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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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ab. Es stieg 156
    ein solcher Zorn in mir hoch bei ihrem Anblick, daß mir beinahe die Luft wegblieb.
    Dann ging ich hinunter und holte mir eine Flasche Gin. Eine ganze.
    Und einen dicken Strohhalm.

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    »Die wachsen, weißt du«, fauchte Matilda. »Die bleiben nicht klein und knuddelig. Und du wirst sie verdammt noch mal unterbringen müssen, solange sie es noch sind! Kat ist schon widerlich genug, aber fünf von der Sorte?« wiederholte sie scharf. »Die werden von Stunde zu Stunde größer und häßlicher, siehst du das denn nicht?«
    Ihr fiel auf, daß Johns Hand zitterte. Sein Kopf wandte sich immer wieder vom Küchentisch ab, wo er sich mit seinen Unterlagen zum Arbeiten niedergelassen hatte, sein Blick wanderte unwillkürlich zum Pappkarton, in dem Kat schnurrte wie ein laufender Motor. Er konnte Hand und Auge immer noch nicht wieder richtig koordinieren und zog es deshalb vor, seine Berichte zu Hause zu schreiben statt während der Arbeit, vor aller Augen. Die bloße Andeutung, ein Arztbesuch könne empfehlenswert sein, hatte er mit Verachtung quittiert. Er wollte sich offenbar nicht helfen lassen.
    »Bitte, Matti, laß gut sein. Das wird schon wieder, ist ja nicht das erstemal, oder?« begleitet von einem stoischen Grinsen, einem fle-hentlichen Friedensappell. Nein, gewiß, nicht das erstemal, daß er Prügel bezogen hatte, bloß fragte sie sich, ob er diesmal mehr abbe-kommen oder einfach betroffener reagiert hatte. Schwer zu sagen.
    »Wieso zeigst du ihn verdammt noch mal nicht an?« hatte sie ge-kreischt, fassungslos angesichts seiner Gleichgültigkeit.
    »Weil nur der zuschlägt, der verzweifelt ist, der gegen die Unterdrückung losschlägt. Opfer haben keine Wahl. Er ist ein Opfer, ich bin ein Opfer, und ich denke gar nicht daran, so ein armes Schwein der Polizei auszuliefern.«
    »Und die Polizisten sind keine Opfer wie? Weil sie Uniformen tragen? Und was ist mit denjenigen, die es gut meinen, die helfen? Zum Beispiel dem, der dich nach Hause gebracht hat?«
    »Ausnahmen, die die Regel bestätigen«, sagte John und schielte wieder zum Katzenwurf im Karton hinüber. »Macht korrumpiert.
    Geld korrumpiert. Uniformen korrumpieren.«
    Matilda gab es auf, knallte ihre Müslischale ins Spülbecken, das nach Kitekat stank, ein penetranter Geruch, dessen Zählebigkeit ihr ein Rätsel war, denn die leeren Dosen wurden auf ihr Geheiß hin 158
    einzeln in Plastik gewickelt und in eine eigene, zweite Plastiktüte gesteckt, ehe sie in den Abfalleimer wanderten. Vielleicht lag’s daran, daß das Katzenfutter die einzig tolerierte Ausnahme bei sonsti-gem striktem Fleischverbot war. Typisch John, dachte Matilda bitter und verspürte eine plötzliche Lust auf Verbotenes und einen wahren Haß auf die gesamte Tierwelt.
    »Ich soll eventuell eine Auszeichnung bekommen«, bemerkte John beiläufig und deutete auf ein Schreiben auf dem Küchentisch. »Für besonders engagierten Einsatz.«
    »Eventuell? Nach so langer Zeit ›eventuell‹? Nach den unzähligen Fällen, die du aufgedeckt hast? Eventuell! Worauf warten die denn noch?« Sie schnappte sich den Brief. »›Auch Sie erhalten aller Voraussicht nach…‹ – als wollten sie Gratisproben Waschpulver verteilen! Na ja«, fügte sie hinzu und ließ den Brief auf den Tisch flattern,
    »du hältst ja sowieso nichts von dergleichen. Nur die Eigenmotivation zählt, hast du doch immer gesagt. Solche Almosen werden nach Willkür, nicht Verdienst verteilt.«
    »Stimmt«, sagte er gelassen, ungerührt abgesehen von einem nervösen Tick unterhalb des einen Auges. »Und trotzdem würde ich mich freuen.« Er schenkte ihr eines seiner seltenen unverstellten Lächeln, breit, ängstlich werbend, die sein ernstes Gesicht jungenhaft werden ließen und die Matilda so verwirrten. Widerwillig erwiderte sie sein Lächeln, haßte sich dafür, daß sie sich erweichen ließ. Doch er hatte sich bereits wieder den Kätzchen zugewandt und übersah die Erwiderung.
    »Miez, Miez, Miez…« Das kräftigste der Jungen krabbelte über den Rand des Kartons, kullerte kopfüber und stakste dann auf unsicheren Beinen auf Johns hingehaltenen Finger zu, den Stummelschwanz steil aufgerichtet wie ein defektes Ruderblatt. »Diese wiegt sich in den Hüften wie ein Model«, ereiferte sich John. »Sieh sie dir bloß an; ich werde sie Kleopatra nennen.« Er zeigte auf den keß der Decke entgegengereckten, wolligen Katzenpo. Die porzellanblauen Augen der kleinen Katze blickten hochkonzentriert drein, die

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