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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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sie lebend, weil ich sie morgen befragen möchte.«
    Ich brauche sie lebend, weil ich sie morgen befragen möchte ... Die Worte hallten in Jennys gequältem Geist wider, als sie neben der armen Brenna in einem Zelt auf dem Boden lag. Ihre Handgelenke und Füße waren mit Lederriemen zusammengebunden. Sie starrte durch das Loch in der Mitte des Zeltes in den wolkenlosen Sternenhimmel und überlegte, welche Fragen ihr der Wolf wohl stellen wollte, als die Müdigkeit Oberhand über ihre Furcht gewann. Welche Folterwerkzeuge konnte dieser Unmensch einsetzen, um Antworten zu erzwingen? Und welche Antworten wollte er hören? Jenny war ganz sicher, daß ihr Leben mit dem morgigen Tag sein Ende finden würde.
    »Jenny?« flüsterte Brenna aufgeregt. »Du glaubst doch nicht, daß er uns morgen tötet, oder?«
    »Nein«, log Jenny, um die Schwester zu beruhigen.

Kapitel drei
    Das Lager des Wolfs erwachte zum Leben, bevor die letzten Sterne verblaßten. Jenny hatte während der ganzen Nacht kaum eine Stunde geschlafen. Sie lag zitternd unter ihrem dünnen Umhang und starrte durch das große Rauchabzugsloch in der Zeltmitte in den tintenblauen Himmel, dabei bat sie Gott abwechselnd um Verzeihung für ihre vielen Verfehlungen und flehte ihn an, die arme Brenna zu verschonen und ihr die unausweichlichen Konsequenzen von Jennys törichter Entscheidung, in der Dämmerung auf den Hügel zu gehen, zu ersparen.
    »Brenna«, flüsterte sie, als das Treiben der Männer draußen lauter wurde und das Lager vor Geschäftigkeit summte, »bist du wach?«
    »Ja.«
    »Wenn der Wolf uns ausfragt, dann laß mich die Antworten geben.«
    »Ja«, hauchte Brenna wieder mit verzagtem Stimmchen.
    »Ich habe keine Ahnung, was er wissen will, aber höchstwahrscheinlich geht es um etwas, das wir ihm lieber nicht erzählen sollten. Vielleicht kann ich erahnen, warum er eine Frage stellt und ihn dann irgendwie auf die falsche Fährte bringen.«
    Das erste Licht hatte den Himmel gerade mit rosenfarbenen Streifen überzogen, als zwei Männer ins Zelt kamen, um die Fesseln der Gefangenen zu lösen und ihnen ein paar Minuten in der Abgeschiedenheit des Dickichts am Rande der Lichtung zu gönnen. Danach befestigten sie die Lederriemen wieder an den Händen der beiden Frauen und führten Brenna weg.
    »Wartet«, rief Jenny entsetzt, als sie ihre Absichten durchschaute, »nehmt mich mit - bitte! Meine Schwester ist... äh ... ihr ist nicht gut.«
    Einer der Männer, ein mindestens zwei Meter großer Hüne, der nur der legendäre Koloß mit Namen Arik sein konnte, bedachte sie mit einem vernichtenden Blick und machte sich wortlos auf den Weg. Der andere Wächter zerrte die bedauernswerte Brenna mit sich, und Jenny beobachtete durch die offene Zeltklappe, daß die anderen Männer ihrer Schwester lüstern nachsahen, als sie mit zusammengebundenen Händen an ihnen vorbeigeführt wurde.
    Die halbe Stunde, die Brenna weg war, erschien Jenny wie eine Ewigkeit, aber ihr fiel ein Stein vom Herzen, weil die kleine Schwester bei ihrer Rückkehr keinerlei Anzeichen zeigte, daß ihr körperliche Gewalt angetan worden war.
    »Geht es dir gut?« fragte Jenny besorgt, nachdem der Wachmann gegangen war. »Der Unhold hat dir doch kein Leid angetan, oder?«
    Brenna schluckte, schüttelte den Kopf und brach im nächsten Augenblick in Tränen aus. »Nein ...« heulte sie verzweifelt, »aber er wurde sehr böse, weil ich ... ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen. Ich hatte solche Angst, Jenny, und er ist so riesig und grimmig. Ich mußte immerzu heulen, und das hat ihn nur noch wütender gemacht.«
    »Hör auf zu weinen«, beschwichtigte Jenny sie, »jetzt ist ja alles vorbei.« Das entsprach ganz und gar nicht den Tatsachen, und sie dachte traurig: Lügen kommen mir immer leichter über die Lippen.
    Stefan öffnete die Klappe von Royces Zelt und kam herein. »Mein Gott, wirklich eine Schönheit«, sagte er und meinte damit Brenna, die gerade weggebracht worden war. »Zu schade, daß sie eine Nonne ist.«
    »Keine Nonne«, versetzte Royce ärgerlich. »Zwischen zwei Heulanfällen konnte sie mir erzählen, daß sie >Novizin< ist.«
    »Was soll das heißen?«
    Royce Westmoreland war ein schlachterprobter Krieger, aber seine Kenntnisse religiöser Angelegenheiten ließen sehr zu wünschen übrig. Seit er ein Junge war, hatte sich sein ganzes Leben nur um Krieg, Waffen und Armeen gedreht. Deshalb übersetzte er Brennas tränenreiche Erklärungen in militärische Begriffe, die er

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