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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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gemeinsam zum Frühstück hinuntergingen. Jeanetta bekam einen Teller Brot mit Butter vorgesetzt und verschlang die Bissen wie ein gieriger kleiner Wolf, ohne das Fehlen der Cornflakes zu monieren, die weggesperrt worden waren. Dafür trommelte zu Katherines großer Erleichterung 210
    Jeremy auf seinem Tablett herum, warf sich in seinem Stuhl hin und her und wollte partout nicht essen. Den Aufruhr als Deckung benut-zend, wollte Katherine Jeanetta noch Brot zustecken. »Nein«, sagte David, ohne auch nur den Kopf zu wenden. »Sie ist zu dick.« Jeanetta bestand nicht darauf. Das tat auch ihre Mama nicht, die nur seufzte. Es würde alles wieder gut, alles ging seinen gewohnten Gang.
    Fragte sich nur, wie sie die kommenden Tage verbringen sollten.
    Der Frieden war nur von kurzer Dauer gewesen, hatte sich zu einem Flächenbrand des genauen Gegenteils verkehrt, und das schon Tage vor diesem Treffen mit der kinderlosen Mary, die das ganze Debakel als weiteren Beweis für Katherines Inkompetenz auffassen und wie immer mit Vorwürfen aufwarten würde. Warum ihre Schwester sich nicht nützlich machte? Etwas für das Gemeinwohl tat? Katherine hoffte diesmal regelrecht, daß Mary den üblichen Vorschlag eines Engagements für wohltätige Zwecke machen würde. Sie brauchte dringend andere als nur Hausarbeit, und zu solcher Arbeit könnte sie Jeanetta mitnehmen. Das Mehr an Zuwendung hatte die Tochter nicht gefügiger gemacht, im Gegenteil, sie wurden beide zunehmend gereizter. Jeanettas gedämpfte Stimmung war abrupt umgeschlagen, als sie begriff, daß sie nicht mehr zu den Harrisons durfte. Am Tag nach der ersten Verbannung in den Spielerker hatte sich Jeanetta voller Vorfreude angezogen, war – einen Donald Duck, den roten Umhang und andere unverzichtbare Dinge für den Treck hinüber zu den Harrisons hinter sich her schleifend – die Treppe hinuntergerumpelt gekommen, hatte sich an den Tisch gesetzt und laut und deutlich gefragt, wann sie denn endlich nach nebenan gingen zu Mrs. Harry. »Und Sammy und Mark«, hatte sie der Vollständigkeit halber hinzugefügt. Die Frage hatte sie an die Zimmerdecke gerichtet, den Körper zwar in Davids Richtung geneigt, doch auf Abstand bedacht.
    »Mrs. Harrison ist nicht da«, sagte David kurz und bündig und fütterte Jeremy weiter.
    »Is sie aber! Is sie aber! Is sie aber! Ich hab sie vom Fenster geseht, draußen! Hab ich, hab ich, hab ich aber!« Ihre Empörung nahm hysterische Ausmaße an ob Davids schamloser Lüge.
    »Sei still, Jeanetta, iß dein Brot.«

    211
    »Will nich Brot. Will Cornflakes.«
    »Nein. Du saust nur rum. Und steck dir das Hemd in die Hose.«
    Seine Stimme war kalt.
    »Bitte – bitte, gehen wir zu Mrs. Harry. Bitte.« Sie versuchte es jetzt mit Betteln.
    »Nein.«
    Jeanetta nahm eine Scheibe sparsam mit Butter bestochenes Vollkornbrot und knallte es außerhalb der Zone ihres mit Plastik geschützten Eßplatzes kopfüber auf die Tischplatte, hieb wiederholt darauf ein, zuerst mit dem Handballen, dann mit der Faust. Die Tischplatte aus hartem Edelholz war versiegelt, also unempfindlich, doch neben ihrem Teller hüpften das Besteck und das Glas mit Orangensaft scheppernd auf und ab. »Will aber, will aber, will aber!«
    kreischte Jeanetta und zermalmte das Brot auf dem Tisch. »Will zu Mrs. Harry! Jetzt!« Jeremy kriegte runde Augen, verfolgte das Ganze mit großem Interesse und blies dann den Brei vom Löffel, der ihm vors Gesicht gehalten wurde. Ein Nerv am Hals des Vaters begann zu zucken. Katherine sagte nichts und entfernte rasch die Schweinerei. Jeanetta griff nach der nächsten Scheibe.
    Als sie nun im Lokal mit dem Deckengewölbe und den Gemälden an den Wänden saß, auf Mary wartete und die anderen Gäste beobachtete, die aßen und sich unterhielten, stellte sich Katherine Davids Hand anstelle irgendeiner vor, die sie sah. Seine Hand, die nach dem Brot griff und es außer Reichweite geschoben hatte, seine Stimme, wie sie Ruhe verordnete. Jeanetta hatte Grimassen geschnitten, während sie weiteraßen, hatte sich geweigert, irgend etwas zu essen, entschlossen, eher am Schweigen zu ersticken als sich zu beschweren. Anschließend war Katherine fortgeschickt und Jeanetta im Spielerker eingesperrt worden. Katherine dämmerte es allmählich, wie die Tagesroutine in Zukunft wohl aussehen würde: »Du sollst ja nicht den ganzen Tag zu Hause hocken, Liebling«, hatte David gesagt, ganz zuvorkommend. »Je weniger die Leute über deine Kündigung erfahren, desto

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