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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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gegen den Papst offenbar äußerst unwohl, denn er räusperte sich vielsagend, aber ich kümmerte mich nicht darum, sondern fuhr fort:
    »Es kotzt mich an, wie ihr Gläubigen die Menschen bereits auf Erden danach einteilt, ob sie ins Paradies oder in die Hölle kommen. Auch du hast in deiner Zeit als Papst Millionen von Menschen als Sünder verurteilt und in den Schlund der Verdammnis geschickt, ohne dich weiter um ihr Schicksal zu kümmern. Genau das Gleiche macht jetzt ein dummer Bauer in einem entle­ genen lappischen Dorf. Und all das tut ihr Kerle, obwohl ihr nicht mal einen handfesten Beweis dafür habt, dass Himmel oder Hölle überhaupt existieren!«
    Propst Hinnermäki stöhnte beschämt zu unseren Fü­ ßen. Er bedeutete mir mit der Hand, zu schweigen, doch nun, da ich einmal in Fahrt gekommen war, fuhr ich kühn fort:
    »Die Religion ist für euch ein Mittel der Machtaus­ übung, mit dem ihr euch die Schwächeren unterwerft. Wenn ihr einen Menschen zum Glauben bekehrt habt, haltet ihr ihn als euren geistigen Sklaven, und wehe, er wagt es, sich aufzulehnen, dann droht ihr damit, ihn zu verstoßen. Die Zweifler verdammt ihr kurzerhand, ob­ wohl ihr genau wisst, dass es für diese Maßnahme keine moralische Grundlage gibt. So läuft das alles seit eh und je.«
    Der Papst geriet in Zorn. Er stand auf und erklärte mit lauter Stimme:
    »Das muss ich mir von dir, mein sündiger Sohn, nicht sagen lassen! Dies sind theologische Fragen, und von denen scheinst du nicht das Geringste zu verstehen. Begreifst du denn nicht, dass ein Mensch, sogar ein Papst, tatsächlich kraft seines Glaubens davon über­ zeugt sein kann, dass Gott existiert, dass es den Himmel und die Hölle und das alles wirklich gibt? Darauf bauen wir unser Leben, sowohl ich als auch dein Bauer dort oben, wie heißt er noch gleich?«
    »Hemminki Läntsä«, sagte ich. Der Papst fuhr fort: »Nun, also dieser Herr Läntsä glaubt ebenfalls fest an
    das, was er verkündet. Wenn er eines Tages stirbt, ändert sich die Sachlage natürlich für ihn – kehrt sich ins Gegenteil um –, er muss feststellen, dass er sich geirrt hat, aber das spielt in dem Moment keine große Rolle mehr, er ist tot, und die am Leben Gebliebenen setzen seine Glaubenstradition fort. Was wiederum mich betrifft, so war ich in jüngeren Jahren wirklich gläubig, das kannst du nicht leugnen. Doch auch einem Papst muss man zugestehen, eine Entwicklung durchzuma­ chen, sodass er womöglich nicht bis an sein Lebensende an die Bibel glaubt. Tatsache ist auf jeden Fall, dass eine kirchliche Autorität, gläubig oder nicht, Macht ausübt, und es sind die persönlichen Eigenschaften, die entscheiden, wie viel Gutes sie im Leben bewirkt oder was auch immer. Mir scheint, dass dich vor allem die Inhumanität der Religion ärgert, die Tatsache also, dass sie an den menschlichen Bedürfnissen vorbeigeht.«
    »Reden kannst du nun mal, Papst bleibt Papst«, sagte ich säuerlich zu ihm.
    Er setzte sich wieder neben mich. Wir betrachteten schweigend den winterlichen Senatsplatz, bis Pius IX. meinte:
    »Dies ist einer der schönsten Plätze in Europa, vor allem von dieser Treppe aus gesehen. Er ist schöner als der Petersplatz in Rom.«
    »Wie erfreulich, dass Ihnen Helsinki gefällt«, mischte sich Propst Hinnermäki rasch ins Gespräch. Er schämte sich eindeutig für mich. Offensichtlich hatte er kein Verständnis dafür, dass ich in meiner Herzensnot mit dem Papst über diese Dinge gesprochen hatte.
    Plötzlich fing der Papst an zu lachen: »Eigentlich hast du ja auf deine Art Recht. Als ich
    mich seinerzeit im Vatikan für die Unfehlbarkeit des Papstes stark machte, also dafür, dass der Papst ganz offiziell als das Sprachrohr Gottes anerkannt würde, war es mit meinem Glauben schon nicht mehr so weit her. Aus purem Schabernack versuchte ich das Dogma durchzusetzen, und es klappte! Nicht viele hätten das Zeug dazu gehabt. Ich würde sagen, es war ein Streich, wie ihn keiner meiner Nachfolger mehr fertig gebracht hat, von meinen Vorgängern ganz zu schweigen. Europa hatte ziemlich zu schlucken, ich kann mich noch gut daran erinnern.«
    Er hatte mir bereits davon erzählt, nur hatte mich das Thema damals noch nicht so beschäftigt wie jetzt. Auf Propst Hinnermäki machte sein Bekenntnis jedoch tiefen Eindruck. Erschüttert fragte er den Papst:
    »Sie meinen doch wohl nicht, Eminenz, dass Sie sich in einem Moment zum Vertreter Gottes auf Erden er­ klärten, als Sie selbst gar nicht mehr an

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