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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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nicht mit Fremden reden, Spatz.«
    »Warum?«
    »Die beißen manchmal.«
    »Mama, warum hast du geweint?«
    »Ich habe nicht geweint«, log ich. Die Vorstellung des ins Dunkel entweichenden Obdachlosen, ein heimatloser Mensch, der etwas im Schilde führte, beunruhigte mich.
    »Also gut«, meinte Mark und sah mich mit unverhohlener Neugier an, bereit zu glauben, was er lieber hörte. »Aber das nächstemal solltest du mich fragen. Ich mach das schon mit den Wespen, ehrlich.«
    Genug, sage ich, genug, genug, genug. Dafür darfst du drei Kekse haben.

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    Der sommerliche Reigen gesellschaftlicher Verpflichtungen war für manche ein Segen.
    »Da di da… tra la la.«
    Mrs. Sophie Allendale, die zum Babysitten gekommen und jetzt Herrin des Hauses war, empfand ihr unverhofftes Steigen in Sohnes-gunst als berauschend, und zwar in einem solchen Maße, daß sie inmitten einer kleinen, freudigen Pirouette auf den glorreichen Gedanken verfiel, sie könnte ans Telefon eilen und die Clique Hampsteader Witwen, deren mit Würde erduldetes trauriges Los sie zum geeigneten Umgang machte, einladen. Doch dann fiel ihr wieder eine abfällige Bemerkung Davids – oder war es nicht vielmehr Katherine gewesen? – über »Omas Tratschweiber« ein. Sophie war geneigt, die Bemerkung Katherine zuzuschreiben, hörte sie förmlich die Worte äußern. Und rief nicht an. Ein Jammer eigentlich, denn bestimmt könnte sie die Runde überreden, vollzählig einzufallen, ein aufgeregt zwitschernder Schwarm, gern bereit, sich von Sophie mit Davids Spirituosen bewirten zu lassen. Der Köder eines Aperitifs vorweg würde sogar die Vorführung der Enkel ermöglichen, anschließend ein Rundgang durchs Haus, vorausgesetzt natürlich, die Lieben – keine konnte sich eines ähnlich gutsituierten Verwandten wie David rühmen – würden die Treppen bewältigen können. Doch es wurde nichts aus dem großartigen Plan: Sophie gelang es nicht, geeignete Zutaten für Häppchen aufzutreiben, die sie zu den Getränken hätte reichen können. Sehr hübsch wären geräucherte Austern, selbstgebackene Käsestangen und kleine Sardellentoasthäppchen gewesen, wie sie sie als junges Mädchen angeboten hatte – wobei sie sich nicht mehr sicher war, ob nicht Sardellenhäppchen ausschließ-
    lich zum Tee serviert wurden. Ach was, zum Teufel mit solchen Feinheiten, sie wären auch zu Kaffee und Plätzchen in Scharen herbeigeeilt, mußte ja nicht unbedingt Gin und Wermut sein, doch auch erstere waren nicht in ausreichenden Mengen vorhanden. Überhaupt waren in der Küche seit ihrem letzten Besuch grundlegende Änderungen vorgenommen worden, entsprechende Erwähnungen in Tele-fonaten hatte sie wohl vergessen. Jedenfalls waren die meisten Kü-

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    chenschränke abgesperrt. Omasicherung, dachte sie pikiert, bis sie sich erinnerte, daß die Schlösser in erster Linie eine Vorkehrung gegen Einbrecher und nicht sie selbst waren. Was war ihr David doch schlau! Für die Oma stand ein exquisites Nachtmahl bereit: Salat und eine halbe Flasche Wein – im Kühlschrank –, jawohl, sowie eine kleine Anzahl Kekse in einer Porzellandose. Sie hatte die Leckereien bereits zur Hälfte aufgegessen, war dabei um den Eßtisch herumgewandert, um verschiedene Sitzplätze auszuprobieren. Den Wein wollte sie sich für später aufheben, dafür sprach sie dem sehr trockenen Sherry ordentlich zu, wenn sie es auch in der Regel etwas süßer liebte. Zu einem kleinen Intermezzo war sie hinaus in den Garten getrippelt und hatte sich lange mit den Blumen unterhalten.
    »Oh! Was bist du aber auch für eine Hübsche! Sorgt mein Bub auch gut für dich? Und du, du bist eine Spielverderberin, einfach schon Feierabend zu machen und die Augen zu.« Sie summte:
    »Kommt und zündet die himmlischen Lichter an, daß ich lustig mit-schwärmen und spielen kann«, verabschiedete sich von den Blüten –
    »Gute Nacht, meine Lieben, schlaft gut, seid vor Käfern auf der Hut!« – und kicherte beeindruckt ob ihrer poetischen Ader.
    All das hatte Sophie getan, ehe mit Einbruch der Dunkelheit der erste Stern am Himmel und das Bedürfnis nach Gesellschaft sich be-merkbar machten. Sie spielte in der Küche an den Radioknöpfen herum, bis der Raum mit Musik erfüllt war, dann setzte sie sich ans Fenster, bereit, Passanten hoheitsvoll zuzunicken und enttäuscht über das karge Aufgebot junger Männer, die sich ehrfurchtsvoll zum Gruß an die Stirnlocke faßten. Sie rief daher bei Mary Fox an und ließ sich auch vom

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