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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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ihres Büstenhalters war ihr in die Armbeuge gerutscht, die Enten guckten ihr zwischen die gespreizten Altweiberbeine. Und die Enten erst! Was für ein Gezeter, tiefes Basso-profundo-Gequake, aufgeregtes Geschnatter, plötzliche schrille Schreie. Ihr kabbelndes Konzert hatte etwas befremdlich Menschliches. Ich sah den letzten heimkehrenden Ruderbooten zu, die quietschend durch den vom Wasser aufsteigenden Dunst glitten.
    Dann erblickte ich auf der nächsten Bank, an der Stelle, wo der See unter einer Brücke im Tunnel verschwindet, Sebastian.
    Er saß in Hemdsärmeln, Sebastian, der selbst im Winter äußerst selten ablegt. Die letzten Sonnenstrahlen betonten den Rotschimmer seines Haars, ließen die blasse Stirn auflodern. Er saß dort allein und stierte auf die Enten, der wassersüchtige Sebastian, der immer schon hatte am Meer wohnen wollen, aber ich war dagegen gewesen. In die andere Richtung, hinter ihm, entfernte sich eben eine blonde Frau.
    Ob sie von derselben Bank aufgestanden war oder ob ich, die ich mit zusammengekniffenen Augen hinüberspähte, es mir nur einbildete, konnte ich nicht sagen. Vor meinem inneren Auge sah ich die Szene, die sich mir geboten hätte, hätte ich eine Sekunde eher hinüberge-schaut: Ihre langen blonden Haare glitten von seiner breiten Schulter, als sie aufstand. Der goldene Vorhang, den sie jetzt zurückschob hinter die Ohren, während sie den Riemen ihrer Handtasche zurechtrückte. Ein gertenschlankes junges Ding in Elfenbeinweiß. Ein kurzes Kleid von tadellosem Sitz, wie geschaffen für eine Figur wie die ihre. Sebastian, bei einer »Besprechung«.

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    Komischerweise – ich wundere mich selbst – schmerzte mich die Tatsache, daß er dort mutterseelenallein saß, mehr als die mögliche Begleiterin. Ein Mann, der ganz allein irgendwo sitzt und Enten an-starrt, ist ein ziel- und haltlos treibender Mann, ein heimatloses Geschöpf, jeder Würde beraubt außer dem Pathos, das auch einem verlassenen, verlorenen Kind eigen ist. Ich stand daher auf und ging den Weg entlang. In der Hast schleiften meine Sandalen im Kies, einer der Zehenriemen drückte plötzlich, mein Herz war mir in die Füße gerutscht und pochte dort schmerzhaft. Als ich aber näher kam und mich auf die für mich typische Weise räusperte, um ihm ausreichend Vorwarnung zu geben, damit er sich fassen könnte, rührte er sich nicht. Reglos wie der Peter Pan, diese zur Statue gefrorene Bewegung. Als ich nach der Uhrzeit fragte, vernahm ich von dieser Gestalt auf der Bank eine fremde Stimme, fremd wie dieser Mann mit den grobschlächtigen Zügen, dem rötlichen Haar, gewiß, aber dem weniger aristokratischen Haupt, dem häufiger mit Bier und weniger mit Bewegung versorgten Bauch als der meines Gatten. Eine grobe Version, nicht mein Sebastian, nie im Leben. Ein vierschrötiger, widerlicher, schmuddeliger Fremder, in einem billigen Anzug, dessen Falten speckig glänzten wie seine Haut. Seine helleren Augen sahen vollkommen gleichgültig durch mich hindurch, ehe er auf eine unglaublich geschmacklose Uhr blickte. Ich bedankte mich für seine Auskunft und schlurfte schimpfend weiter, vor Erleichterung schwindlig, stolpernd. Ich kam mir unaussprechlich dumm vor. Sebastian verloren auf einer Parkbank, Enten betrachtend! Der doch nicht! Nie im Leben! Und dann mein eigenes Spiegelbild im Wasser, verbraucht, farblos, fett, in mausfarbenen, zerknitterten Kleidern: ich hatte mehr mit der alten Schachtel ohne Schlüpfer und den herunter-gerollten Strümpfen gemein als mit der Frau, deren Busen das Gespräch von Oxford gewesen war, der Nixe dieses anderen Sees in diesem anderen Leben. Verdammt, ich brauchte dringend was zu trinken.
    Ich hätte eben nicht rausgehen dürfen, da sieht man’s wieder, hätte in meinem Arbeitszimmer bleiben sollen bei meinem Taschenrechner, statt mich in die Welt hinauszuwagen, wo alles unberechenbar ist. Ich hätte nicht mit David sprechen sollen. Ich ging heim, mich an 125
    den eigenen Handgelenken festhaltend, die Arme tröstend um die verknitterte Vorderseite geschlungen. Ich vergaß immer wieder, daß es gar nicht Sebastian gewesen war, der dort auf der Bank gesessen hatte, er war es gar nicht gewesen, sondern irgend jemand von ähnlicher Statur, aber gänzlich anderer Person, nicht mein Mann, nein, kein bißchen. Und doch hatte sein Doppelgänger mich in Aufruhr versetzt, die Tränen, die ich beim Gehen mühsam zurückhielt, waren so heiß, als wäre er es gewesen. Noch muß es Katherine

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