Im Koma
meine Idee, deine Schwester zur Nachlassverwalterin zu ernennen. Es war nicht meine Idee, dich an der kurzen Leine zu halten und dich auf eine streng begrenzte monatliche Unterstützung zu setzen. Das waren die Anweisungen deines Vaters, und ich sorge nur dafür, dass sein Wunsch respektiert wird. Das ist sicherlich auch in Caseys Sinne.«
»Zum Beschützer Spielen ist es ein bisschen spät, meinst du nicht auch?«
Eine weitere Pause, gefolgt von einem schweren Seufzen. »Was willst du von mir, Drew? Ich tue, was ich kann. Wenn du dich vielleicht noch ein wenig länger gedulden magst, kann ich dir eventuell ein bisschen was extra besorgen, bis alles geklärt ist.«
»Das wäre nett.«
»Ich rufe Montag in der Kanzlei an und sehe, was sich machen lässt.«
Nein, lass dich nicht so leicht beschwichtigen. Bitte. Denk nicht nur ans Geld.
»Trotzdem empfange ich ein paar sehr merkwürdige Schwingungen«, sagte Drew.
Gut so, Drew. Das ist meine kleine Schwester, wie ich sie kenne und liebe.
Warren seufzte erneut. »Okay. Wie auch immer. Denk, was du willst. Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich muss bis Montag noch ein paar Sachen vorbereiten.«
»Könntest du Patsy fragen, was mit meinem Kaffee passiert ist?«
Er lachte. »Dein Wunsch ist mir Befehl.«
»Und hättest du etwas dagegen, wenn ich das Fenster aufmache?«, rief Drew ihm nach. »Der Geruch von billigem Parfüm ist wirklich erdrückend.«
»Du findest bestimmt allein zur Tür, wenn du gehen willst«, rief Warren zurück.
Man hörte, wie quietschend ein Messinggriff gedreht wurde. »So, das ist viel besser. Erst mal diesen furchtbaren Gestank auslüften. Lavendel ist ein wirklich widerlicher Duft, findest du nicht auch? Ich meine, ich weiß, dass er angeblich entspannend und so wirken soll, aber mich macht er bloß aggressiv.«
Casey spürte, wie eine Hand den Schal sanft von ihrem Hals zog.
»So ist es besser«, sagte Drew noch einmal. »Ich bin sowieso kein großer Hermes-Fan. Du brauchst etwas mit ein bisschen mehr Pfiff. Ich weiß - du kannst die hier tragen.« Casey hörte, wie Drew sich an den Hals schlug. »Die hab ich gerade gekauft.«
Wieder spürte Casey, wie Drew ihren Nacken abstützte, sich vorbeugte und ihre Brust an Caseys Wange drückte, als sie ihr etwas über den Kopf zog. Casey spürte den weichen Stoff von Drews Bluse an ihrer Haut und atmete den frischen, sauberen Duft von Babypuder ein. Sie erinnerte sich daran, wie sie Drew als Kleinkind in den Armen gewiegt hatte, wenn jene Angst vor einem Gewitter hatte, wie sie die Nase im weichen Haar ihrer Schwester vergraben und ihr versichert hatte, dass alles gut werden würde.
Wann hatten diese Versicherungen aufgehört?
»Es ist eine Kette«, erklärte Drew, als sie Caseys Kopf wieder auf das Kissen bettete. »Eigentlich nichts Besonderes. Nur ein kleines Silberkettchen mit einem silbernen Anhänger in Form eines hochhackigen Schuhs. Es hat mich an meine Manolos erinnert, also hab ich es gekauft. Es war auch nicht teuer oder so. Es hat mir einfach gefallen. Jedenfalls kannst du es haben. Dir steht es sowieso besser. Was meinst du?«, fragte Drew beinahe so, als würde sie eine Antwort erwarten. Casey stellte sich vor, wie ihre Schwester zum Fenster ging und den Blick zu der großen Trauerweide am Ende des Gartens schweifen ließ. »Und was gibt's Neues?«, fragte sie nach einer Pause, die mindestens eine halbe Minute dauerte. »Ja, bei mir passiert auch nicht viel. Oh, außer dass ich mich von Sean getrennt habe. Du erinnerst dich an Sean. Er war einmal mit mir im Krankenhaus. Groß, blond, ein bisschen wirr. Er hatte so einen Touch von Owen Wilson. Jedenfalls hab ich ihn abserviert. Ich weiß auch nicht genau, warum. Er fing einfach an, mir auf die Nerven zu gehen.« Sie lachte. »Offenbar geht mir im Moment so einiges auf die Nerven.« Sie kehrte zum Bett zurück, setzte sich auf die Kante und begann abwesend, Caseys Zehen unter der Decke zu massieren. »Ist dir das je mit einem Typen so gegangen? Mit einem Mal geht dir alles, was er macht, auf die Nerven? Wahrscheinlich nicht. So viele Typen hattest du auch gar nicht, oder? In der Hinsicht warst du immer viel wählerischer. Im Gegensatz zu gewissen jüngeren Schwestern, die ich erwähnen könnte. Jedenfalls habe ich den guten alten Sean an die Luft gesetzt. Er wirkte ehrlich gesagt nicht besonders betrübt. Die Einzige, die irgendwie traurig war, war Lola. Sie mochte ihn offenbar. Denkst du, ich bin eine schreckliche
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