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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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er.
    Ein Fehler, sich bei Mary gehenzulassen. Unvorstellbar, daß sich überhaupt ein Mann bei Mary gehenließ – selbst wenn sie nackt war wie vom lieben Gott geschaffen. Mary, mit der er sich Samstag nachmittags paarte – sofern es seine ehelichen Pflichten erlaubten –, war wie der halberinnerte Schatten ihrer Schwester: schlank, stark, leidenschaftlich auf die ihr eigene schroffe Weise, doch ohne Katherines Sensibilität und deren rührendes Verlangen, zu gefallen. Claud bewunderte Mary. Sie hatten einander quasi geerbt und hatten sich –
    zu seiner Überraschung – miteinander arrangiert. Mary nahm sich von einem Mann, was sie brauchte, ungefähr wie eine Mahlzeit. Der einzige Unterschied war, daß er, bei aller Selbstbezogenheit, Katherine gern gehabt, ja manchmal sogar geliebt hatte. Daher seine etwas wehmütige Nachfrage, wie es ihr gehe, daher die Angewohnheit, verstohlen ins Schaufenster des Einrichtungshauses Isaac zu gucken.
    Hör auf mit den Vergleichen, paß auf, was du sagst. Mary hatte sich von ihm weggedreht und krallte sich ins Kopfkissen der anderen Betthälfte. Erst als er ihr den Nacken zu kraulen begann – abgesehen von den offenkundigen ihre einzige erogene Zone –, wandte sie sich ihm zu, schlug das Laken zurück, unter dem sie beide lagen, bestieg ihn und biß ihn leicht in den Hals, nicht allzu fest. Er hoffte, es wür-de keine Spuren hinterlassen. »Mach schon«, forderte sie ihn heraus, faßte ihn an den Schultern und sah mit ernster Miene auf ihn herab.
    Er nahm sie in dieser Stellung. Die Samstagnachmittagssonne sicker-te durch die Baumwollgardinen hinterm Bett und wärmte ihr Gesäß.
    Die Gardinen blähten sich vorm geöffneten Fenster. Er hielt sie, während sie ihn ritt, auch hier den Ton angab, die Dinge immer im 106
    Griff. Sie stieß eigenartige, kleine Tierlaute bar jeglicher Zärtlichkeit aus, nahm ihn zwischen ihren Schenkeln in die Zange und dachte währenddessen: Verdammt, selbst die Scheißgardinen waren von Katherine geerbt. Dann kam sie mit großer Heftigkeit, sackte beinahe sofort danach zusammen und schlief augenblicklich für ein paar Minuten ein. Dann, als sie beide, wie abgesprochen, gleichzeitig erwachten, begann er bereits unruhig zu werden, sich anzuziehen und zum Aufbruch fertig zu machen. Mary nahm seine abrupten Abgänge nicht übel, denn ganz abgesehen davon, daß sie verstand, daß seine Alibi-Frist zu Ende war, hatten sie sich auch herzlich wenig zu sagen.
    »Du willst los?«
    »Ja, ich denke, ich werde dann mal…«
    »Okay, Liebling, wir sehen uns nächste Woche.« Nur der geschäftsmäßige Ton verriet ihre wahren Gefühle. Er schlich auf Zehenspitzen hinaus, als ob sie schliefe.
    Kaum war er jedoch fort, verdammt, schoß sie hoch und wirbelte in der Wohnung herum, rannte gegen Möbel, putzte und räumte wie ein Berserker, wechselte die Handtücher, das Bettlaken, ja, selbst den Badvorleger. Geschafft. Alle Spuren innerhalb von zehn Minuten verwischt. Denn in Wahrheit brauchte sie ihn, in Wahrheit wußte sie, daß er Katherine nachweinte, und sie empfand Groll. Nicht wegen Clauds Ehefrau, scheiß auf die Frau, das war Clauds Angelegenheit, nein, obskurerweise wegen ihrer einzigen Blutsverwandten, ein ungutes Gefühl, das zu analysieren sie nicht geneigt war. Emotionaler Ballast war nichts für Mary, keinesfalls. Um derartige Unordnung machte sie einen Bogen wie um Hundehaufen auf dem Bürgersteig.
    Igitt! Lieber rannte sie wie ein aufgescheuchtes Huhn in ihrer Wohnung herum, suchte sich eine Arbeit, die die Leere dieses späten Samstagnachmittags ohne Verabredungen füllen würde. Und wenn es in der blitzblanken Wohnung nichts zu tun gab, dann mußte eben eine gute Tat getan werden. Alles Katherines Schuld! Warum war sie auch so selbständig geworden nach ihrem Fortgang, schmerzlich.
    Fast nie lud sie Mary ein. Aber sie hatte der Schwester die Unordnung hinterlassen. Mary hatte zu allem anderen einen Liebhaber aufgelesen, und selbst jetzt noch sehnte sie sich danach, sich nützlich 107
    machen zu können, war dankbar zwar für Katherines Erfolg, empfand ihn zugleich jedoch als Verrat. Sie hätte gern jemanden gehabt, der sich auf sie verließ. Sie brauchte es, gebraucht zu werden. Post coitum omne animal triste est, Vergänglichkeits- und Verlustgefühle verstärkten das Verlangen nach Aktivität, nach Kontakt und den hartnäckigen Wunsch, mit jemandem reden zu können. Der Groll gebar einen Einfall. Sie würde Sophie Allendale besuchen, in der sie

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