Im Königreich der Frommen (German Edition)
News“, der „Saudi
Research & Publishing Company“. Vorstandsvorsitzender des
Verlages ist ein Sohn Prinz Salmans, des Kronprinzen. Laut dem
Bericht der US-Botschaft sei es jedoch ein offenes Geheimnis, dass
Prinz Salman die „Saudi Research & Publishing Company“
durch seinen Sohn kontrolliere.
Die „Arab
News“ druckt jeden Tag fast dasselbe Foto: Al Walid auf der
Couch in seinem Arbeitszimmer mit einem austauschbaren Minister,
Botschafter oder Unternehmenschef irgendeines Landes – Leute,
die wollen, was alle wollen, die ins Königreich kommen: das
saudische Geld.
Die „Arab
News“ hat in zwei Emails an die Pressestelle der „Kingdom
Holding Group“ auf die Medienberichte über den geplanten,
eine Meile hohen Turm und das Dementi des Architekturbüros
hingewiesen. Die Antwort auf die Bitten um einen Kommentar war
aufschlussreich: Es gab keine. Wenn die „Kingdom Holding
Group“ nicht die Quelle des Berichts in den „Gulf News“
war, so schien sie doch zumindest keine Notwendigkeit zu sehen, die
„Internet-Legende“ richtig zu stellen. Ein paar Monate
später hieß es, die „Kingdom Holding Group“
plane einen Wolkenkratzer von nur noch etwas mehr als 1.000 Metern
Höhe.
U ngeachtet
der Tatsache jedoch, ob der Riesenturm in Dschidda je gebaut wird,
boomt der saudische Bausektor. Die Zahlen für schon geplante
Baumaßnahmen sind riesig. Die saudische Handelskammer schätzt,
dass die Bauwirtschaft des Landes im Jahr 2012 Projekte im Wert von
138 Milliarden US-Dollar verwirklichen wird. Und die saudische
Regierung allein plant, in den nächsten fünf Jahren
Infrastruktur- und Baumaßnahmen im Wert von 400 Milliarden in
Auftrag zu geben – zum Großteil Wohnhäuser, aber
auch Straßen, Brücken und Bahnen.
Zwar wachsen auch
die beiden anderen saudischen Ballungszentren Dschidda und die
Drei-Stadt Dahran-Dammam-Al Khobar, aber am deutlichsten ist der
Bauboom in Riad zu spüren und zu sehen.
Die Drei-Stadt
Dahran-Dammam-Al Khobar am Persischen Golf hat nach den ersten
Erdölfunden in der Ost-Provinz in den dreißiger Jahren
ein enormes Wachstum erlebt, und Dschidda blickt auf eine lange
Geschichte als Handelszentrum und Hafen am Roten Meer und als
Ankunftsort für die Pilgerfahrt nach Mekka zurück. Im
Vergleich zu Riad wirkt Dschidda jedoch eng und seine Hochhäuser
alt und ein bisschen heruntergekommen.
Da in Saudi Arabien
alles von Investitionen aus dem staatlichen Sektor abhängt, ist
es die Hauptstadt, die am wildesten wächst. Im Vergleich zu
Dschidda und Dahran-Dammam-Al Khobar wirkt Riad wie ein
Ameisenhügel.
Nach Voraussagen
der saudischen Regierung soll die Hauptstadt im Jahr 2015 ihre
Einwohnerzahl von augenblicklich fünf Millionen verdoppelt
haben. Experten sagen, dass ein Wachstum von fünfzig Prozent
auf 7,5 Millionen Einwohner realistischer erscheint. Die sprunghafte
Ausdehnung der Stadt ist jedoch an allen Enden zu sehen.
Ich wohnte in
Kurtopa, einem Viertel am Nordost-Rand Riads, in dem vor allem
Einfamilienhäuser gebaut werden. Wenn ich durch eine Straße
fuhr, die ich nur zwei, drei Wochen nicht gesehen hatte, passierte
es mir öfter, dass ich zögerte. Ich blieb stehen und
schaute mich um. War das wirklich dieselbe Straße? Es ist mir
öfter passiert, dass ich sie nicht erkannte, so schnell
schossen die Bauten an ihrem Rand aus dem Boden.
Am Südwestrand
von Riad habe ich ein neues Viertel gesehen, noch bevor die
Bauarbeiten begannen. Ein neue, breite, kerzengerade Straße
führte hinaus in die Wüste, scheinbar ins Nirgendwo. Links
und rechts von ihr bogen im absolut rechten Winkel kleinere Straßen
ab, auch sie ins Nirgendwo. Kein Gestrüpp, kein Strauch, kein
Baum war zu sehen, aber in der weiten Ebene, auf beiden Seiten der
Straße, waren auf dem Sand in geometrisch geraden Rechtecken
kleine Steinblöcke ausgelegt. Kilometerlang. Sie zeigten genau
an, wo später die Grundstücksmauern stehen würden.
Es waren noch keine
Baumaschinen zu sehen. Keine Menschen. Und keine Tiere. Noch nicht
mal der Müll der saudischen Zivilisation, der sonst bis in
jeden Winkel der Wüste vorgedrungen ist. Nur ein wie von
Geisterhand über die Wüste ausgelegtes Netz von virtuellen
Grundstücken.
Dort würden
bald Häuser draufgestellt werden. Ein paar Strommasten würden
Elektrizität bringen. Ein Mobilfunknetz gab es schon jetzt. Um
Riad herum reicht es bis weit in die Wüste. Mehr brauchte es
nicht. Eine Kanalisation war nicht vorgesehen. Die Häuser
brauchten ihre eigenen
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