Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
Vom Netzwerk:
hatte, angeführt von den Frauen in den dünnsten Kleidern, hatte Appetit geweckt. Katherine steuerte auf 103
    einen kleinen Tisch zu, an dem David vor leergegessenem Teller saß.
    Auf den ihren hatte sie Nizzasalat, Parmaschinkenröllchen auf Melone, drei große Scheiben geräucherte Putenbrust, Salat aus Zuckererb-sen und -mais und, am Rand, eine Ecke wunderbar reifen Brie ge-häuft. Er beugte sich vor und nahm ihr den Teller weg.
    »Katherine, du bist unmöglich«, sagte er leise – fast flehend, wie Monica im Vorbeigehen wahrnahm. Er stocherte mit einer Gabel auf ihrem Teller herum, demonstrierte ihren Leichtsinn. »Du weißt doch, daß du keine Oliven verträgst, ebensowenig wie Sardellen und Brie –
    den schon gar nicht. Du weißt doch, wie schlecht es dir ging, als du mit Jeremy schwanger warst. Das wollen wir doch nicht noch mal durchmachen?«
    Schaudernd erinnerte sie sich an die schlimmen Ausbrüche von Brechreiz, bis sie selbst Wasser nicht mehr hatte bei sich behalten können, und das vierzehn Wochen lang, bis zur Einlieferung ins Krankenhaus, wo sie am Tropf gehangen hatte, mager wie ein Spin-nenbein, bis auf den Leib, der unaufhaltsam anschwoll.
    »Da«, riet er und schob ihr die Schinkenröllchen hin, »iß das. Das kann nicht schaden.« In seinem Tonfall schwang Mißbilligung des Überflusses und der Völlerei der Frauen mit. Katherine spießte die großen Happen auf und kaute brav. Nach der Entdeckung im Badezimmer stand ihr Entrüstung nicht mehr zu. Er hat recht, dachte sie verzweifelt: David hat immer recht. Ihr wurde oft übel. Sie brauchte seine Führung. In allem. Die übrigen Sachen blieben unangetastet auf dem Teller liegen, der auf dem Boden abgestellt wurde. Kurz darauf kam eine große Perserkatze aus dem Garten hereingeschlichen und verschlang die weiße Putenbrust.
    Matilda Mills stieg um halb zehn schwankend aus dem Bus und gelangte nicht ohne Schwierigkeiten an die Wohnungstür. Trotz des lauen Abends machte der Imbiß, der seine eigene Hitzeversion ver-kaufte – zweimal Zwiebel-Bhajia mit Pommes, bitte –, ein Bomben-geschäft. Das erkannte Matilda mühelos an den Dünsten, der langen Warteschlange verlotterter Menschen und dem Würgen von jemandem, der sich davor übergab. Jetzt reichte es aber wirklich! Sie würden gehen, umziehen. Sie mußten hier weg. John würde ihr diesmal einfach recht geben müssen. Sie würde es ihm ein für allemal klar-104
    machen, würde die verdammte Katze die Treppe hinunterwerfen und ihre Sachen packen. Selbst wenn er seine nicht packte. Berauscht von anderthalb Flaschen Wein in der Gesellschaft einiger Kollegen fühlte sie sich zu allem imstande. Sie machte sich an der Wohnungstür zu schaffen, an allen drei Schlössern zugleich, bis ihr wieder einfiel, daß er ja daheim sein mußte und ihr aufmachen würde, wenn sie klopfte.
    Sie klopfte. Trotz des Lichtstreifens unter der Tür tat sich nichts.
    Wutschnaubend drehte sie ihren Schlüssel im Yale-Schloß und stürmte hinein.
    Er war ganz hinten in der Küche, sie mußte erst durch Flur und Wohnzimmer. Ein Gestank lag in der Luft, bei dem sie an Menstrua-tionsblut denken mußte, ein fruchtbar-fauliger, süßlicher Geruch.
    John beugte sich über einen Pappkarton, und an der Hand, die den Rand des Kartons umklammerte, klebte Blut. Sie erschrak fürchterlich: jetzt war er wirklich, endgültig, vollkommen übergeschnappt.
    »Was bist du aber auch für eine Tapfere, was bist du für eine kluge Katze…« Er langte hinunter und hob ein feuchtes, rosa Etwas aus dem Karton, ein so widerwärtiger Anblick, daß Matilda zurückzuck-te. Er hielt sich das zappelnde kleine Ding dicht ans Gesicht und starrte in ein winziges, weit aufgerissenes Maul, beachtete den vom Bauch des Kätzchens baumelnden Rest der Nabelschnur gar nicht weiter. »Oh!« gurrte er, »ihr kleinen Pussis, ihr goldigen, kleinen Pussis. Der Papa wird für euch sorgen, das versprech ich euch, ihr herzigen, goldigen Pussis.«
    Sein bleiches Gesicht strahlte vor liebevoller Hingabe, als er sich jetzt ihr zuwandte, sie begrüßte und ihr auf der ausgestreckten Hand das nackte rosa Ding hinhielt, triumphierend wie eine Hebamme.
    Matilda glaubte, sie müsse sich übergeben.

    105
    7
    »Armleuchter!«
    »So habe ich das nicht…«
    »Hast du wohl!«
    »Ich wollte doch keine Vergleiche anstellen, um Himmels willen.
    Ich habe seit Jahren nicht…«
    »Aber ihr seht euch noch?«
    Claud zögerte und log. Nicht so, wie sie dachte. »Nein«, versicherte

Weitere Kostenlose Bücher