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Im Keller

Im Keller

Titel: Im Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Lempke
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wischte Fingerabdrücke weg und fuhr mit Simone, die natürlich hinter mir her gefahren war, zurück zu ihr nach Hause.
    Nach ein paar weiteren Schnäpsen und Likören lagen wir kurz nach drei Uhr nachts im Bett. Ich schlief sofort ein.
    Am nächsten Morgen ging es zumindest mir sehr schlecht, nicht nur wegen der Kopfschmerzen, sondern auch wegen unserer Tat.
    Simone hingegen wirkte zufrieden. „So, und nun sehen wir nach, ob er ausgebrochen ist oder nicht“, ordnete sie nach dem Frühstück an.
    Ich wusste nicht, ob ich den Mut der Frau bewundern, oder mich angesichts ihrer Kal tschnäuzigkeit vor ihr fürchten sollte. Ich jedenfalls hatte eine Heidenangst.
    Wir betraten das Haus mit Messer und Pfefferspray bewaffnet und schlichen uns vorsichtig hinab in den Keller. Die Tür zum Kellerraum war zu, aber befand sich Clemens auch wirklich noch dahinter? Als hätte er uns gehört, schlug er mit den Füßen gegen die Tür und versuchte, mit seinem zugeklebten Mund etwas zu rufen.
    „Er klingt noch sehr lebendig“, stellte Simone lakonisch fest, wandte sich ab und stieg, das kranke Bein immer nachziehend, eine Hand am Treppengeländer, die Kellertreppe hoch.
    Ich stand noch ein paar Augenblicke vor der verschlossenen Tür, hinter der mein einziger Sohn lag, und es schnürte mir fast die Luft ab, und meine rechte Hand hob sich un d wollte zum Schlüssel greifen - als eine Erinnerung mich innehalten ließ: das hassverzerrte Gesicht von Clemens, der vor mir steht, mich plötzlich in den Magen boxt und mich im Gästeklo einsperrt.
    „Carmen, wo bleibst du denn?“ , rief Simone energisch von oben.
              Ich schrak zusammen, zog die Hand zurück, rannte fast die Treppe hoch und sah ger ade noch, wie die Frau auf den Türrahmen zum Wohnzimmer wieder eine Uhrzeit kritzelte. Davon wurde mir übel, und ich musste meinen Magen erst einmal mit einem Schnäpschen beruhigen. Dann schlug ich vor (nur um aus dem Haus zu kommen!),Uschi im Krankenhaus zu besuchen.
    Simone bestand darauf zu fahren, ich sei ihr zu ,labil‘. Wie immer setzte sie ihren Willen durch. Kaum, dass sie hinterm Steuer saß, zerrte sie ein Tuch aus ihrer engen Jeans und rieb wie blöd das Lenkrad ab. Also, wer war hier ,labil‘?!
    Unterwegs redete sie dann (Theo, es kam mir so maßlos absurd vor!) über ihre Urlaubspl anung fürs nächste Jahr, und irgendwann hörte ich gar nicht mehr zu. Wir fanden einen Parkplatz in Krankenhausnähe, und Simone wischte sich, bevor sie ausstieg, noch einmal ordentlich über die Hände.
    Auf dem Weg zu Uschis Zimmer begegneten wir ein paar Ärzten und ein paar Schwestern, und zwei- oder dreimal hatte ich das Gefühl, dass man uns merkwürdige Blicke hinterhe rschickte. Warum, verflixt und zugenäht, hatte ich mir keinen Schnaps mitgenommen?!
    Im Zimmer lag jetzt im Bett neben Uschi noch eine zweite Frau, die sich auf die Seite gedreht hatte und zu schlafen schien. Uschi selbst lag noch im Koma. Gott, sie sah so dünn und ze rbrechlich aus! Ich dachte wirklich, Theo, die überlebt das nicht!
    Anscheinend war auch Simone beunruhigt, denn sie nervte so lange die Schwestern, bis die den zuständigen Arzt kommen ließen.
    Als er ins Zimmer trat, dachte ich nur, was hat der Mann ein Glück, dass er so gut aussieht, denn nur aus diesem Grund wurde er von der schlecht gelaunten Simone nicht völlig zur Schnecke gemacht. Sie bestand darauf, über jede Einzelheit des Gesundheitszustands von Uschi informiert zu werden.
    Der Arzt lächelte gnädig, strich sein längeres Haar nach hinten und klärte uns über Uschis diverse Verletzungen auf. Sie habe einen Schädelbruch links, und das linke Innenohr sei hinüber, aber sie würde sich schon wieder erholen und außer der Taubheit vermutlich keine bleibenden Schäden davontragen.
    Das schien Simone zu erleichtern, denn auf einmal begann sie ungeniert mit dem Arzt zu fli rten, und ich kam mir furchtbar überflüssig vor.
    „Wollt ihr euch nicht ein Zimmer nehmen?“ , nörgelte ich, und bekam von Simone einen Blick zugeworfen, dass mir fast eine Gänsehaut über den Rücken lief. Nein, dachte ich, dich möchte man wirklich nicht zum Feind haben!
    Vielleicht hatte ich erschrocken geguckt - plötzlich jedenfalls lächelte sie mich nett an, b edankte sich bei dem Arzt und lud mich zum Mittagessen ein. Sie wählte ein gutbürgerliches Restaurant aus, wir bestellten und redeten über alles Mögliche, nur nicht über den Mann im Keller. Am Nachmittag entschied ich mich dann, nach

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