Im Koenigreich der Traeume
habt?«
»Ja, eskortiert «, wiederholte er erleichtert und atmete befreit auf.
Gawin, Royces junger Knappe, war der letzte, der ihr als seiner neuen Herrin offiziell seine Dienste anbot. Er war offensichtlich zu jung und zu idealistisch, um dem Beispiel der älteren, erfahreneren Ritter zu folgen, die nonchalant über Vergangenes hinweggegangen waren. Daher sagte er, nachdem er sich verbeugt und ihre Hand geküßt hatte, mit kaum verhohlenem Groll: »Mylady, ich vermute, Ihr wolltet nicht wirklich, daß wir frieren, als Ihr unsere Decken zerschnitten habt.«
Diese Bemerkung wurde mit einem harten Stoß in die Rippen von Sir Eustace geahndet, der an Jennys Seite geblieben war. Er rügte den Jungen entrüstet: »Wenn das deine Auffassung von Galanterie und Ritterlichkeit ist, dann wundert es mich nicht, daß Lady Anne ein Auge auf Roderick und nicht auf dich geworfen hat.«
Bei der Erwähnung von Roderick und Lady Anne verfinsterte sich die Miene des Jungen, und er sah sich aufgebracht im ganzen Saal um. Gawin entschuldigte sich hastig bei Jennifer und stürmte auf eine hübsche Brünette zu, die mit einem jungen Mann ins Gespräch vertieft war, den Jenny nicht kannte, der ihr aber eher streitlustig erschien als galant und ritterlich.
Royce sah dem Jungen nach, dann wandte er sich belustigt an Jennifer. »Gawin ist über beide Ohren in dieses hübsche Mädchen verliebt, und offenbar hat er viel von seinem Verstand eingebüßt.« Er bot ihr seinen Arm und setzte hinzu: »Kommt, ich möchte Euch unsere anderen Gäste vorstellen, Mylady.«
Die Angst vor der Begegnung mit den Männern, die nicht durch einen Treueeid an Royce gebunden waren, wurde während der nächsten zwei Stunden, in denen sie einen nach dem anderen kennenlernte, vollkommen zerstreut. Die unerwartet klaren Worte, die Royce auf der Treppe im Burghof an seine Leute gerichtete hatte, waren augenscheinlich inzwischen allgemein bekannt geworden - selbst die Gäste, die aus den benachbarten Burgen gekommen waren, hatten davon gehört -, und obwohl Jenny hin und wieder einen unfreundlichen Blick erntete, versteckten alle ihre wahren Gefühle hinter einem höflichen Lächeln.
Nachdem sie ihren Rundgang beendet hatten, bestand Royce darauf, daß Jennifer etwas zu sich nahm. An dem erhöht stehenden Tisch gab es für die Frischvermählten weitere fröhliche und vergnügte Unterhaltungen, die nur von den grellen Trompetenstößen unterbrochen wurden, welche jeden neuen Gang, der aus der Küche gebracht und serviert wurde, ankündigten.
Tante Elinor war in ihrem Element - mehr als dreihundert Menschen befanden sich in diesem Saal, und allen konnte sie eine Geschichte erzählen, die ihr am Herzen lag. Trotzdem wurde sie am häufigsten in der Nähe ein und derselben Person gesehen, und diese Person war niemand anderes als Arik. Jenny beobachtete die ältere Dame amüsiert und wunderte sich, daß sie ausgerechnet von dem einzigen Menschen, der keinerlei Lust verspürte, Konversation zu treiben, derart fasziniert war.
»Erfüllt das Essen Eure Erwartungen, Mylord?« erkundigte sich Jenny und drehte sich zu Royce um, der sich gerade ein zweites Mal von dem gebratenen Pfau und dem gefüllten Schwan nahm.
»Es ist annehmbar«, erwiderte er mit leicht gerunzelter Stirn. »Aber ich hätte eigentlich weit bessere Kochkünste unter Prishams Aufsicht erwartet.«
Gerade in diesem Moment erschien der Haushofmeister persönlich hinter Royce, und Jenny sah Albert Prisham zum erstenmal.
»Ich fürchte, mein Hauptinteresse gilt nicht der Zubereitung des Essens, Euer Gnaden«, erklärte er förmlich, und nach einem Blick auf Jennifer fuhr er fort: »Eine klare Brühe und ein mageres Stück Fleisch stellt mich gänzlich zufrieden. Wie auch immer, ich denke, Eure Gemahlin wird sich ab jetzt um die Küche kümmern und Menüs und Rezepte zubereiten lassen, die Euch besser munden.«
Jenny, die noch nie etwas mit Kochen zu tun gehabt hatte und kein einziges Rezept kannte, schenkte dieser Bemerkung keinerlei Beachtung - sie hatte vollauf damit zu tun, die Abneigung, die sie vom ersten Augenblick an gegen diesen Mann hegte, zu verbergen. Der dünne, fast magere Kerl trug eine goldene Kette um die Taille und hatte einen weißen Stab in der Hand - die äußeren Zeichen für seine gehobene Stellung in diesem Haushalt. Seine Wangenknochen hoben sich scharf unter der blassen, fast durchsichtigen Haut ab. Aber diese Äußerlichkeiten nahmen Jenny nicht gegen ihn ein - viel eher
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