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Im Kern der Galaxis

Im Kern der Galaxis

Titel: Im Kern der Galaxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Eklund
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beigebracht hatte) handelten davon –, wußte sie ganz genau, was die Komponisten und Texter beabsichtigt hatten, als sie ihr komplexes Netz aus Worten und Lauten gesponnen hatten.
    Wenn sie nicht liebte und nie geliebt hatte, lag es bestimmt nicht daran, daß ihr Herz kalt war, denn das war es nicht, sondern einzig und allein daran (um ein altes Klischee zu benutzen), daß sie den Richtigen noch nicht gefunden hatte. Würde sie ihn überhaupt je finden? Sie wußte es nicht. Trotz der eifrigen Bemühungen Tausender – Wissenschaftler, Zauberer, Mathematiker, Magier – blieb die Zukunft unlesbar.
    Wenn die Pflicht nicht dazwischengekommen wäre, hätte sie sich vielleicht in Kirk verlieben können. Von dem Tag an, da sie an Bord der Enterprise gekommen war, war ihr bewußt, was sie für ihn empfinden könnte.
    »Willkommen an Bord, Fähnrich«, hatte er sie begrüßt. (So genau, als hätte es soeben erst stattgefunden, erinnerte sie sich an ihr erstes Gespräch.) »Danke, Sir.« – »Uhura – kenne ich diesen Namen nicht?« – »Auf Swahili bedeutet er ›Wahrheit‹.« – »Haben Sie einen älteren Bruder?« – »Ich glaube, Sie meinen meinen Vater.« – »Ein Sternenmann?« – »Er war einer.« – »Einer der besten.« – »Er ist tot.« – »Oh, das tut mir leid. Er war ein großartiger Mann.« – »Er ist vor zwei Jahren nicht mehr aus dem All zurückgekommen.« – »Wirklich traurig.«
    Komisch, daß sie sich über ihren Vater unterhalten hatten. Er und Captain Kirk ähnelten sich sehr. Ihr Vater war ein Sternenmann gewesen. So hatte man die wenigen Menschen genannt – bei weiblichen natürlich Sternenfrau –, die mit der Erforschung der Galaxis begonnen hatten, lange bevor es die Sternenflotte mit ihren großen Schiffen und ihrer zahlreichen Mannschaft gegeben hatte. Einsame Männer und Frauen waren es gewesen, die neue Welten erforscht und allein die gleichen Aufgaben bewältigt hatten wie jetzt vielleicht vierhundert Mann. Ihr Vater war so gut wie der letzte seiner Art gewesen. Als Kind hatte sie ihn nur selten gesehen. Nicht auf der Erde war er zu Hause gewesen, sondern im All.
    Sie selbst war in Dakar aufgewachsen, eine der Doppelhauptstädte der Vereinigten Staaten von Afrika. Eine schöne Stadt, im Glanz des blauen Atlantiks gebadet. Eine afrikanische Stadt, eine kosmopolitische Stadt, doch immer noch ein Produkt ihres französischen Kolonialerbes. Der Einfluß der Franzosen prägte sich nicht nur der Stadt auf, sondern auch jenen, die wie Uhura Generationen nach dem Abzug der Kolonisten geboren worden waren. Sie sprach Französisch so fließend wie Swahili. Ihre Lieblingslieder waren in Französisch, und sie zog die französische Küche allen anderen vor. Der größte Schriftsteller überhaupt war für sie Marcel Proust, und die größten Maler die französischen Impressionisten.
    Ihr Vater hatte ihre Vorlieben geteilt, daran erinnerte sie sich am besten. Wenn er unerwartet auf Urlaub nach Hause kam, nahm er sie und ihre Mutter öfter ein paar herrliche Wochen nach Paris mit, ehe er – viel zu früh für sie – wieder in seinen geliebten Weltraum zurückkehrte. Als sie von seinem Tod erfuhr, hatte sie ihn drei Jahre nicht mehr gesehen gehabt, und das letztemal in Paris. Damals war sie siebzehn gewesen.
    Plötzlich wurde ihr ein Geräusch bewußt, etwas wie ein merkwürdiges Klopfen. Nur halbwach setzte sie sich auf, schob den Pelz zurück und stand auf, nackt, von einem dünnen Halbrock abgesehen. Einen Augenblick lauschte sie angespannt, doch das Geräusch wiederholte sich nicht. Trotzdem war sie sicher, daß sie es sich nicht eingebildet hatte. Auf Zehenspitzen ging sie zum Fenster, das zur Straße schaute, und starrte durch die Glasscheibe.
    Ein Gesicht blickte zurück.
    Sie hielt den Atem an, blinzelte und schaute erneut. Sie kannte dieses Gesicht, diesen Mann.
    Wie im Traum drehte sie sich um und huschte zur Tür. Sie hob den Fellbehang zur Seite und trat hinaus.
    Kalter Wind schlug ihr entgegen. Fröstelnd überkreuzte sie die Arme auf der Brust und ging steifen Schrittes auf die Straße. Die flammende Korona der Sonne spitzte hinter der schwarzen Scheibe des Mondes hervor. Der Geschmack von Staub lag dick auf Zunge und Lippen.
    Seltsam, dachte sie, diese Vielfalt der Sinnenreize. Gewöhnlich war in einem Traum alles viel unwirklicher. Und das war doch ein Traum! Es mußte einer sein! Niemand war vor dem Haus. Sie trat um die Ecke. Hinter Kirks Fenster brannte Licht. Sie hörten

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