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Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet

Titel: Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Wohnungstür war verschlossen, obwohl er unten geklingelt hatte. Die Klingel samt einigen Drähten hing halb aus der Wand und lud nicht gerade zum Benutzen ein, sofern man für kleine Stromschläge wenig übrig hatte. Barnowski entschied sich, lieber gegen das zum Teil gesplitterte Holz zu klopfen. Augenblicklich erschien eine gut zwanzigjährige Brünette mit leicht verfilzten Ras­tazöpfen.
    »Barnowski, Kriminalkommissariat Duisburg«, stellte er sich vor. »Ich wollte zu Patrick Lauterbach.«
    »Ricky, Kundschaft für dich«, rief sie mit gelangweilter Miene nach hinten und kaute dann wieder wie wild auf ihrem Kaugummi herum. »Am besten setzen Sie sich in die Küche.«
    Eher widerwillig folgte er der jungen Frau über einen Läufer, der anscheinend jahrelang keine Bekanntschaft mehr mit einem Staubsauger gemacht hatte. Nun ja, vielleicht legten die Mitglie der dieser WG auf solch überflüssige elektrische Geräte auch wenig Wert. Oder das Budget für Putzmittel, inklusive Staubsaugerbeutel ist radikal zusammengestrichen worden, überlegte Barnowski, als er die Küche betrat. Mit einem Blick hatte er festgestellt, dass er hier keinen Kaffee trinken würde. Angewidert setz te er sich auf einen einfachen Holzstuhl ohne Sitzkissen und starrte auf die verkrusteten Essensreste zwischen den Platten des uralten Elektroherds.
    Wenige Sekunden später trat Patrick Lauterbach ins Zimmer, als hätte er sich zufällig hierher verirrt. Denn er sah aus wie aus dem neusten Katalog für Designerklamotten, fand Barnowski. Zudem war der Bursche ziemlich hübsch. Wahrscheinlich flog nicht nur Miss Rastazöpfchen auf Ricky.
    »Sie wollten mich sprechen«, bemerkte der junge Mann mit tonloser Stimme. »Sicher geht es dabei um meinen Vater.«
    »Ganz richtig. Erst einmal herzliches Beileid.«
    »Meine Mutter hat schon mit mir gesprochen, aber glauben kann ich es noch nicht.«
    Fast hätte Barnowski ihn aufgefordert, sich an den Tisch mit unübersehbaren Resten vom letzten Frühstück zu setzen, doch Patrick Lauterbach nahm von allein ihm gegenüber Platz, als hätte er die stumme Aufforderung vernommen.
    »Ich bin noch völlig durcheinander«, fuhr er nun in etwas lauterem Tonfall fort. »Und immer wieder frage ich mich: Warum ausgerechnet jetzt?« Unwillkürlich verzog Patrick Lauterbach das Gesicht, und Barnowski befürchtete schon einige Tränen, doch dann hatte sich der Junge anscheinend wieder im Griff. »Ja, warum gerade jetzt?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Barnowski nach. »Was ist denn jetzt anders als beispielsweise vor einigen Wochen?«
    »Ich hatte jahrelang keinen Kontakt zu meinem Vater«, erklärte Patrick Lauterbach. »Wollte ihn nach der Scheidung von meiner Mutter nicht mehr sehen. Habe einfach nicht verstanden, weshalb er uns das angetan hat. Wir haben immer zu ihm gehalten, haben um seine Zuneigung gekämpft. Richtig gebuhlt haben wir darum. Alle beide, meine Mutter und ich. Als er trotzdem die Trennung durchgesetzt hat, fand ich unser eigenes anbiederndes Verhalten nur noch widerlich. Ich habe mir geschworen, nie wieder um seine Liebe zu betteln.«
    »Aber dann kam es doch zu einem Gespräch oder Treffen?«
    »Seltsamerweise hat mein Vater nach der Scheidung in regelmäßigen Abständen versucht, Kontakt zu mir aufzunehmen. Ganz besonders, seit ich wieder von Dortmund nach Duisburg gezogen bin.«
    »Vielleicht hat er den Umzug als eine Art Annäherung verstanden. Schließlich hätten Sie ja auch an einer anderen Uni studieren können.«
    »Nur bedingt. Ich habe Maschinenbau gewählt, Schwerpunkt Schiffstechnik. Wenn man mit Schiffsbau im Ruhrgebiet bleiben und nicht nach Norddeutschland ziehen will, bleibt einem nicht gerade viel Auswahl.«
    »Kommen wir auf Ihren Vater zurück.«
    »Er war ganz schön hartnäckig, aber ich bin nicht darauf eingegangen. Vielleicht auch aus Rache. Oder weil er mir nicht mehr wehtun sollte.«
    »Wie lange haben Sie das durchgehalten?«
    »Genau bis zu seinem Todestag.« Mit einem Mal traten Patrick Lauterbach doch Tränen in die Augen. Rücksichtsvoll schaute Barnowski zur Seite. Der junge Mann tat ihm leid.
    »Immerhin haben Sie Ihrem Vater noch zu Lebzeiten ein großes Geschenk gemacht«, versuchte er ihn zu trösten. »Ich glaube übri gens nicht an einen Zusammenhang. Auch ohne Kontakt zu Ihnen wäre Ihr Vater schließlich ermordet worden. Dann hätten Sie keine Chance mehr gehabt, sich mit ihm auszusöhnen. Sie haben sich doch mit ihm ausgesöhnt oder etwa

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