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Im Keller

Im Keller

Titel: Im Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Lempke
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Hause zu fahren, allein. Simone zählte noch einmal zehn Minuten lang Clemens´ Verbrechen auf, damit ich nur ja nicht weich wurde. Wenn ich Beistand bräuchte, solle ich sie sofort anrufen.
    Ich nahm die Straßenbahn und dann den Bus, und unterwegs hatte ich das Gefühl, als ob mein Verstand wie betäubt war. Schließlich stand ich vor der Haustür, den Schlüssel in der Hand, und hatte auf einmal Angst hineinzugehen. Theo, ich hatte Angst, mein eigenes Haus zu betreten!
    Dann überlegte ich mir, was die Nachbarn wohl denken mussten, und schlich auf Zehenspitzen in den Flur. Ich versuchte, auch sonst keinen Lärm zu machen. Aber vielleicht hatte Clemens da unten im Keller einen sechsten, siebten oder auch achten Sinn entwickelt, der ihn spüren ließ, dass jemand im Haus war, genauso gut konnte es natürlich Zufall sein, jedenfalls hörte ich ein paar Minuten später ein Klopfen von unten, das mir schwächer vorkam als in der Nacht.
    Aber ich verschloss mein Herz, kippte zwei Schnäpse, holte einen Kugelschreiber und notierte die Zeit auf dem Türrahmen. Das fühlte sich wenigstens ein bisschen an wie eine wisse nschaftliche Studie.
    Nach dem Abendessen setzte ich mich mit einem Apfel und einer Flasche Rotwein im Woh nzimmer vor den Fernseher, verschloss vorher die Tür, drehte dann den Ton auf. Nach dem zweiten Glas Wein merkte ich, dass ich mit dem Messer, mit dem ich den Apfel zerteilt hatte, eine Kerbe in die Tischkante geschnitzt hatte. Das Entsetzen kam zurück, und ich telefonierte eine Stunde lang mit Simone, bis ich mich wieder beruhigt hatte.
    Anschließend trank ich die Flasche leer, hörte auf dem Weg ins Schlafzimmer ein Poltern aus dem Keller, legte mich ins Bett (nachdem ich die Tür abgeschlossen und einen Keil darunter geschoben hatte!), stopfte mir die Ohren zu und sank in einen von schrecklichsten und wide rwärtigsten Alpträumen zerquälten Schlaf.
    Am nächsten Morgen fühlte ich mich halbtot. Als ich nach dem Frühstück, das nur aus Kaffee und Kopfschmerztabletten bestand, in den Keller tapste, um zu sehen, ob Clemens vielleicht doch die Tür aufgebrochen hatte, war es mir vorübergehend sogar egal, ob er mir in irge ndeiner finsteren Nische auflauerte und mich vor Wut erwürgte.
    Aber die Tür zum Kellerraum war unversehrt. Als ich die Treppe hochstieg, hörte ich Gerä usche aus dem Raum. Er lebte noch. Ich notierte die Uhrzeit und rief Simone an, die sich extra zwei Wochen Urlaub für unser Unterfangen genommen hatte. Sie arbeitete irgendwo im Büro, nachdem sie ihr Studium geschmissen hatte.
    Wir verabredeten uns zum Krankenhausbesuch und fanden eine immer noch nicht ansprec hbare Uschi vor, deren Gesicht (oder das, was von dem gewaltigen Kopfverband freigelassen worden war) blaurot und geschwollen aussah.
    Eher wortkarg leisteten wir ihr eine Weile Gesellschaft, dann lud ich Simone zum Essen in der Stadt ein. Sie benutzte jetzt eine Krücke, aber Auto fahren konnte sie noch.
    Nach dem Essen, das mir gar nicht schmecken wollte, begann sie wieder auf mich einzureden. Sie spürte wohl, in welch schrecklichem Zwiespalt ich war.
    „Jetzt hör mir mal gut zu!“ , zischte sie über den Tisch. „Was meinst du wohl, was passiert, wenn wir Clemens jetzt frei lassen?! Falls er uns nicht gleich tot schlägt, bringt er uns lebenslang hinter Gitter, wegen Freiheitsberaubung und Mordversuch! Willst du für dieses Schwein ins Gefängnis gehen?! Wir können nicht mehr zurück, Carmen!“
    Als ich nichts sagte, fügte sie hinzu: „Wir müssen ihn so mürbe machen, dass er uns aus der Hand frisst! Er muss mehr tot als lebendig sein! Und wenn es sein muss, sperren wir ihn für den Rest seines Lebens ein! Morgen gehen wir zur Polizei und melden ihn als vermisst. G enau, wie wir es geplant haben.“
    Und Theo, ich wusste ja, dass sie recht hatte.
    Wir fuhren zu mir nach Hause, und Simone überprüfte sofort die Kellertür, ganz so, als traue sie mir nicht über den Weg. Prompt trat Clemens gegen die Tür und gab unverständliche Laute von sich.
    Wir verkrümelten uns nach oben, Simone notierte die Uhrzeit, und ich machte eine Flasche Cointreau auf. Abends ließ sie ihren Wagen stehen und nahm ein Taxi. Ich war betrunken und nicht ich selbst. Ich kratzte und schnitt die nächste Kerbe in den Tisch. Das war der zweite Tag.
    Am folgenden Tag blieb ich bis mittags im Bett liegen, ich wollte nichts sehen und nichts hören. Aber das Denken und Fühlen konnte ich nicht abstellen. Immer und immer wieder

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