Im Kille-Kille-Keller
ich mir vor, als habe ich vergessen,
mich anzuziehen. »Ganz reizend«, sagte er. »Dieses Kleid hebt zweifellos die
Moral, Mavis. Darf ich Ihnen ein Gläschen kredenzen?«
»Vielen Dank«, meinte ich und
trat an die Bar. »Ein Gimlet , wenn’s recht ist.«
Fabian füllte das Glas und
reichte es mir. »Die häusliche Ordnung scheint endlich wiederhergestellt«,
sagte er. »Soviel ich gehört habe, gibt es um halb acht Dinner. Sie waren zum
Lunch nicht im Hause — damit haben Sie sich zu Ihrem Glück das Schreckliche
erspart, das sich hinter den Namen >Beef hash <
verbarg.«
»Reden Sie bloß nicht vom
Essen«, sagte ich versonnen und nippte an meinem Glas.
»Alle scheinen etwas für die
Gesundheit getan zu haben — außer mir.« Fabian zuckte die Schultern. »Sie und
Don und Carl waren an der frischen Luft. Die Paytons scheinen unter sich geblieben zu sein, ich habe sie den ganzen Tag nicht
gesehen. Vielleicht ist das ihr Tag zur Selbsterforschung: Da glaube ich gern,
daß sie genug zu tun haben.«
»Haben Sie noch etwas zu den
Vorfällen der letzten Nacht erfahren?« fragte ich.
» Heute
nachmittag habe ich mit Leutnant Frome gesprochen«, sagte Fabian
gleichmütig. »Ich glaube, er kommt später am Abend noch mal her. Er hat mir
nicht verraten, ob er überhaupt Fortschritte erzielt hat. Die arme Edwina! Ich
kann mir nicht vorstellen, warum jemand sie erdrosselt haben sollte.«
»Erzählen Sie mir von Randolph
Ebhart«, sagte ich beiläufig.
»Was denn von ihm?« Fabians
Augenbrauen hoben sich ein wenig.
»Na, was er für ein Mensch war
— so ganz allgemein.«
Fabian zündete sich mit
übertriebener Sorgfalt eine Zigarette an, dann blickte er wieder zu mir
herüber. »Das ist eine überaus komplizierte Frage, Mavis«, antwortete er leise.
»Für mich hatte er zwei Eigenschaften, die mich vor allen anderen
beeindruckten. Er war ein sehr leidenschaftlicher Mensch, und er besaß einen
sehr ausgeprägten Sinn für Humor.«
»Was Sie da bezüglich der
Leidenschaft sagen, leuchtet mir ein«, meinte ich. »Er und zwei Frauen und
außerdem noch Edwina...«
»Was Sie mich wirklich fragen
wollen, bezieht sich auf den Keller.« Fabian lächelte boshaft. »Nicht wahr? Die
Masken und die Ketten... Es gibt eben Leute, die finden ihre Befriedigung im
Abartigen. Ich bin sicher, Gregory Payton weiß Fachausdrücke dafür und kann das
Wieso und Warum mit vielen Fremdworten erläutern... Randolph gehörte zu diesen
Menschen und Edwina ebenfalls.«
»Sie meinen, daß es ihr Spaß
gemacht hat, da unten zu sein?« sagte ich, und der Gedanke ließ mich schaudern.
»Selbstverständlich«, sagte
Fabian. »Ich möchte sogar glauben, daß sie ursprünglich auch gestern abend gern
in den Keller gegangen ist. Ich neige überdies zur Absicht, daß sie in dem
Augenblick, da sich jene starken Hände um ihren Hals schlossen...« Er schwieg
unvermittelt, und ich hörte, wie jemand ins Zimmer kam. »Darf ich Ihnen noch
einmal nachgießen, Mavis?« fragte Fabian elegant.
»Nein, danke«, erwiderte ich
atemlos.
»Aber mir dürfen Sie etwas
geben«, erklang Carls Stimme hinter mir. »Und wie ist es mit dir, Mr. Limbo?«
»Nein, für mich nichts«, quäkte
Mr. Limbos Gegacker durchs Zimmer. »Ich traue diesem Wicht nicht mal so weit —
ich wette, er braucht nur die Fingerspitzen zu reiben, dann rieselt Arsen heraus!«
Fabian bewahrte sein Lächeln,
aber die Lippen zogen sich zu einer dünnen geraden Linie zusammen. »Als die
Polizei Sie gestern abend verhörte«, sprach er im Konversationston zu Carl, »da
gab es hier eine interessante Diskussion bezüglich Ihres Geisteszustandes. Don
hält Sie natürlich für verrückt. Die einzige gegensätzliche Auffassung äußerte
Payton. Aber Psychiater erkennen Verrücktheit als Fachausdruck nun mal nicht
an, nicht wahr? Sie benutzen statt dessen alle möglichen, recht eindrucksvollen
Fremdwörter mit drei und vier Silben.«
»Der kleine Mann«, sagte Carl
sanft, »der die große Peitsche so dringend nötig hat. Wovor haben Sie sich in
Ihrer Kindheit so erschreckt, Fabian? Vor Ihrem Teddybär?«
Carl ging zur Bar und setzte
Mr. Limbo auf die Theke. Dann sah er Fabian an und lächelte nichtssagend.
»Der Service hier ist
miserabel«, sagte Mr. Limbo plötzlich. »Ich wette, dieser Wicht weiß nicht mal,
wie man einen Drink mixt! Wozu taugt er eigentlich?«
»Er gäbe einen brauchbaren
Briefbeschwerer ab«, antwortete Carl. »In Größe und Gewicht ist er dafür ganz
passend. Wenn wir
Weitere Kostenlose Bücher