Im Kettenhemd (German Edition)
dieses Ordens, und von ihm selbst zum Tempelritter geschlagen worden. All unser Besitz ist den Johannitern zugefallen. Ich habe ihrem Hochmeister eine Bulle mit meinen Forderungen überbracht. Das hat diesem Raymond Berenger gar nicht gefallen. Durch Intrigen haben sie mich dann hier eingekerkert. Ich habe jeden Tag einen Strich in die Zellenwand geritzt bis zu meiner Befreiung durch Euch nach nunmehr drei Jahren und einhundert Tagen.«
»Ihr seid ein sehr guter Schwertkämpfer, mein Freund, und habt es den Engländern schon ganz ordentlich heimgezahlt«, sagte Karl, der eben wieder von seinem »Ausflug« zurückgekommen war. »Diese Bastarde kämpfen, als gäbe es kein Morgen. Verzeiht, ich hörte euer Gespräch. Ich schließe mich gern an, denn im Kerker lagen noch einige Dinge herum, die man recht gut brauchen kann.«
»Ich kenne mich hier gut aus und weiß, wie wir die Kampfzonen umgehen können«, sagte der Templer. »Bevor sie mich in den Kerker warfen, habe ich hier einige Zeit als Gast des Grafen Nagelli verbracht. Dieser Hund hat mich an meine Feinde verkauft. Bekomme ich ihn vor die Schwertspitze, dann gnade ihm Gott!«
»Da haben wir offensichtlich einen gemeinsamen ›Freund‹«, raunte Dietrich Karl zu. »Brechen wir auf und nehmen auch Cedric mit uns. Ein Knappe muss viel erleben in seiner Ausbildungszeit.«
Die Sonne stand hoch am Firmament und schickte ihre wärmenden Strahlen zu den ausgezehrten Männern hinab. Kein Wölkchen zeigte sich am Himmel, und der Platz hinter der Torburg erstrahlte im hellen Licht. Lange hatten sie dieses Wohlbehagen der Wärme entbehren müssen.
Für Cedric war die Welt nun wieder in den Angeln, galt es doch, mit seinem Herrn neue Abenteuer zu bestehen und sich erneut im Kampf zu bewähren.
Als sich alle etwas erholt und die Ausrüstung ergänzt hatten, brachen sie in Richtung des Kerkergebäudes auf.
16. Kapitel
Das Geheimnis
Die kleine Schar bestand nur aus acht Mann. Sie nahmen die Leibwache des von Bingen mit sich, waren es doch immerhin Elitekämpfer aus den ersten Reihen der Sturmrotten. Allen voran ging Armand, der Tempelritter. Der schlanke Mann mit dem schnellen Schwertarm hatte sich einen Wappenrock der gallischen Truppen über sein Kettenhemd geworfen. Das Kleid der Engländer würde er nie wieder tragen. Die Schmach sollten sie ihm büßen. Pferde wären für dieses Unternehmen nicht von Vorteil. Nur zu Fuß waren sie in den engen Gassen schnell genug, um Überraschungen begegnen zu können.
Kampflärm drang von Südwesten zu ihnen herüber. Dort waren sicher Jörgs Ritter an den Feind geraten und lieferten sich mit den Verteidigern der Südmauern einen erbitterten Kampf.
»Das wäre unsere Richtung, aber wir müssen diesen Teil umgehen. Folgt mir«, sagte der Templer in gedämpftem Ton. Armand führte die Gruppe vorbei an noch brennenden Gebäuden und Schutthaufen in Richtung einer winkligen Gasse.
»Hier haben unsere Katapulte ganze Arbeit geleistet«, staunten die Männer der Leibwache. »Die Hitze dieses Teufelszeugs hat sogar Steine zum Schmelzen gebracht.«
Am Ende der langen Mauer, die sich parallel zum Arsenal erstreckte, hob Armand die Hand: »Wir sollten möglichst unbemerkt über den kleinen Platz vor der Kapelle gelangen. Dort hinten könnten Reserve-Truppen der Engländer stehen.«
Leicht geduckt lief der Templer mit der ersten Gruppe über den offen liegenden Platz. Im Schatten der kleinen Gasse angekommen, gaben sie das Zeichen für die Nächsten. Alles schien ruhig und der Augenblick sehr geeignet. Dietrich ging mit den verbliebenen Männern los, doch er war noch nicht ganz über die Mitte des Platzes, als eine raue Stimme rief: »Where are you going, dogs? – Wo wollt ihr hin, ihr Hunde?«
Eine Handvoll Normannen tauchte plötzlich hinter der Gruppe auf. Niemand hatte etwas bemerkt, und doch waren die wie aus dem Nichts hinter ihnen: vier Ritter mit drei Soldaten der Wacheinheit. Sie hatten wohl den Templer am Wappenrock erkannt und verlegten den Weg.
Die Ritter, gut im Eisen mit Langschilden, forderten den Kampf. Dietrich warf seinen Mannen einen Blick zu und rief: »Pas de pitié, pas de prisonniers! – Keine Gnade, keine Gefangenen!« Alle wussten, es musste schnell gehen, bevor sie von anderen Engländern entdeckt würden.
Als Dietrich sein Schwert zog, stürmten die Männer auf den Platz.
Cedric, schnell wie ein Wiesel, war der Erste am Feind. Er parierte den Lanzenstoß eines Eisenhuts nach spanischer Art mit der Schwertklinge nach
Weitere Kostenlose Bücher