Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Wahrscheinlich hätte sie sich sogar auf seinen Schoß setzen können, und nichts wäre passiert.«
»Und wie haben Sie sich dieses offensichtliche Desinteresse erklärt? Darüber haben Sie doch bestimmt nachgedacht.«
Sturmbach zuckte mehrmals mit den Schultern.
»Vielleicht war er homosexuell«, versuchte Barnowski sein gegenüber aus der Reserve zu locken, obwohl ihm Sturmbach al les andere als unaufgeschlossen und schüchtern erschien.
»Nee, nee, der nicht«, widersprach Sturmbach nun ziemlich schnell. »Dafür habe ich wirklich ’nen Blick. Als Chef mehrerer Reisebüros habe ich da so gewisse Erfahrungen. An Männern interessiert war der definitiv nicht. Da war der Hamacher schon eher so’n Faschist.«
Barnowski schaute etwas irritiert.
»Also, ich mein natürlich so’n Fetischist, oder wie die auch immer heißen. Also fixiert auf irgendwas, was wir hier nicht haben. Vielleicht hat er mit ’nem Transistorradio rumgemacht.«
Barnowski wirkte nicht gerade überzeugt.
»Fragen Sie mich nicht, wie das funktionieren soll. Auf jeden Fall habe ich neulich darüber einen Bericht gehört. Und dabei fiel mir sofort der Hamacher ein. Komisch, was? Jedenfalls traue ich dem eher ein Verhältnis mit einem Transistorradio zu als mit einem menschlichen Wesen.«
»Schon gut«, winkte Barnowski ab. In gewisser Weise deckte sich das mit der Aussage weiterer Zeugen. »Jetzt noch eine ganz andere Frage. Wie kamen Sie mit Hamacher geschäftlich zurecht?«
»Ausgezeichnet. Der Mann hat einfach gute Arbeit geleistet.«
»Und wegen des Preises gab es auch keine Probleme?«
»Der war sein Geld wirklich wert«, erwiderte Sturmbach nun ein wenig ungehalten. »Zudem habe ich ihn direkt vor drei Wo chen bezahlt. Als der hier war, habe ich ihm einen Scheck mitgegeben. Den hat er auch schon eingelöst. Das können Sie gerne anhand meiner Bankauszüge überprüfen.«
Barnowski machte eine Handbewegung, die man mit einigem Wohlwollen als »geschenkt« interpretieren konnte. Danach führte er die Kaffeetasse zum Mund.
»Glauben Sie mir, auch wenn der komisch war, um den Hamacher tut es mir wirklich leid. Erst recht um seine kreativen Ideen.«
»Okay«, schnaufte Barnowski. »Wo waren Sie am zehnten Mai, genauer gesagt ab zwanzig Uhr abends?«
»Was war das für ein Wochentag?«
»Ein Dienstag.«
Sturmbach grinste anzüglich. »Dienstag also, trifft sich gut. Da verbringe ich den Abend immer mit Jaqueline, den Abend und die halbe Nacht. Dafür hat sie immer mal einen freien Tag zwischendurch, so wie heute.«
»Wenn Sie mir nur noch eben Jaquelines Kontaktdaten geben, war’s das schon.«
Automatisch zogen sich Sturmbachs Mundwinkel weiter nach außen, als hätte Barnowski die Frage aus persönlichem und nicht aus dienstlichem Interesse gestellt.
Wenig später verließ Barnowski mit Jaquelines Telefonnummer und Adresse das Reisebüro. Leider war er ziemlich überzeugt, dass Sturmbachs Angaben stimmten. Selbst wenn nicht, würde ihm Jaqueline unter Garantie ein Alibi verschaffen. Auch egal, der Mann war bestimmt nicht Hamachers Mörder, das hatte er einfach im Gefühl, selbst wenn Pielkötter jetzt hundert Mal dagegen wettern würde. Zum Glück mussten Chefs nicht immer alles wissen .
Montag, 16. Mai 16:00 Uhr
Die Praxis des Psychologen Mark Milton lag in der zweiten Etage eines Wohnhauses in der Duisburger Innenstadt, nur wenige Gehminuten vom Dellplatz entfernt. Nachdem Milton seinen letzten Patienten Herrn Hogenbarth kurz zuvor verabschiedet hatte, saß er an seinem Schreibtisch in einem kleinen Vorzimmer, durch das man den Behandlungsraum betreten konnte. Mit einem selte nen Lächeln auf den Lippen löffelte er einen Becher Erdbeerjoghurt. Eigentlich hätte er gerne etwas Nahrhafteres zu sich genommen, aber darauf wollte er dann doch lieber bis zum Abend verzichten. Bei dem Gedanken an ein gemeinsames Mahl mit Va nessa Martini zogen sich seine Mundwinkel noch ein Stück weiter nach oben. Immerhin handelte es sich bei der Einladung zum Essen um das erste richtige Date nach einigen Jahren Single-Dasein. Seit seiner Scheidung von Susanne hatte er kein weibli ches Wesen mehr an sich herangelassen, obwohl sein Freund Da niel permanent dagegen Sturm gelaufen war.
Plötzlich änderte sich Miltons Mimik. Nachdenklich leerte er den Joghurtbecher, entsorgte ihn im Abfalleimer und holte anschließend die Karteikarte von Sina Gabrillani aus dem Schrank. Im Geiste schon bei Vanessa und dem heutigen Abend hätte er fast
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