Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Ähnliches gedacht«, erwiderte sie. »Mir kam eher in den Sinn, dass Herr Lauterbach vielleicht einen Herzinfarkt gehabt haben und nun hilflos irgendwo im Haus liegen könnte. Schrecklicher Gedanke.«
»Hat man Sie schon genau darüber informiert, was passiert ist?«
»Zumindest weiß ich, dass Herr Lauterbach tot in seinem Schlafzimmer gelegen hat. Furchtbare Vorstellung. Mir tut das wirklich sehr leid, auch wenn mein Mann und ich nicht gerade viel Kontakt zu Herrn Lauterbach gepflegt haben.«
»Hatten Sie kein Interesse daran oder ging das eher von Lauter bach aus?«
Mit leicht gerunzelter Stirn griff Frau Gertenbrink zu der Kaffeetasse. Offensichtlich suchte sie nach den richtigen Worten. »Sagen wir einmal so, mein Mann und ich sind nicht die Typen, die jeden Tag bei den Nachbarn ein- und ausgehen möchten, ein bisschen mehr Miteinander hätten wir uns jedoch gewünscht. So wie es mit den anderen Nachbarn ja auch läuft. Selbst wenn man sich tagelang nicht sieht, aber man ist trotzdem füreinander da. Wenn einer von uns in Urlaub fährt, schauen die anderen nach Haus und Garten.« Frau Gertenbrink seufzte. »Lauterbach hat sich da rausgehalten. Sein Haus kenne ich praktisch nicht von innen. Nur einmal war ich in seiner Küche, aber da wohnte seine Frau noch dort. Nette Person. Schade, dass die mit dem Sohn ausgezogen ist.«
»Auf die Familienverhältnisse komme ich gleich zurück«, erklärte Pielkötter, während er einige Informationen auf einem Zet tel notierte. »Wenn ich Sie recht verstanden habe, könnte man Sebastian Lauterbach als kontaktarm und etwas seltsam beschreiben.«
»So in der Art«, antwortete Frau Gertenbrink, wobei sie ihre Aussage durch ein Nicken unterstrich. »Der bekam ja so gut wie nie Besuch. Und an unserem netten Nachbarschaftsgrillen hat der sich auch nie beteiligt. Gut, kann schon mal vorkommen, dass der Termin nicht passt, aber der wohnt bald an die zehn Jahre hier und ist noch nie gekommen. Obwohl wir ihn immer wieder eingeladen haben.«
»Komischer Kauz eben, auch wenn man Toten bekanntlich nichts Schlechtes nachsagen sollte«, stellte Pielkötter fest und beobachtete sein Gegenüber ganz genau. Wie erwartet, widersprach Frau Gertenbrink nicht.
»Um noch einmal auf seine Familienverhältnisse zurückzukommen«, fuhr Pielkötter fort. »Sebastian Lauterbach ist mit Frau und Kind eingezogen und wohnt seit der Trennung allein in dem Haus.«
»Noch ein Tässchen Kaffee?«, fragte Frau Gertenbrink statt einer Antwort. Pielkötter nickte dankbar. Lauterbachs Familienverhältnisse liefen ihm schließlich nicht weg.
»Also, seine Frau hat höchstens ein Jahr hier gewohnt, dann ist sie nach Dortmund gezogen. Schade. Die war nämlich viel zugänglicher als er. Als sie fortging, hat sie den gemeinsamen Sohn natürlich mitgenommen.«
»Wissen Sie zufällig, warum die ausgezogen sind?«
»Keine Ahnung, aber ein neuer Partner war, soviel ich weiß, nicht im Spiel. Jedenfalls lebt Annemarie Lauterbach immer noch allein. Habe ich um sieben Ecken gehört. Dass die Trennung von ihm ausging, hat sie mir sogar selbst erzählt.«
Aha, dachte Pielkötter, Frau Gertenbrink kennt sich also doch besser aus, als sie zunächst zugeben wollte. »Seltsam«, bemerkte er laut. »Eine Trennung ohne Fremdeinwirkung, falls ich das ein mal so nennen darf, kommt nicht so oft vor, erst recht nicht bei ei nem gemeinsamen Kind. Und am allerwenigsten, wenn sie von dem Ehemann ausgeht.«
»Aber das Seltsame passt ja genau zu ihm. Fairerweise hat er sei ner Frau vorgeschlagen, dass er auszöge. Aber dann ist er geblieben, weil sie ja noch nicht lange in Duisburg war und in Dortmund wohl ein schönes Haus von ihren Eltern geerbt hat. Nahe dem Zentrum und doch im Grünen. Und der Patrick hatte dort auch schon viele Freunde. War ja oft bei den Großeltern zu Besuch.« Frau Gertenbrink seufzte. »Wir wohnen zwar mit schönem Blick auf den Baerler Busch, und der Lohheider See ist ziemlich nah, aber ansonsten leben wir hier weit ab vom Schuss, wie man so sagt.«
Pielkötter notierte »Patrick und Annemarie Lauterbach« auf dem Zettel, der vor ihm auf dem Tisch lag und bereits mit einigen Notizen vollgeschrieben war. »Wissen Sie zufällig, ob Sebastian Lauterbachs Eltern noch leben?«
»Ich bin ziemlich sicher, dass sie schon lange tot sind«, erwiderte Gisela Gertenbrink nachdenklich.
»Kommen wir auf den gestrigen Abend zurück«, erklärte Pielkötter. »Haben Sie da etwas Besonderes gehört oder
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