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Im Koma

Titel: Im Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
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verbringen wollte.«
    »Ich weiß, dass das sehr schwer für Sie sein muss, Mr. Marshall ...«
    »Ich denke dabei nicht an mich«, widersprach Warren energisch. »Es geht um Casey. Wir haben tatsächlich einmal darüber gesprochen. Erinnern Sie sich an die Frau, die jahrelang im Koma lag, ich hab ihren Namen vergessen. Ihr Mann wollte die Ernährungssonde entfernen lassen und sie von ihrem Elend erlösen, aber ihre Eltern wollten sie um jeden Preis am Leben erhalten. Es gab ein Gerichtsverfahren, das Ganze war ein Riesentheater, ein echter
    Medienzirkus. Und ich weiß noch, wie Casey gesagt hat, ich müsse ihr versprechen, dass ich, sollte ihr - Gott behüte - je etwas Derartiges zustoßen, ihrem Leiden ein Ende bereite...«
    Ja, ich weiß noch, dass ich das gesagt habe.
    »Wollen Sie damit sagen, Sie wünschen, dass wir die Ernährungssonde entfernen?«
    Nein, das dürfen Sie nicht. Nicht jetzt. Zumindest nicht, bevor wir herausgefunden haben, wer für meine Lage verantwortlich ist.
    »Nein, das will ich natürlich nicht sagen.«
    Ich muss wissen, wer dafür verantwortlich ist.
    »Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr, was ich sage, Dr. Keith. Ich weiß nur, dass Casey so nicht den Rest ihres Lebens hätte verbringen wollen, und ich will einfach das Richtige tun. Ich will nicht, dass sie noch mehr leidet. Ich komme mir vor wie ein Verräter, weil ich weiß, dass ich egoistisch und nicht bereit bin, sie gehen zu lassen.«
    Casey fragte sich plötzlich, was sie tun würde, wenn Warren im Wachkoma läge, blind und unbeweglich, Woche für Woche, während sie an seinem Krankenhausbett stand? Würde sie nicht genau das Gleiche sagen, was er gerade sagte? Würde sie nicht zumindest darüber nachdenken?
    »Der vorliegende Fall liegt vollkommen anders«, erklärte Dr. Reith behutsam. »Die Frau, die Sie meinen, war in einem andauernden, tiefen vegetativen Zustand. Es war ausgeschlossen, dass sie das Bewusstsein wiedererlangt. Das wissen wir im Fall Ihrer Frau jedoch nach wie vor nicht.«
    »Und wann werden Sie es wissen? In einem Jahr? In fünf Jahren? In fünfzehn Jahren?«
    Fünfzehn Jahre? Gütiger Gott, nein. Er hat recht, Dr. Keith. Ich will auf keinen Fall noch fünfzehn Jahre so leben. Oder auch nur fünf. Der Gedanke an fünf Monate ist schon mehr, als ich ertragen kann. Ich würde verrückt werden. Warren hat recht, Dr. Keith. Ich wäre lieber tot, als so weiterzuleben.
    Aber noch nicht. Nicht, ehe ich weiß, wer mir das angetan hat.
    Es war dieses Rätsel, erkannte sie, das sie genauso wie die zahllosen Schläuche, an die sie angeschlossen war, am Leben erhielt. Es war fesselnder als jede Geschichte, die sie im Fernsehen gehört hatte, anregender als die Gespräche ihrer Freundinnen, packender als die zahllosen Berichte der Ärzte. Sie wachte mit dem Gedanken auf, dass jemand versucht hatte, sie zu ermorden, und wurde ihn bis zum Einschlafen nicht wieder los. Er machte sich in ihrem Gehirn breit wie ein störrischer Hausbesetzer. Der Hauptgrund weiterzuleben bestand darin herauszufinden, wer sie hatte töten wollen, dachte Casey und war sich der bitteren Ironie durchaus bewusst.
    »Ich weiß, dass es schwer ist«, sagte Dr. Keith. »Aber es gibt allen Grund, optimistisch zu sein. Ihre Frau hat einen Unfall überlebt hat, der für die meisten Menschen tödlich ausgegangen wäre. Ihre Knochen verheilen gut. Ihr Herz ist kräftig, ihr Zustand wird täglich besser. Sie atmet gleichmäßig ohne die Hilfe des Beatmungsgeräts. Und wir können eine - wenn auch reduzierte -Hirntätigkeit feststellen.«
    »Und wenn Sie noch einmal ein EEG machen?«
    »Ein EEG machen wir nur, wenn wir glauben, dass ein Hirntod vorliegt. Wir wissen, dass das nicht der Fall ist, weil der Körper Ihrer Frau funktioniert. Wir müssen einfach abwarten, Mr. Marshall. Wir wissen nichts mit Bestimmtheit...«
    »Und das sagt der führende Neurologe der Stadt«, erwiderte Warren voller bitterer Resignation.
    »Das Gehirn ist ein ungemein kompliziertes Organ. Lassen Sie mich Ihnen eine Skizze aufmalen.«
    Casey hörte das Rascheln von Papier und das Klicken eines Kugelschreibers.
    »Das ist das Gehirn«, begann Dr. Keith, und Casey stellte sich vor, wie er einen großen Kreis auf die Rückseite ihrer Krankenakte malte, »und dieser Bereich hier ist das Kleinhirn oder Cerebellum.«
    Sie versuchte sich an die Details aus ihrem Biologieunterricht zu erinnern und haderte mit sich, nicht besser aufgepasst zu haben. Sie stellte sich einen kleineren Kreis

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