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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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zwang sich, den Kopf zu heben. Vor ihren Augen verschwamm das Meer von Gesichtem, wehenden Schleiern, Wimpeln und Flaggen zu einem Gewirr von Farben und Bewegung. Die steilen Spitzhüte mit langen Tüchern, die Kappen mit den riesigen Flügeln an den Seiten, die herzförmigen Hauben mit Schleiern und all die anderen aufwendigen Kopfbedeckungen, die Tante Elinor so in Begeisterung versetzten, nahm sie gar nicht wahr. Jenny war wie betäubt und bekam nicht einmal mit, daß Tante Elinor wie üblich immer weiterschwatzte: »... und achte sorgsam darauf, während du dich umsiehst, daß du den Kopf hocherhoben hältst, denn du hast deine Entscheidung getroffen - wenn sie auch falsch ist -, und jetzt mußt du Haltung bewahren und das Spektakel mit Würde durchstehen.«
    Jennys Kopf zuckte zu ihr hemm. »Was hast du gesagt, Tante Elinor?«
    »Was ich dir schon vorher hätte sagen sollen, aber du hast mich ja nicht gefragt. Dein Platz ist an der Seite deines Mannes. Und mein Platz ist an deiner Seite, nur deswegen bin ich hier. Und die arme Brenna hat dich auch nicht im Stich gelassen, obwohl ich den starken Verdacht habe, daß sie verzweifelt über eine Ausrede nachgedacht hat, die es ihr ermöglicht hätte, da drüben und beim Bruder deines Gemahls zu bleiben.«
    Auch Brenna drehte sich ruckartig um, und die beiden Schwestern starrten die alte Tante fassungslos an. Jenny war so sehr von ihrem eigenen Kummer und dem schlechten Gewissen gefangengenommen, daß sie Brennas Gefühle im Augenblick nicht so sehr erschrecken konnten. In dem Versuch, ihre Entscheidung zu rechtfertigen, sagte sie: »Du verstehst mich nicht, Tante Elinor. Ich habe William geliebt.«
    »Er hat dich auch geliebt«, versicherte Brenna mitfühlend, und Jenny ging es gleich ein wenig besser, bis die Schwester schonungslos hinzusetzte: »Anders als bei Vater war seine Liebe zu dir größer und stärker als sein Haß auf unseren >Feind<.«
    Jenny schloß die Augen. »Bitte«, flüsterte sie gequält, »tut mir das nicht an. Ich ... ich weiß, was richtig und was falsch ist...«
    Eine genauere Ausführung blieb ihr erspart, denn in diesem Moment ertönten laute Fanfarenklänge, als die Trompeter, gefolgt von Herolden, auf das Feld ritten. Die Herolde warteten, bis sich die Menge beruhigte und es so still war, daß sie die Regeln für die bevorstehenden Ritterspiele verlesen konnten.
    Dem großen Mannschaftskampf gingen drei Mutproben, Mann gegen Mann, voraus, verkündeten die Herolde. Je zwei Ritter, nach der allgemein vorherrschenden Meinung ihrer Völker die edelsten, tapfersten und erfahrensten des Landes, traten in diesen ersten Geschicklichkeitsprüfungen gegeneinander an.
    Jenny hielt den Atem an, als die Namen verkündet wurden. Die ersten beiden Gegner waren ein Franzose und ein Schotte; im zweiten Kampf mußte sich der Gastgeber Royce Westmoreland Duke of Claymore mit einem Franzosen namens DuMont messen, und die dritte Paarung lautete: Royce Westmoreland gegen Ian MacPherson - Ian MacPherson war der Sohn von Jennys früherem >Verlobten<.
    Die Menge tobte. Statt einen oder vielleicht sogar zwei Tage warten zu müssen, bis sie den Wolf zu Gesicht bekamen, konnten sie ihn schon in der ersten Stunde gleich zweimal bewundern.
    Die Regeln der ersten drei Darbietungen schienen den bei Turnieren allgemein üblichen zu entsprechen: Der erste Ritter, der drei Punkte erzielte, war der Sieger. Punkte wurden für jeden Schlag vergeben, der so hart war, daß der Spieß des Gegners zerbrach. Jenny vermutete, daß es mindestens fünf Durchgänge gab, bis einer der beiden drei Punkte verbuchen konnte, wenn man bedachte, daß die zwei Kontrahenten aufeinander zugaloppierten und es schwer war, genau auf den richtigen Punkt zu zielen, ohne daß die Waffenspitze von der glatten Rüstung abrutschte. Falls es einem der Ritter gelang, den Gegner aus dem Sattel zu werfen, erzielte er mit einem einzigen Schlag drei Punkte und hatte den Kampf gewonnen.
    Die nächste Ankündigung rief bei den Zuschauern Begeisterungsstürme hervor, während Jenny erschrocken zusammenzuckte: Es wurde im germanischen Stil, nicht im französischen gekämpft, was bedeutete, daß echte Lanzen benutzt wurden und die todbringenden Spitzen nicht mit einem schützenden Kranz, der die Verletzungsgefahr erheblich verminderte, versehen waren.
    Das Grölen und Johlen wurde so laut, daß die Herolde lange warten mußten, bis sie ihren Vortrag mit der Bekanntmachung beenden konnten, daß der Mannschaftskampf

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