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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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einen herausfordernden Blick zu, hielt den ihren einen Moment gefangen. Die Gestalt unter ihm, bebendes Fleisch, volle Brüste, begann leise zu stöhnen. Er beachtete das kreidebleiche Gesicht seiner Frau nicht weiter, beugte sich wieder über die rosigen, gefangen-gehaltenen Glieder und begann mit noch größerer Kraft sich zu bewegen. Verfolgt von anschwellendem lustvollen Stöhnen, nicht laut, aber in der Stille ohrenbetäubend, floh Katherine die Treppe hinab, faßte nach ihren Schuhen und rannte aus dem Haus – ohne die Tür zu knallen. Sie hätte spucken und um sich schlagen mögen, wollte verschwinden, fliehen, so schnell sie nur konnte. Zu Mary, zu irgend jemandem. Einziger anderer Gedanke unter verfinstertem Himmel: Jennys Verrat. Jenny, die davon gewußt haben mußte. Keine Freunde. Wie konnte ihr Monica das antun? Wie konnte sie nur? Mit ihr lachen und scherzen, essen… allesamt. Der Himmel war schwarz, Gewitterwolken türmten sich.

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    Mrs. Harrison kam gemächlich die Straße herauf gewatschelt, flankiert von Samantha und Jeanetta, mit denen sie plauderte, wie sie es mit Erwachsenen getan hätte, ihnen den neuesten Klatsch erzählte, meckerte, sich nach ihrer Meinung zur Weltlage erkundigte – unabhängig davon, ob sie ihr zuhörten oder nicht. »Tja, ich weiß wirklich nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll«, gestand sie Jeanetta, die ihr hingerissen lauschte, denn alle Stimmen hatten einen hyp-notisierenden Effekt auf das Kind. »Ich weiß es wirklich nicht. Mr.
    Pearson Thorpe kommt nicht mehr nach Hause, obwohl Mrs. Pearson Thorpe so tut, als wäre nichts. Uns kann sie nichts vormachen, meine Süße, wie?« Jeanetta nickte, suchte aber weiterhin mit den Augen die Straße ab. »Meine Mama?« fragte Samantha unbekümmert. Sie hatte aus dem Redestrom ihren Nachnamen herausgehört.
    »Nein, mein Schatz, ganz und gar nicht. Ich spreche von ganz jemand anderem, und außerdem sollte ich aufhören, Selbstgespräche zu führen. Kleine Leute wie ihr haben große Lauscher. Nur«, fuhr sie dann fort, mehr an Jeanetta gerichtet, ihren Liebling, »mein Alter hört mir ja auch nie zu, weißt du? Der sagt bloß, kümmere dich um deinen eigenen Kram, neugieriges altes Waschweib, uns kann es Wurscht sein, solang wir bezahlt werden.«
    »Gerieriges altes Waschweib!« krähte Jeanetta glucksend, außer sich vor Wonne. Jeremy wurde in seinem Wagen von Mrs. Harrison wie ein Schutzschild vorgehalten und in ungleichmäßig ruckendem Tempo angeschoben. »Selten eine so piekfeine Karre gesehen«, bemerkte Mrs. Harrison. »Ein richtiger kleiner Lord Fauntleroy, unser Jem, wie?« Der Kleine wand sich in seinem Sitz, sah zurück und strahlte, die Ohren gespitzt, dann unterbrach ein Niesanfall das Lä-
    cheln. »Schlaues Kerlchen obendrein, dein Bruder«, redete Mrs.
    Harrison weiter, jetzt gedämpft. »Ich kann mir schon vorstellen, wer bei euch Lieblingskind ist. Du sicher nicht, mein Liebchen, was?
    Aber mach dir nichts draus, die Weiber hier in der Nachbarschaft haben sowieso nicht alle beisammen, wenn du mich fragst. Mit Ausnahme meiner Wenigkeit, versteht sich.« Sie lachte. »Warte mal, Jetty, mein Kind, ist das nicht deine Mama? Früher dran als sonst, is’
    erst vier. Sollten sowieso zusehen, daß wir heimkommen, bevor’s anfängt zu regnen.«

    174
    Jeanetta riß sich von dem Grüppchen um den Kinderwagen los und rannte laut kreischend den Gehweg hinunter. »Die Mama, die Mama!
    Mama, Mama, Mama!«
    »Höchstpersönlich«, sagte Mrs. Harrison zu Samantha, die ein wenig zurückgefallen war, jetzt aber aufholte. »Und wem seine Mama sieht aus wie der Tod auf Urlaub, hä? Hat sich wahrscheinlich wieder mal ausgesperrt, dumme Kuh. Genau wie ihre Tochter.« Jeanetta kreischte um so lauter, je mehr sich der Abstand verringerte, tobte voraus und sprang schließlich wie ein junger Hund nach der Mama.
    Mrs. Harrison rief in herzlichem Falsetto: »Nehmen Sie eine Tasse Tee mit uns, Mrs. Allendale? Sie kommen ja früh, heute.«
    Katherine war wie angewurzelt vor der Haustür stehengeblieben, unschlüssig, gegen das Geländer gelehnt, heftig atmend. Sie versuchte sich zu entscheiden, in welche Richtung sie fliehen sollte, konnte sich aber nicht von der Stelle rühren, überlegte, ob sie es über sich brächte, ins Haus zurückzukehren und die Handvoll Münzen aus Jeanettas Rassel zu holen, vielleicht sogar ein paar Kleider. Dann kam ihr, daß sie in ihrer Eile den Haustürschlüssel auf dem Küchentisch hatte

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