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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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Höflichkeit?«
    Jenny nickte stumm. Sie schaute ihn lange an und glaubte fast, Leid und Schmerz in seinen eisgrauen Augen zu erkennen -einen Schmerz, der ihren eigenen noch übertraf. »Ja, das ist alles, was ich erwarte«, brachte sie schließlich mühsam heraus.
    ln dem Moment, in dem sich die Tür hinter ihm schloß, klammerte sie sich an den Bettpfosten und ließ endlich ihren Tränen freien Lauf. Heftige Schluchzer schüttelten sie, und das Brennen in ihrer Brust wurde unerträglich. Sie schlang die Arme um den Bettpfosten, aber sie war zu schwach, um sich auf den Beinen halten zu können.

Kapitel fünfundzwanzig
    Mit bunten Zeltbahnen überdachte, nach oben ansteigende Tribünen mit unzähligen bequemen Stühlen begrenzten das riesige Turnierfeld. Prachtvoll gekleidete Damen und vornehme Herren hatten bereits Platz genommen, als Jenny, Brenna, Tante Elinor und Arik an dem Ort des Geschehens anlangten. Flaggen mit den Wappen aller am Turnier Beteiligten flatterten über den Baldachinen auf den Galerien. Jenny suchte nach ihrem eigenen Wappen und sah den Bericht von Katherine Melbrook bestätigt, daß sich die Schotten geschlossen von den anderen abgesondert hatten und den verhaßten Engländern gegenübersaßen.
    »Dort, meine Liebe - da drüben ist dein Wappen«, rief Tante Elinor und deutete auf die andere Seite des Feldes. »Deine Flagge weht direkt neben der deines Vaters.«
    Arik ergriff das Wort und erschreckte die drei Frauen in seiner Nähe fast zu Tode mit seiner donnernden Stimme. »Ihr sitzt hier«, ordnete er an und zeigte auf die Tribüne mit dem Wappen von Claymore.
    Jenny war klar, daß dieser Befehl von Arik kam und nicht von Royce ausgesprochen worden war - doch selbst dann hätte sie nicht gehorcht. Sie schüttelte den Kopf. »Ich nehme unter meinem eigenen Wappen Platz, Arik. Die Kriege mit Euch und Euren Landsleuten haben unsere Reihen ohnehin sehr gelichtet, und viele, die dort sitzen sollten, sind nicht mehr am Leben. Die Tribüne von Claymore hingegen ist schon voll besetzt.«
    Aber das entsprach nicht der Wahrheit. Nicht ganz. In der Mitte stand ein großer, thronähnlicher Stuhl, für alle sichtbar, aber leer. Jenny wußte genau, daß er für sie vorgesehen war. Ihr wurde flau, als sie daran vorbeiritt. Und in diesem Moment schienen sich alle Gäste, Diener und Dorfbewohner, die sich auf ihrer Seite des Feldes aufhielten, nach ihr umzudrehen und sie mit ihren Blicken zu verfolgen. Erst wirkten die Gesichter der Engländer erstaunt, dann enttäuscht und schließlich wütend.
    Die Plätze der Merricks befanden sich zwischen denen der MacPhersons und Duggans. Jenny wurde noch unbehaglicher zumute, als die Männer der Clans sie entdeckten und in ohrenbetäubende Jubelschreie ausbrachen, als sie merkten, daß sie in ihre Richtung ritt. Sie starrte blicklos geradeaus und zwang sich dazu, an nichts anderes als an William zu denken.
    Sie nahm in der vordersten Reihe zwischen Tante Elinor und Brenna Platz, und sobald sie sich eingerichtet hatte, tätschelten ihr alle, die sich in Reichweite befanden, auch Beckys Vater, die Schultern, und sie wurde begeistert begrüßt. Menschen, von denen sie viele gar nicht kannte, strömten von der Tribüne und stellten sich vor ihr in eine Reihe, um entweder ihre Bekanntschaft zu erneuern oder sich ihr vorzustellen. Früher hatte sie sich danach gesehnt, von ihrem Clan anerkannt zu werden.
    Heute wurde sie von mehr als tausend Schotten wie eine Nationalheldin verehrt und umworben.
    Und für diese Anerkennung mußte sie nicht mehr tun, als ihren Ehemann öffentlich zu beleidigen und zu verraten.
    Als ihr das so richtig zu Bewußtsein kam, wurden ihre Handflächen feucht, und ihr drehte sich fast der Magen um. Sie saß noch keine zehn Minuten auf diesem Stuhl, und schon glaubte sie, es keinen Augenblick länger ertragen zu können, ohne daß ihr übel wurde.
    Und das war, bevor sich die Menschenmenge vor ihr zerstreut hatte und sie merkte, daß die Blicke beinahe aller anwesenden Engländer auf sie gerichtet waren. Wo auch immer sie hinsah, überall starrten Menschen sie an, zeigten mit dem Finger auf sie oder machten andere auf sie aufmerksam.
    »Sieh nur«, rief Tante Elinor erfreut, ohne auf die entrüsteten Engländer zu achten, »was für wundervolle Kopfbedeckungen die Damen tragen! Es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe - wir alle sind so beflügelt von diesem großartigen Ereignis, daß wir uns nach der Mode unserer Jugend kleiden.«
    Jenny

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