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Im Jenseits ist die Hölle los

Titel: Im Jenseits ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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zu besuchen, aber es hatte nichts genützt. Mit dem Ausschluss hatte man sie aufgefordert, künftig den Teufel um Schutz zu bitten, denn mit Gottes Beistand brauchte sie nicht mehr zu rechnen. Außerdem hatte man ihr vorausgesagt, dass ihre ungeborenen Kinder an ihrem Sterbebett ihr Leben einfordern würden, da sie in ihrer Seelenqual bekannt hatte, im Olympiasommer 1952, in dem Jahr, als ihr jüngstes Kind an Typhus gestorben war, abgetrieben zu haben.
    Der Traum war lang und beklemmend, sodass die Alte daraus müde und zitternd erwachte. Erschüttert sah ich sie an. Sollte es irgendein Mittel geben, durch das sie ihren Glauben zurückgewinnen und im Gottvertrauen weiterleben konnte, würde ich es finden, beschloss ich. Eine Weile erwog ich, Propst Hinnermäki aufzusuchen und mit ihm über das Problem zu sprechen, dann aber fiel mir ein, dass er bereits einen zu großen Abstand zu diesen Dingen hatte und mir vermutlich keine große Hilfe wäre.
    Nach Abschluss eines unruhigen Tages fiel das Müt­ terchen abends in einen ebenso unruhigen Schlaf. Ich passte auf und ließ keine neuen Verdammnisträume zu ihr, führte sie aber auch nicht zum Tanz, damit sie keine neuen Gewissensbisse bekam. Stattdessen geleite­ te ich sie zur Kirche, wo feierlich gesungen wurde und ein schöner, junger laestadianischer Pastor predigte, der allen Gemeindemitgliedern ihre Sünden bereitwillig vergab. Das Mütterchen schlief danach gut und stand am Morgen munter auf. Doch dann erinnerte sie sich an den Traum und dachte deprimiert darüber nach, dass sie nie wieder mit den anderen Gläubigen in die eigene Kirche gehen und auf der richtigen Seite, also bei den Laestadianern, sitzen durfte. Sie streichelte den Kopf ihres Hundes und sagte:
    »Ach, mein Rekku, du hast es gut. Dich würden die anderen Hunde nicht aus der Gemeinschaft ausschlie­ ßen, nein, das passiert dir nicht.«
    27
    Der Vorsitzende der laestadianischen Gemeinde und einflussreichste Mann des Dorfes war der Bauer Hem­ minki Läntsä, dessen schmuckes Haus mitten im Zent­ rum in der Nähe des Ladens und der Schule stand, etwa fünf Kilometer von der Hütte meines Mütterchens ent­ fernt. Als es Abend wurde, begab ich mich wütend in sein Haus und wartete, dass er einschlief. Ich hatte wichtige Pläne. Den Kerl knöpfe ich mir jetzt vor, dachte ich, es wird einen Kampf um Leben und Tod geben.
    Nach den Abendnachrichten im Radio legte sich Bau­ er Hemminki Läntsä, ein kräftiger und gesunder Mann in den Fünfzigern, ächzend zu seiner Frau ins Bett. Die beiden sprachen ein frommes Abendgebet und löschten das Licht, dann drang Hemminki, so sanft es irgend ging, in seine Frau ein und fiel, auf ihr liegend, in tiefen Schlaf.
    Ich klinkte mich schnell in seine Gedanken ein und staunte nicht schlecht, denn dieser Mann träumte ein­ fach überhaupt nichts, er schlief einfach nur wie ein Zug, der mit abgedunkelten Lichtern durch eine eintöni­ ge Steppe fährt. Ich stellte mich an die Gleise, sprang auf diesen schnarchenden, dunklen Zug auf und zwang Läntsä, das Tempo zu drosseln und die Landschaft zu betrachten. Er wälzte sich gereizt herum – normalerwei­ se störte niemand sein Schnarchen.
    Es war ein hartes Stück, diesen Kerl dazu zu bringen, das zu träumen, was ich wollte. Sein eigensinniger Verstand ging einfach nicht auf meine Vorschläge ein. Hartnäckig verdunkelte er sein schlafendes Gehirn, immer und immer wieder, und ich gewann bereits den Eindruck, dass dieser Mann überhaupt kein Seelenleben besaß. Erst als ich auf die Idee kam, ihm mit Posaunen­ stimme ins Ohr zu brüllen, dass er vor dem Jüngsten Gericht stehe, brach sein Widerstand zusammen, und erschrocken sah er sich an, was ich ihm zu bieten hatte.
    Ich bescherte ihm einen furchtbaren Albtraum, den er sich widerwillig und ängstlich ansah. Mit aller Kraft versuchte er, sich davon zu befreien. Fast wäre er er­ wacht, so sehr versuchte er sich gegen mich zu behaup­ ten. Ich stieß ihn von einem hohen Berg in eine Schlucht, wobei ich erst im letzten Moment unten am Boden ein paar Kubikmeter weichen Schnees auftau­ chen ließ; als er dort hineingefallen war, dankte er laut­ stark Gott für seine Rettung.
    Ich aber sagte ihm, dass es hier keineswegs um Gottes Gnade gehe, sondern dass er sich nun anhören müsse, was ich ihm zu sagen habe. Dann erzählte ich von meinem Mütterchen, das auf seinen Befehl hin aus der Gemeinde ausgeschlossen worden war, und ich verlangte, dass er sie gleich am

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