Im Kettenhemd (German Edition)
herauszubringen.
»Rede, oder du sprichst nie wieder!«, sagte Dietrich in sehr ernstem Ton.
»Ich, ich, Herr ich bin nicht schuld daran«, stammelte der Kerl.
»Woran?«, herrschte Dietrich ihn an.
»Lord Eshby war hier und hatte diesen Grafen bei sich.«
»Welchen Grafen?«, rief Karl, der nun auch wissen wollte, was dieser Kerl da zusammenplapperte. Karl packte den Kerkermeister, und wenn Dietrich ihn nicht zurückgehalten hätte, wären sicher nicht mehr viele Worte über dessen Lippen gekommen.
»Wut ist ein schlechter Ratgeber, mein guter Karl«, sagte Dietrich wieder ruhig, und besonnen forderte er vom Kerkermeister: »Los, rede! Was ist passiert?«
»Nun, ihr Herren,« kam es über dessen Lippen, »der Graf kannte die Frau, und die haben sie mit sich genommen. Ich sollte kein Sterbenswörtchen darüber verlieren, sonst würden sie mich hängen.«
»Hängen werden wir dich auch, wenn du englischer Bastard nicht die volle Wahrheit sagst«, sprach nun Armand, der sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte. Der Kerkermeister war ganz fahl im Gesicht und spürte, dass dies nicht sein bester Tag sein würde, wenn er diese Männer belügen sollte.
»Einmal fiel der Name des Grafen. Die Frau nannte ihn Nagelli und hatte offensichtlich große Angst vor ihm.«
»Dieser Hundesohn!«, entfuhr es Armand.
»Wer ist sie und wie ist ihr Name?«, wollte Dietrich sogleich wissen.
»Ich weiß nur, dass sie von hohem Stande ist und ich ihr gutes Essen bringen musste. Ihren Namen hab ich nie erfahren. Es durfte auch niemand zu ihr, sonst hätte ich mein Leben verwirkt, drohte mir Lord Eshby persönlich.«
»Wo haben sie die Frau hingebracht?«
»Das kann ich euch nicht genau sagen, ihr Herren. An der Küste liegt seit langem ein Schiff bereit, um das restliche Gold und Lord Eshby nach England zu bringen. Vielleicht flüchten die Herren gerade vor eurer Streitmacht mit dieser Kriegskogge.«
Dietrich konnte sich keinen Reim auf die Geschichte des Kerkermeisters machen. Wer war sie und wo wollte man sie hinbringen?
»Das kann erst ein paar Stunden her sein. In dieser Zeit bringt man niemanden an den Rand der Welt. Wir werden sie finden und Nagalli zur Rechenschaft ziehen«, sprach Armand. »Der Graf hatte ehemals auch mein Vertrauen, aber er ist ein äußerst windiger Mann, der nur seinen Vorteil in all seinem Handeln sucht.«
»Los Männer, wir müssen hier raus und die Kerle verfolgen. Die Zeit wird knapp und wir sollten uns beeilen. Schauen wir, wie es draußen steht und ob die Unseren den Kampf um die Feste schon entschieden haben!«, rief Dietrich.
Schnell rafften sie noch einige Dinge zusammen und sperrten den Kerkermeister zu seinen Schergen in die kleine Zelle an der Nordseite des Gemäuers.
»Cedric, öffne mit den Männern alle Zellen und lasst die Gefangenen frei!«, rief Dietrich ihnen zu.
Als diese Arbeit getan war, verbargen sie das riesige Schlüsselbund der Schergen in einem dunklen Mauerwinkel. Den Schlüssel für das Kerkertor nahm Dietrich mit sich.
»Armand, könnt Ihr uns zu Lord Eshbys Gemächern führen?«, fragte Dietrich.
»Nichts leichter als das. Aber wir könnten auf englische Wachen stoßen«, gab der Templer zu bedenken.
Sie öffneten die Tür nach draußen und erblickten etwa siebzig Eisenhüte auf dem Platz. Ihr Anführer saß zu Pferd und war mit einer Lanze bewaffnet. Die Vorderen hatten ihre Lanzen in den Boden gerammt. Sie erwarteten offensichtlich einen Reiterangriff.
»Wir sollten noch warten«, riet der Templer.
Just in diesem Augenblick ertönte ein Signalhorn, das den Angriff der Français ankündigte. Die Engländer hatten sich für ihre Verteidigungsstellung den denkbar ungünstigsten Flecken in der ganzen Burg ausgesucht. Sie blickten genau nach Süden und somit in die Sonne. Die glänzenden Rüstungen ihrer Feinde taten ein Übriges, und so standen sie mit zusammengekniffenen Augen dem Anführer der französischen Ritter gegenüber.
Der saß hoch zu Ross und blickte über den Platz. Sein Harnisch und auch der seines Pferdes funkelten wie erwartet dem Feind entgegen. Es war Junker Jörg zu Trappenberg, der den Eisenhüten seinen Streithammer entgegenschwang und rief: »Jetez vos armes si vous ne voulez pas mourir! – Werft die Waffen weg, wenn ihr nicht sterben wollt!«
Das hatten die bestimmt nicht verstanden, aber das brauchten sie auch nicht unbedingt. Jörgs Ritter brannten auf den Kampf und die Kerle hier kamen ihnen gerade recht. Als die englischen Raufbolde keine Anstalten machten,
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