Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Pielkötter, er hatte einfach keine Lust, sich zu verstellen und den Freundlichen oder gar Dankbaren zu mimen. Dieser Mann pfuschte eindeutig in seiner Arbeit herum. Zugegeben, auf Befehl von oben, das besserte seine Laune jedoch nicht.
»Nun, was wollten Sie uns also Spektakuläres über Serienmörder mitteilen?«, bemerkte er in leicht ironischem Ton, den Alvin Terstegen zu überhören schien oder einfach nur überhören wollte.
»In diesem Fall geht es ja nicht nur allgemein um Serienmörder«, erwiderte er freundlich, »sondern um die besonderen Details.«
»Die da wären?«
»Nun, soweit ich unterrichtet bin, wurden zwei Männer ähn lichen Alters, in ähnlicher sozialer Stellung mit einem Schwert ermordet. Und zwar durch einen Stich in den unteren Bauchbereich.«
»Was schließen Sie also daraus?«, fragte Pielkötter sichtlich genervt.
»Ehe ich genauer darauf eingehe, dürfen Sie mir gerne einen Kaffee anbieten«, erwiderte Terstegen trocken. Barnowski grinste, was Pielkötter noch eine Spur wütender machte.
»Kümmern Sie sich um den Kaffee«, herrschte er seinen Mitarbeiter an.
Während Barnowski sich in Richtung Kaffeeautomaten wandte, schien die Miene des Polizeipsychologen so etwas in der Art wie »nettes Betriebsklima hier« auszudrücken.
»Bis auf wenige Ausnahmen kann man Serientäter als Menschen mit schweren Persönlichkeitsstörungen klassifizieren«, erklärte Alvin Terstegen in dozierendem Ton. »Die psychischen Defekte sind gravierend.«
»Was Sie nicht sagen.« Inzwischen triefte Pielkötters Stimme vor Ironie.
»Ich glaube, Ihnen würde ein Kaffee auch ganz guttun«, bemerkte Terstegen, wobei sich seine Tonlage der von Pielkötter angepasste hatte. Als hätte Barnowski diese Wendung des Gesprächs geahnt, kam er mit zwei Tassen zurück.
»Kommen wir also zurück zu den Serientätern«, fuhr der Polizeipsychologe nach dem ersten Schluck versöhnlicher fort, während Barnowski sich nun selbst einen Becher besorgte. »Die meisten haben natürlich Schwerwiegendes erlebt, oft schon in der Kindheit, aber in den beiden vorliegenden Fällen deuten Waffe wie Todessart auf ein ganz schweres Trauma hin. Der Mörder oder die Mörderin fühlt sich innerlich tief verletzt. Ihm oder ihr geht es darum, diese Verletzung in gewisser Weise zurückzugeben.«
»Also eine Art Racheakt«, fuhr Pielkötter dazwischen.
»Wenn Sie es denn so nennen wollen. Jedenfalls wollte bei die sen Morden beispielsweise niemand einfach nur zwei lästige Ge schäftspartner aus dem Wege räumen.«
Barnowski, der sich inzwischen wieder zu ihnen gesellt hatte, grinste und fing sich einen missbilligenden Blick seines Vorgesetzten ein. Unterdessen rieb Terstegen mit der linken Handfläche auf Pielkötters Schreibtisch herum, als gelte es, den möglichst blank zu polieren.
»Wieso sprachen Sie vorhin auch von einer Mörderin?«
»Im Zuge der Gleichberechtigung«, lachte Terstegen. »Oder schließen Sie einen weiblichen Täter in diesem Fall aus?«
»Nicht unbedingt. Die Waffe ist lang genug, um einen Nahkampf zu vermeiden. Zudem nutzt der Mörder – oder die Mörderin – wahrscheinlich den Überraschungseffekt.«
»Der Täter war auch nicht besonders groß«, schaltete sich nun Barnowski ein.
Wollte der sich jetzt auf die Seite dieser Psycho-Type stellen?, fragte Pielkötter sich und leitete seine nächste Frage mit einem Seitenhieb ein. »Bis jetzt haben Sie uns allerdings keine neuen Erkenntnisse verschafft. Trotzdem möchte ich noch einmal Ihre Meinung zu dem Dienstag als jeweiligen Tattag hören.«
»Sehr freundlich von Ihnen«, erwiderte Terstegen, leider nicht so distanziert, wie er es vermutlich gerne an den Mann gebracht hätte. Jedenfalls wirkte seine Miene zunächst ziemlich pikiert, aber er hatte sich schnell wieder im Griff, als er ausführte: »Die Wahl dieses Tages würde ich auf keinen Fall als Zufall werten. Entweder ergibt sich dienstags immer eine günstige Gelegenheit, beispielsweise hat die Partnerin des Täters dann Nachtdienst im Krankenhaus, oder aber der Tag hat eine besondere Bedeutung für den Täter. Wobei ich davon ausgehe, dass diese Bedeutung mit dem traumatischen Ereignis zusammenhängt, das letztendlich den Trieb zum Morden ausgelöst hat.«
»Genauso weit waren wir auch schon«, erwiderte Pielkötter. »Aber nett, dass Sie unsere Überlegung zusätzlich untermauern.«
Barnowski schlürfte an seinem Kaffee und schien das gebotene Schauspiel offenbar zu genießen.
»Noch zwei
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