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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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zuzwinkerte statt einen zu blenden. Ein atemberaubend schönes, stilvoll verhaltenes Stück. Katherine ließ ihren Löffel fallen und ging hinüber, um es aus der Nähe zu betrachten.
    »Meins!« erregte sich Jeanetta und wollte ihrer Mutter das Gold aus der Hand reißen. »Meins! Hab ich gefunden!«

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    »Wo denn?«
    »In Jeremys Karre. An der Seite.«
    »Hast du es dorthin gelegt?«
    »Nein. Warum?«
    Die Halskette schimmerte matt auf ihrer Handfläche, als sie das schwere Gold ans Licht hielt. Als Voyeurin des Schönen, als Motte des Lichts der Schaufenster der Goldschmiede, suchte Katherine automatisch nach den Gütezeichen, schloß aus der dezenten Brillanz der Diamanten ihre Echtheit.
    »Wo? Wo sagst du?« fragte sie Jeanetta abermals.
    »Schiebekarre!« brüllte Jeanetta. »Sag ich doch!«
    Katherine ließ sich neben ihrer Tochter in die Hocke fallen. »Hast du das irgendwo weggenommen?«
    »Nein, nein, nein!« Die Kleine war verwirrt, verunsichert durch den erschrockenen Tonfall der Mutter. »Mag es gar nicht«, fügte sie als Erklärung hinzu. Katherine befiel nackte Panik, ein Kloß würgenden Schuldgefühls stieg ihr in den Hals, die Kette brannte ihr in den Fingern. Schlimmer als die ganzen Spielzeuge, die Jeanetta
    »fand«, weit, weit schlimmer.
    »Wir wollen das lieber verstecken«, sagte sie rasch. »Erzähl es nicht dem Papa…«
    »Erzähl was nicht dem Papa?«
    Sie machte einen Satz, als seine Stimme dicht hinter ihrem Nacken sprach, stopfte die Halskette hastig in die Hosentasche, doch er griff sanft nach ihrem Handgelenk, zog die Hand wieder hervor, beäugte die Kette.
    »Ich könnte mir vorstellen«, sagte er, »daß unsere werte Nachbarin Mrs. Susan Pearson Thorpe das gute Stück vermissen wird. Früher oder später. Sie hat es doch getragen, als sie das letzte Mal bei uns war, erinnerst du dich nicht mehr? Hübsches Spielzeug.«
    »Sie lag in der Karre«, stotterte Katherine, »der Kinderkarre. In die Ritze gerutscht. Jeanetta hat sie gefunden. Irgend jemand muß sie dort hingesteckt haben.«
    »Ja, das muß wohl jemand.« David sah sie kopfschüttelnd an.
    »Ach, Süße, was mache ich nur mit euch beiden? Wie die Mutter, so die Tochter.«

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    Sie hatten ihm doch von der Sache mit dem Obdachlosen erzählt, seinem Eindringen ins Haus! Er hatte von Katherine auch Mrs. Harrisons Version der Geschichte des entlaufenen Ehemanns und der dem Alkohol übermäßig zusprechenden verlassenen Ehefrau gehört, hatte diese Informationen sorgfältig gespeichert, nur gewisse Abstri-che für Übertreibungen gemacht. Doch nun schien er sich lediglich daran erinnern zu können, daß Katherine nebenan Tee getrunken hatte.
    »Erzähl mir doch nichts von wegen ›irgend jemand‹, eine von euch beiden hat die Kette mitgehen lassen, du oder dieses kleine Ungeheuer. Ihr wart beide in Susan Pearsons Abwesenheit im Haus. Ist doch glasklar. Da bist du das erstemal in zwei Wochen bei ihr drü-
    ben, und was passiert? Eine goldene Halskette macht sich selbständig.«
    »Aber ich war doch nur im Souterrain!«
    »Nicht mal kurz auf dem Klo, vielleicht?«
    »Ich erinnere mich nicht«, flüsterte sie. Wie oft trog sie ihr Ge-dächtnis in letzter Zeit. Sie wußte es einfach nicht, konnte sich nicht erinnern, was sie im einzelnen getan hatte.
    »Das glaube ich dir, mein Schatz. Du kannst nichts dafür, nicht?
    Ebensowenig wie Jeanetta, die auch nicht zimperlich ist mit anderer Leute Schlafanzügen oder Puppen. Was soll ich denn jetzt machen?
    Die Polizei rufen? Oder stehenden Fußes nach nebenan gehen und fragen, wer deine Geschichte glaubt?«
    Schweigen. Katherine dachte an den frostigen Abschied, an Mrs.
    Harrisons bitter enttäuschte Augen. David legte die Kette aufs Schneidebrett, wo das Gold vor Schnittlauchgrün glühte.
    »Sie bleibt auf?« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf Jeanetta.
    »Sie hat noch nicht gegessen.«
    Die häßlichen Gedanken über David, die ihr durch den Kopf gegangen waren, machten Katherine jetzt hilflos defensiv, fast weiner-lich.
    »Also gut«, seufzte er. »Soll ich hier weiterhacken?« Er machte sich mit der Routiniertheit eines Meisterkochs über den Schnittlauch her, die Messerklinge flackerte neben den goldenen Kettengliedern.
    Ganz beiläufig ließ er die Kette in seine eigene Hosentasche gleiten, 187
    eine gedankenverlorene Geste, und hackte weiter. Katherine goß die Kartoffeln ab und gab einen Schuß Sahne und einen Tropfen Alkohol an die Garnelen. Jeanetta krabbelte auf ihren

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