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Im Kettenhemd (German Edition)

Im Kettenhemd (German Edition)

Titel: Im Kettenhemd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Reitze
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Scharten die angreifenden Rotten erkennen. Wären sie auf Seiten der Normannen, würde ihnen der Aufmarsch der Français große Sorge bereiten.
Die Ketten der Zugbrücke waren um zwei große Holztrommeln gewunden. Ein Tritt gegen die Sperrriegel löste den Mechanismus zum Absenken der Brücke aus. Einmal in Gang gesetzt, konnte niemand mehr das Absenken der Brücke stoppen. Gespannt lauschten sie nun auf das Kommando, während die anderen die Treppe zur höchsten Zinne emporhetzten. Die steinerne Treppe war schmal und drehte sich gewendelt empor. Nur mit Mühe und gutem Willen konnten hier zwei Mann aneinander vorbeikommen. Fast oben schlug ihnen die Wucht eines Einschlags entgegen. Staub nahm allen die Sicht und die Schreie der Verwundeten drangen bis ins Mark.
Wozu so ein Eisenhut doch gut sein kann, dachten die Männer sicher, denn die breite Krempe dieser englischen Helmform war in diesem Augenblick als Schutz von Vorteil. Den »Hut« tief ins Gesicht gezogen, drangen sie trotz allem nach oben durch. Die Mauer vor der Zinne war nicht sehr breit und bot gerade zwei Mann Gelegenheit, gefahrlos aneinander vorbei zu kommen.
Das Katapult war eben wieder abschussbereit, als Dietrich bis zum Abschussplateau gelangte. Der Mann am Abzug sank getroffen vom Schwerthieb des Hundertschaftsführers der schweren französischen Ritter nieder. Das hatten jetzt alle gesehen, doch noch ehe die Engländer sich besinnen konnten, standen ihre Scharfrichter bereits hinter ihnen. Messerarbeit nannten es die Piraten der Meere, denn Töten mit dem Dolch war eben Kriegshandwerk.
Karl griff mit seinen Männern von links und der Rest von rechts an. Die verbliebenen Engländer gerieten in die Zange, kämpften aber tapfer um ihr Leben. Schnell hatten die ehemals Eingekerkerten des Cateaus Gaillard die Oberhand gewonnen. Nur wenige der englischen Waffenknechte entgingen diesem Handstreich. Die wurden dann zu den Verwundeten in die unteren Etagen gesperrt.
Ein grausiger Anblick bot sich nun im Hof der Torburg. Die gelben Waffenröcke der Engländer mit den roten Löwen im Schilde waren über und über mit Blut befleckt. Zuhauf lagen sie übereinander im Tode vereint, und niemand von denen hatte die Maskerade der wagemutigen Männer um Dietrich durchschaut.
Dieser zog nun seinen Wappenrock unter dem englischen Mummenschanz hervor.
»Schnell, bindet das an eine Lanze und schwenkt sie über die Mauer!«, befahl er einem der Seeleute. »Lasst die Brücke herab, und dann mit Gott!«, rief Dietrich den wartenden Männern im Torhaus zu.
Nun standen nur noch ehemalige Gefangene in englischer Tracht in der Torburg, und aus einiger Entfernung sah die Szene für die echten Soldaten des Lords nicht ungewöhnlich aus. Auf dieses Kommando hatten alle nur gewartet.
Ein einziger Tritt des Tempelritters gegen die Arretierung der Kettenräder ließ die schwere Zugbrücke über einige Umlenkrollen und Seilsicherungen schnell in ihre Auflagen krachen.
Das diffuse Licht des Torhauses erhellte sich nun durch die eindringenden Sonnenstrahlen und der Templer schwenkte seinen Arm zum Gruße aus der Scharte.
Das innere Tor war noch geschlossen, und so bemerkte niemand in der Feste, dass die Zugbrücke herabgelassen wurde.
    Cedric hatte als Erster den Schwenk mit dem Wappenrock entdeckt. Erst auf den zweiten Blick hatte das junge Adlerauge des Knappen das Wappen seines Herrn erkannt. Den Mund weit offen, zeigte er in die Richtung der Fahne, aber vor lauter Überraschung und Freude kam kein einziges Wort über seine Lippen.
Nun hatten auch die anderen das Zeichen erkannt, und dem Junker entfuhr ein durch Mark und Bein dringender Freudenschrei. Die Waffen gen Himmel, brüllten sich nun auch Hunderte Ritter die Seele aus dem Leib. Allen war zumute, als ob ihnen der Erzengel Gabriel erschienen sei.
»Jetzt nehmen wir sie ein«, brummte der Lütticher zufrieden vor sich hin. »He, schenk er mir von dem guten Tropfen aus meiner rechten Satteltasche ein«, schnurrte er mit selten guter Laune seinen Adjutanten an. Der milde Blick in seinen Augen verwirrte den armen Kerl etwas, war er doch auch anderes von diesem Koloss gewöhnt.
Burkhart von Bingen saß kerzengerade auf seinem rabenschwarzen Andalusier. Das schöne Tier blähte die Nüstern und schnaubte kräftig. Pferde sind sehr sensibel und spüren den Beginn eines Kampfes mit jeder ihrer Fasern. Er hob den Arm zum Signal. Die Sturmrotten wussten, was jetzt begann. Alle warteten gespannt, als plötzlich die Zugbrücke

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