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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Church-Street-Markt einkaufte. Es war kein 179
    beklemmendes Schweigen, und doch war Mrs. Harrison ent-
    schlossen, es zu beenden. Ihre Einladung war nicht ohne Hinterge-danken ausgesprochen worden. Sie hatte zwei Anliegen: a) in Erfahrung zu bringen, ob Katherine mehr über Mr. Pearson Thorpes Verschwinden wußte als sie, und, davon abhängig, b) der Nachbarin auf diskrete Weise zu verstehen zu geben, daß sie sich über den Zustand der Frau des abtrünnigen Ehemanns Sorgen machte. Zwar war es Harrison gelungen, das Wesentliche den wieder zusammengesetzten Fetzen des Abschiedsbriefs des Hausherrn zu entnehmen, aber Mrs.
    Harrison hatte ohnehin schon länger mit etwas Derartigem gerechnet: Behandelte ihn Mrs. Pearson nicht wie Luft? Die hatte doch für niemanden Augen als für sich selbst. Noch während sie sprach, wurde ihr, vermittelt durch Katherines unbeteiligten Blick, blitzartig klar, daß ihr Gegenüber von nichts wußte, daß es Katherine gleichgültig war und daß sie sich nur mit Mühe höflichkeitshalber einen gegenteiligen Anschein gab. Mrs. Harrison begriff, daß sie rundheraus reden müßte, was sie äußerst ungern tat. Sie pflegte brisante Themen gegenüber Arbeitgebern oder arbeitgeberähnlich gestellten Gesprächs-partnern lieber nach Art des Krebses anzugehen.
    »Hören Sie, Mrs. Allendale, wir machen uns ein wenig Sorgen, Harrison und ich. Ach, geh raus spielen, Samantha, nimm Heffalump mit in den Garten… Also, Sorgen, wie gesagt. Um Mrs. Pearson. Wir haben den Verdacht, ihr Manne hat sie aus irgendwelchen Gründen verlassen und… na ja, um nicht um den heißen Brei herumzureden, sie guckt seitdem reichlich tief in die Flasche.«
    »Aber nein!« protestierte Katherine. »Das kann doch nicht sein! Sie müssen sich irren. Sie war doch letzte Woche mit im Fitneß-Center.
    Ich hatte nicht den Eindruck…«
    »Nun«, sagte Mrs. Harrison geduldig, »das mag ja alles sein. Aber das war letzte Woche, nicht diese.«
    Katherine setzte ihr strahlendstes Lächeln auf. »Aber er ist doch so ein netter Kerl. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er wirklich gegangen ist. Das hätte sie doch erwähnt. Was sollte sie denn dann auch machen?«
    »Trinken«, brummte Harrison unheilvoll aus den Tiefen seines Sessels. »Trinken und leiden. Was sonst?«

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    »Halt die Klappe, Eric, halt bloß die Klappe.«
    »Er kommt bestimmt wieder«, sagte Katherine beschwörend. »Sie werden sehen. Er ist sicher nur ein paar Tage weg. Dann ist er wieder da, und alles wird wieder gut.« Mit einemmal konnte sie die Richtung, die das Gespräch genommen hatte, nicht mehr ertragen. »Und jetzt müssen wir aber los. Vielen Dank für den Tee.« Ihre Verlegenheit schlug sich in mißbilligend gerunzelten Brauen nieder, ihre Ver-abschiedung war eine eiskalte Abfuhr. Sie sah sich selbst wie aus großer Entfernung, betete die Lektionen, die sie zur Lunchzeit gelernt hatte, herunter, errichtete mit ihren Worten eine Mauer gegen Vertraulichkeiten und unwillkommene Informationen. Beidem war sie nicht gewachsen. Im blank geschrubbten Email des alten Herds spiegelte sich Davids herausfordernder Blick, und, als sie das Bild verscheuchte, nahmen die dunkleren Augen des verzweifelten kleinen, über die Kinderkarre fallenden Obdachlosen seine Stelle ein.
    Dann sah sie, noch deutlicher, Susan Pearson Thorpe, mit der sie sich so lange vergeblich anzufreunden bemüht hatte, unbeholfen im Gymnastikstudio herumtorkeln wie eine dicke, blaue Schmeißfliege.
    Sie bildeten ein tanzendes Trio – Bettler, verlassene Ehefrau und sie selbst, der Ähnliches drohte, ein Bild des Jammers, gegen das nur Verdrängung half und die Abwehr jedes weiteren Wissens. Jeanettas Gesicht tauchte in der Tür zum Garten auf. Als die Hoffnung auf einen Aufschub enttäuscht wurde, erschienen Kummerfalten auf ihrer Stirn, und sie begann zu heulen, als sie die unruhige Aufbruchs-stimmung mitsamt ihren peinlichen Untertönen bemerkte. Mrs. Harrison war zutiefst gekränkt: Katherine hatte ihr Vertrauen zurückge-wiesen, hatte sie abblitzen lassen. Sie setzte polternd Teetassen ab.
    »Vielen Dank noch mal, war wirklich köstlich.« Hohle Echos, unterkühlte Lippenbekenntnisse von Katherine, dem »braven Kind«.
    »Schon gut«, meinte Mrs. Harrison kurz angebunden, stocksteif vor Groll. »Nicht der Rede wert, gern geschehen.«
    Sie schauten ihr nach.
    »Eingebildete Zicke«, knurrte Mrs. Harrison. »Eingebildetes Flittchen!«
    »Aber meine Liebe«, protestierte er schwach.
    »Ist doch

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