Im Koenigreich der Traeume
eingearbeitet waren, an den Schultern befestigt. Jennys Haar flutete über den Rücken und schimmerte wie das Gold und die Rubine.
»Cremeweißer Samt...« sagte Tante Elinor lächelnd und breitete die Arme aus. »Ausgesprochen unpraktisch, mein liebes Kind, aber wunderschön. Beinahe so schön wie du selbst...«
Jenny warf sich in ihre Arme. »O Tante Elinor, ich bin so glücklich, dich zu sehen. Ich hatte schon Angst, du kämst nicht...«
Brenna lief zur Tür, weil jemand angeklopft hatte, dann drehte sie sich zu Jenny um. Ihre Worte unterbrachen grausam Jennys freudige Begrüßung. »Jenny, Papa wünscht, daß du nach unten in die Halle gehst. Die Urkunde ist von den Engländern bereits unterzeichnet worden.«
Wellen des Entsetzens schlugen über Jenny zusammen, ihr Magen verkrampfte sich, und die Farbe wich aus ihrem Gesicht. Tante Elinor hängte sich bei Jenny ein, und in dem offensichtlichen Bestreben, sie von dem abzulenken, was jetzt auf sie zukam, zog sie ihre Großnichte sanft zur Tür und beschrieb fröhlich die Szene, die sie in der großen Halle erwartete.
»Du wirst deinen Augen nicht trauen, wenn du siehst, wie viele Menschen da sind«, schwatzte sie eifrig, weil sie irrtümlich annahm, daß die Menschenmenge Jennys Angst vor der Konfrontation mit ihrem zukünftigen Ehemann mildem würde. »Dein Papa hat hundert bewaffnete Männer auf einer Seite der Halle postiert, und er « - mit dem hochmütigen Schnauben machte sie deutlich, daß >er< der Schwarze Wolf war - »hat mindestens ebenso viele Ritter mitgebracht, die auf der gegenüberliegenden Seite stehen und eure Leute nicht aus den Augen lassen.«
Jenny stakste steifbeinig den langen Korridor entlang. Bei jedem Schritt hatte sie das Gefühl, es wäre ihr letzter. »Das klingt«, sagte sie nervös, »als würden sie sich auf eine Schlacht vorbereiten, nicht auf eine Trauung.«
»Ja, aber ganz so ist es nicht. Es sind mehr Adlige anwesend als Ritter. König Jakob muß seinen halben Hofstaat als Zeugen der Zeremonie nach Merrick geschickt haben, und natürlich sind auch alle Clansführer aus der näheren Umgebung gekommen.«
Jenny machte noch ein paar unbeholfene Schritte. »Ich habe ihre Ankunft heute morgen beobachtet.«
»König Heinrich möchte diese Hochzeit offensichtlich zu einem ganz besonderen Fest machen, denn es sind viele Vertreter der englischen Aristokratie da, und ein paar von ihnen haben sogar Damen mitgebracht. Ein eigenartiger Anblick - Schotten und Engländer in Samt und Seide in ein und demselben Raum ...«
Jenny nahm die kurze, steile Steintreppe, die sich in die Halle hinunterwand, in Angriff. »Es ist so still da unten«, stellte sie zittrig fest und spitzte die Ohren. Ein paar gedämpfte männliche Stimmen, vereinzeltes Hüsteln, das aufgeregte Lachen einer Frau - mehr war nicht zu hören. »Was tun sie alle?«
»Ach, sie beäugen sich kühl und kritisch«, erwiderte Tante Elinor vergnügt, »oder sie tun so, als wären die anderen gar nicht da.«
Jenny kam um die letzte Biegung am Fuß der Treppe. Sie blieb einen Augenblick stehen, um sich zu beruhigen, und biß sich auf die bebende Unterlippe. Schon im nächsten Augenblick warf sie trotzig den Kopf in den Nacken, reckte das Kinn und marschierte weiter.
Völliges Schweigen senkte sich über die Halle, als Jennifer auftauchte, und das Schauspiel, das sich ihr bot, war ebenso unheilvoll wie die Stille. Fackeln brannten in den Haltern an den Steinwänden und warfen zuckendes Licht auf die feindselige Festgesellschaft. Bewaffnete Männer hatten steif und wachsam rundherum Aufstellung genommen; Ladies und Lords standen nebeneinander - die Engländer auf der einen, die Schotten auf der anderen Seite, wie Tante Elinor es geschildert hatte.
Aber nicht die Gäste waren die Ursache dafür, daß Jennys Knie mit einemmal unkontrolliert zitterten, sondern die große, mächtige Gestalt, die abgesondert von allen mitten im Saal stand und ihr mit stählernem, funkelndem Blick entgegensah. Wie ein drohendes Schreckgespenst türmte er sich in seinem weinroten mit Zobelpelz besetztem Umhang vor ihr auf und strahlte eine solche Kraft und Gewalt aus, daß selbst seine Landsleute einen Sicherheitsabstand zu ihm hielten.
Jennifers Vater, flankiert von zwei Wachmännern, trat vor, um ihre Hand zu ergreifen. Der furchteinflößende und arrogante Wolf hingegen hatte keine Beschützer nötig - sein Blick machte deutlich, wie sehr er den armseligen Gegner verachtete. Der Earl of Merrick zog
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