Im Koenigreich der Traeume
störte sie sein eiskalter, berechnender Blick, mit dem er seine Umgebung betrachtete.
»Ich hoffe«, fuhr er fort, indem er Royce mehr Respekt, aber sicherlich nicht mehr Herzlichkeit als Jennifer zeigte, »daß heute abend alles, mit Ausnahme der Speisen, zu Eurer Zufriedenheit arrangiert wurde.«
»Es ist großartig«, entgegnete Royce, dann schob er seinen Stuhl zurück. Auf der anderen Seite des Saales hatten die Gäste mit dem Tanz begonnen. »Wenn es Euch morgen gut genug geht, würde ich gern die Bücher durchgehen, und übermorgen möchte ich die Ländereien sehen.«
»Wie es Euch beliebt. Euer Gnaden, aber übermorgen ist der dreiundzwanzigste, und das ist gewöhnlich der Tag, an dem Gericht gehalten wird. Wünscht Ihr, daß der Gerichtstag verschoben wird?«
»Nein«, sagte Royce ohne Zögern. Er legte die Hand unter Jennifers Ellbogen und deutete so an, daß sie sich erheben sollte. »Ich bin sehr interessiert daran, zu verfolgen, wie ein solcher Tag abläuft.«
Mit einer tiefen Verbeugung vor Royce und einem knappen Nicken in Jennifers Richtung zog sich Sir Albert Prisham zurück. Er ging, auf seinen Stab gestützt, langsam in sein Zimmer.
Als Jenny begriff, daß Royce sich den Tänzern anschließen wollte, wich sie zurück und sah ihn ängstlich an. »Ich habe bis jetzt so gut wie nie getanzt«, gestand sie. Sie beobachtete die sich drehenden, schwungvollen Tänzer und versuchte, sich die Schrittfolgen zu merken. »Vielleicht sollten wir doch lieber nicht tanzen, wenigstens nicht jetzt gleich, wenn so viele ...«
Royce lächelte und zog sie fest in seine Arme. »Halt dich einfach an mir fest«, sagte er und wirbelte sie geschickt herum. Jenny spürte sofort, daß er ein ausgezeichneter Tänzer war und ein noch besserer Lehrer - schon beim dritten Tanz drehte sie sich und hüpfte und sprang genauso gekonnt wie alle anderen. Sie tanzten noch lange, aber dann kam Stefan Westmoreland und forderte sein Recht auf einen Tanz, nach ihm kamen Sir Lionel, Sir Godfrey und alle anderen Ritter zu Jennifer und wirbelten sie herum.
Atemlos und lachend schüttelte Jenny den Kopf, als Sir Godfrey ein zweites Mal auf sie zuging. Royce, der zuerst mit ein paar anderen Ladys über die Tanzfläche geglitten war, hatte die letzte halbe Stunde ein wenig abseits gestanden und sich mit einigen Gästen unterhalten. Jetzt tauchte er an Jennifers Seite auf, als hätte er gespürt, daß sie erschöpft und außer Atem war.
»Jennifer muß sich ein wenig ausruhen, Godfrey.« Er deutete mit dem Kinn auf Gawin, der offenbar in ein Streitgespräch mit dem Ritter namens Roderick verwickelt war - in Gegenwart von Lady Anne -, und setzte trocken hinzu: »Ich schlage vor, daß du lieber erst Lady Anne zum Tanz bittest, bevor Gawin eine Dummheit macht, um ihr zu imponieren. Ich fürchte, wenn sich die Situation weiter zuspitzt, beschwört er noch einen Zweikampf mit Roderick herauf, bei dem er getötet werden könnte.«
Sir Godfrey machte sich bereitwillig auf den Weg zu der fraglichen Dame, um sie auf die Tanzfläche zu führen. Royce begleitete Jenny in eine ruhige Ecke, reichte ihr einen Weinkelch und schirmte sie vor den Blicken der anderen ab, indem er sich vor ihr aufbaute und die Hand neben ihrem Kopf an der Wand abstützte.
»Ich danke dir, Royce«, sagte sie. Ihr leicht gerötetes Gesicht strahlte vor Freude, und ihre Brust hob und senkte sich heftig. »Ich brauche wirklich eine kleine Verschnaufpause.«
Royces Blick glitt bewundernd über das rosige Fleisch, das der viereckige Ausschnitt ihres Mieders freigab, und bewirkte so, daß Jenny noch aufgeregter und unruhiger wurde.
»Du bist ein ausgezeichneter Tänzer«, sagte sie unsicher. »Wahrscheinlich hast du oft bei Hof getanzt.«
»Und auf dem Schlachtfeld«, ergänzte er mit einem entwaffnenden Grinsen.
»Auf dem Schlachtfeld?« wiederholte sie verblüfft.
Er nickte, und sein Lächeln wurde noch breiter. »Du mußt einmal einen Krieger genau beobachten, wenn er Pfeilen und Lanzen ausweicht - du wirst die tollsten Tanzschritte und eine erstaunliche Fußarbeit sehen.«
Daß er über sich selbst lachen konnte, erwärmte Jennys Herz, das ohnehin schon durch einige Becher Wein und die ausgelassenen Tänze nachgiebiger und zugänglicher war als vor dem Fest. Ein wenig befangen wandte sie den Blick ab und entdeckte Arik, der nur wenige Meter weit weg stand. Anders als die anderen, die lachten, aßen, tranken oder tanzten, hatte er sich mit vor der Brust verschränkten
Weitere Kostenlose Bücher