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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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schepperndem Karacho ab, daß Sophie am liebsten geschrien hätte. Sie hatte das Service in allen möglichen Schränken versteckt, um es zu retten, und jetzt waren doch nur noch drei Tassen übrig geblieben. Oje, oje. Einige Gerichtsvollzieher waren netter gewesen als andere. Das Wohnzimmer stand voller Nippes. Nippes konnte man leichter verschwinden lassen: man stopfte die Sachen rasch in einen Ärmel. Oder in den Spülkasten des Aborts, wenn Daddy mal wieder drauf und dran war, alles zum Leihhaus zu tragen. Davids Pokalbecher müßten mal gründlich gereinigt werden. Die Sofaschoner, die Chintzvorhänge, die Stoff-servietten und geblümten Vorhänge hatten weniger Schwierigkeiten bereitet; die wollte niemand haben. In Marys Augen war der Raum hoffnungslos überladen. Zuckerguß. Die ganze schäumende Spitze, Sophies ein und alles. Die eine dachte von der anderen, daß sie ganz und gar unmöglich sei. Sophie konnte sich sehr gut vorstellen, daß kein Mann Mary heiraten wollte.
    »Was hast du, Omachen, war es nicht nett heute mittag?«
    »Nein«, bestätigte Sophie und schüttelte sich auf theatralische Weise. »Nein, wirklich nicht.«
    »Waren die Kinder anstrengend?« fragte Mary mitfühlend.
    »Nein – nein. Ganz und gar nicht.«
    Sie nagte verstört an einem Keks. Ihr war etwas Schreckliches ein-gefallen. David und seine vielen Schlösser… Doch nicht schon wieder! Aber nein, das konnte doch wohl nicht sein. Sie schnappte sich noch einen Keks.
    »Und wann brechen sie bei mir ein? Was glaubst du?« fragte sie, um sich auf andere Gedanken zu bringen.
    »Nie«, meinte Mary kategorisch, die ganzen Schlösser, Riegel, den Spion und die selbst im Sommer fest geschlossenen Fenster vor Augen.
    »Ach Gott, David macht sich solche Sorgen.« Sophie war froh um die Gesellschaft, und zugleich wünschte sie Mary fort. Damit sie die 110
    Unterlagen aus der obersten Schublade des auf antik getrimmten Sekretärs hervorkramen und sich noch einmal vergewissern könnte, daß Daddy wirklich tot war. Sie hatte den versteckten Totenschein hunderte Male gelesen.
    »Weißt du, es geht ja allen so. Daß bei ihnen eingebrochen wird, meine ich. Ich mußte heute wieder daran denken, als Katherine irgend etwas davon erzählte, daß alle ihre Schränke ausgewechselt worden wären oder abgesperrt oder so etwas. Unsinn, natürlich. Unsere Primadonna. Ein unartiges, verzogenes Kind manchmal. Ach, es war schrecklich, sie war gar nicht nett zu mir. Hat behauptet, sie wäre müde. Wovon solltest du müde sein, habe ich sie gefragt. Tust doch nicht viel, oder?« Sophie plapperte vor sich hin. Mary verstand nicht recht, worum es ging, ließ sich aber nichts anmerken und nickte.
    »Jeanetta hatte hübsche neue Sachen an. Aber was sie mit ihrem Haar angestellt haben, ist mir unbegreiflich! Ein gelbes Hemdchen mit rosa Punkten, bei ihrem Teint genau richtig. Und ich habe zu David gesagt: Genau wie du früher, weißt du.«
    »Tatsächlich?« fragte Mary wenig überzeugt. Sie selbst hatte noch nie eine Ähnlichkeit feststellen können.
    »Aber ja. Daddy war so hell, weißt du. Er ist bloß früh ergraut, kurz vor Davids Geburt, glaube ich. Er war ein sehr gutaussehender Mann, am Anfang. Nur ist er sehr dick geworden.«
    »Erzähl mir doch von Daddy. Du hast nie von ihm gesprochen.«
    Sophie schwieg. Sie dachte gar nicht daran. Sie hatte keine Ahnung, wieviel Mary von Daddy wußte. Daddy war ihr und Davids Geheimnis, und nicht einmal miteinander sprachen sie über ihn. Daddy war ein Lügner und ein Dieb und ein gemeiner Kerl gewesen, der sie als Backfisch aus ihrer teuren Privatschule weggeheiratet hatte, als sie rotbackige Piraten noch romantisch und aufregend fand. Jetzt erinnerten sie vor allem Schlösser an Daddy. Daddy hatte sämtliche Tü-
    ren verriegelt, beim letztenmal, um die Gerichtsvollzieher fernzuhalten. Und dann hatte David ihn eingesperrt, als er aus dem Gefängnis gekommen war und wieder damit anfing. Sie erinnerte sich an den furchtbaren Streit, und daran, wie Daddy die Treppe hinuntergefallen 111
    war. Gefallen. Betrunken, hieß es, aber das stimmte nicht. Er hatte seit Tagen nichts gegessen gehabt, geschweige denn getrunken.
    »Ach, weißt du, Daddy war komisch. Er hat alle Sachen von David verkauft, bis David gar nichts mehr hatte. Zweimal.«
    »Wieso?«
    »Wir hatten kein Geld. Frag nicht, wieso.« Frag auch nicht, wie er gestorben ist, wenn’s recht ist. Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten. »Noch eine Tasse

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