt end­ lich sterben könnte. Er hatte seine Rolle in diesem Stück gespielt, intensiv und mit aller Kraft, jetzt war es an der Zeit, dass das qualvolle Fest für die Hauptperson endete. Mir tat der sterbende Mann Leid, was ich aber nicht laut äußerte. Ein letztes Mal brachte Lehesmäki dem spendablen Gastgeber Schnaps. Automatisch leerte Arttela seinen Becher, ohne wirklich noch zu begreifen, was er tat. Auf sein geschwollenes Gesicht trat ein idio­ tisches Lächeln, das er nicht mehr kontrollieren konnte. Sein linkes Auge begann heftig zu zucken, was seinem Gesicht eine komische Note gab; es wirkte auf grausige Weise schelmisch, als hätte sich der Mann hier in dem einsamen Zimmer einen harmlosen Streich ausgedacht, an dem er schon im Voraus seinen Spaß hatte.
    Schließlich sank der Kopf des Säufers auf den Schreibtisch, sein Arm rutschte von der Stuhllehne, und sein Herz gab auf; es schlug noch ein paar Mal schwer, wobei es fast zersprang, und blieb dann stehen, vibrierte ein letztes Mal. Es hatte nicht mehr die Kraft, Blut in den umnebelten Kopf des Trinkers zu pumpen. Nach einigen Minuten war der ganze Körper gelähmt, die Hirntätigkeit hatte für immer aufgehört, und Arttelas Geist begann sich langsam aus dem betrunkenen Kör­ per zu lösen.
    Der Tod des Bauern wurde von niemandem bemerkt. Lehesmäki leitete auf dem Hof die Feier, die Leute lärm­ ten und grölten, als wäre nichts geschehen. Um das Feuer zu nähren, trugen sie die alte Standuhr hinaus und zerschlugen sie; die Zeiger waren beim Zeitpunkt von Arttelas Tod stehen geblieben. Bald verkohlte das Zifferblatt im Feuer – nie wieder würde das alte Erb­ stück die Zeit anzeigen.
    Arttelas Geist stierte töricht im Sterbezimmer umher. Es fiel dem Verstorbenen schwer zu begreifen, dass er endlich tot war, dass geschehen war, was er sich so oft in seinem schweren Kater gewünscht hatte.
    Er erkannte in Hinnermäki seinen ehemaligen Pastor, erbleichte und stammelte etwas von seinen Sünden, beruhigte sich aber, als der Propst ihm sagte, dass er nicht vor dem Jüngsten Gericht stehe, sondern dass er schlicht und einfach am Suff gestorben sei, mehr nicht.
    Durch den Tod war Arttelas Kopf klar geworden, sein Geist schwankte und grölte weder, noch tanzte und sang er. Stattdessen beobachtete er wütend das Besäuf­ nis auf seinem Hof und erkundigte sich bei Hinnermäki:
    »Ist es immer noch mein Geld, das sie da versaufen?« »Ja, dein Geld, mein Sohn. Sie wissen ja nicht, was
    mit dir armem Kerl eben geschehen ist.« Arttela mischte sich unter die Feiernden, knöpfte sich
    Lehesmäki vor und versuchte ihn zur Vernunft zu brin-gen. Aber der alte Freund hörte nicht auf ihn, sah ihn nicht einmal an. Arttela wurde zornig und versuchte das Gesindel vom Hof zu jagen:
    »Schluss jetzt! Es gibt einen Todesfall, verzieht euch, ihr Irren!«
    Niemand beachtete ihn. Er musste

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