Im Koenigreich der Traeume
anzukämpfen, das ihr seine Nähe mit einemmal vermittelte. Er war gutaussehend, sehr gutaussehend, mußte sie gerechterweise zugeben und staunte selbst über diese Erkenntnis. Sein glatt rasiertes Gesicht mit dem kantigen Unterkiefer, dem Kinn mit länglichem Grübchen und den hohen, breiten Wangenknochen strahlte männliche Schönheit aus. Aber was sie am meisten entwaffnete, war ihre neueste Entdeckung: Der Earl of Claymore, dessen bloßer Name die Herzen seiner Feinde vor Furcht erbeben ließ, hatte die dichtesten Wimpern, die sie je in ihrem Leben gesehen hatte! Ein Lächeln tanzte in ihren Augen, als sie sich vorstellte, wie fasziniert zu Hause alle sein würden, wenn sie diese Information preisgab.
»Habt Ihr Euch freiwillig entschieden, Jungfer zu bleiben?« fragte Royce noch einmal mit einer Spur Ungeduld.
»Vermutlich kann man es so nennen, da mein Vater mir androhte, daß er mich ins Kloster schicken würde, wenn ich das einzige wirklich passende Heiratsangebot, das ich wahrscheinlich je bekomme, ausschlage.«
»Wer hat Euch den Antrag gemacht?« erkundigte sich Royce neugierig.
»Edward Balder, Earl of Lochlordon. Haltet still!« kommandierte sie kühn, als er erstaunt aufblickte. »Man soll mir nicht vorwerfen, daß ich schlechte Arbeit leiste, nur weil Ihr herumzappelt, während ich die Wunde nähe.«
Dieser strenge Tadel von einem schmächtigen Mädchen, das noch dazu seine Gefangene war, verführte Royce beinahe zu einer Lachsalve. »Wie viele von diesen verdammten Stichen wollt Ihr denn noch machen?« konterte er gereizt. »Es war doch nur ein kleiner Schnitt.«
Beleidigt, weil er ihren beherzten Angriff als geringe Unannehmlichkeit abtat, trat Jenny einen Schritt zurück und funkelte ihn böse an. »Es ist eine riesige, häßliche Wunde und nichts weniger.«
Er öffnete verblüfft den Mund, um ihr zu widersprechen, aber plötzlich wurde sein Blick von ihren Brüsten angezogen, die sich keck gegen den Stoff ihres Hemdes drängten. Seltsam, daß ihm bis jetzt nicht aufgefallen war, wie üppig ihre Formen, wie schmal ihre Taille und wie hübsch ihre Hüften geschwungen waren. Aber wenn er genauer darüber nachdachte, dann erschien es ihm gar nicht so seltsam, denn bis vor ein paar Stunden hatte sie nur diese unförmige Nonnentracht getragen, und bis vor ein paar Minuten war er viel zu wütend gewesen.
um auf ihr Äußeres zu achten. Aber jetzt bemerkte er, wie gut sie gebaut war, und wünschte, er hätte es nicht gesehen. Mit einemmal erinnerte er sich auch daran, wie wohlgerundet ihr Hinterteil war. Verlangen keimte in ihm auf, und er rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Kommt zum Ende«, befahl er brüsk.
Jenny entging nicht, daß er plötzlich schroff wurde, aber sie schrieb das seiner Launenhaftigkeit zu - derselben Launenhaftigkeit, die ihn dazu brachte, im einen Moment wie ein teuflisches Ungeheuer zu wüten und im nächsten fast so verständnisvoll wie ein Bruder zu sein. Was sie betraf, so war ihr Körper beinahe so unberechenbar wie seine Stimmungen. Noch vor kürzester Zeit hatte sie trotz des Feuers, das im Zelt brannte, gefroren, jetzt war es ihr auf einmal viel zu warm in ihrem Hemd. Dennoch hätte sie gern die nahezu freundschaftliche Atmosphäre der letzten Minuten bewahrt - nicht weil sie ihn unbedingt zum Freund haben wollte, sondern weil sie sich einfach weniger vor ihm fürchtete. Zaghaft sagte sie: »Ihr scheint überrascht gewesen zu sein, als ich den Earl of Lochlordon erwähnte.«
»Das stimmt«, meinte Royce ausdruckslos.
»Warum?«
Er wollte ihr nicht eröffnen, daß vermutlich Edward Balder für das ungerechtfertigte Gerede, das am Londoner Hof über sie kursierte, verantwortlich war. Wenn man in Betracht zog, was für ein eitler Pfau Balder war, war es keine große Überraschung, daß er als abgewiesener Freier den Namen der Frau, die ihn verschmäht hatte, in den Schmutz zog.
»Weil er ein ziemlich alter Mann ist«, wich Royce schließlich aus.
»Und häßlich.«
»Das auch.« Royce konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß ein liebender Vater seine Tochter einem so alten Wüstling zur Frau geben wollte. Und außerdem konnte er auch nicht glauben, daß Jennys Vater die Absicht hatte, sie für immer hinter Klostermauern zu verbannen. Zweifellos hatte der Earl sein Töchterchen nur für ein paar Wochen hingeschickt, damit man ihr Gehorsam und Disziplin beibrachte. »Wie lange wart Ihr in der Abtei von Belkirk?«
»Zwei Jahre.«
Sein
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